Gabriella Hauch

Gabriella Hauch wurde 2012 in der Kategorie "Geschichtsforschung" mit dem Wiener Frauenpreis ausgezeichnet.

Gabriella Hauch

Geschichte aus der Perspektive von Frauen zu betrachten, Geschlechterverhältnisse im historischen Kontext zu untersuchen, dafür interessiert sich Gabriella Hauch schon seit ihrem Studium. Ihr Fokus liegt dabei insbesondere auf Frauen als ProtagonistInnen sozialer Bewegungen und der Frage, wie sie sich trotz einschränkender Strukturen Handlungsräume geschaffen haben.

Biografie, Werk und Auszeichnungen

Gabriella Hauch wird 1959 in Salzburg geboren. Nach der Matura 1977 inskribiert sie Deutsche Philologie und Geschichte an der "Paris Lodron Universität Salzburg". Sie schließt beide Fächer 1984 mit einer Arbeit über die Schriftstellerin Irmgard Keun sowie einer Analyse der Frauenbeteiligung in der Revolution 1848 ab. Nach ihrem Studium unterrichtet sie als Lektorin an verschiedenen österreichischen Universitäten. Sie promoviert 1990 über "Affirmation und Widerstand. Frauenleben im Wiener Vormärz und der Revolution 1848".

Frauenleben im Wiener Vormärz und der Revolution 1848

Dieses Thema sollte sie noch länger begleiten. In zahlreichen Publikationen analysiert sie die Beiträge weiblicher Akteurinnen im Revolutionsjahr 1848. Dabei arbeitet sie wichtiges Material auf, denn genau wie die ArbeiterInnenbewegegung, ist die Frauenbewegung jener Zeit oft vergessen worden. Zwar wurden Frauen allgemein zu einer moralisch und erotisch instrumentalisierten Instanz für politische Anliegen, erklärt Hauch, doch seien eine Reihe von Differenzen zwischen proletarischen und bürgerlichen Frauen zu beachten, die unterschiedlichen Weiblichkeitskonstruktionen unterlagen. So passten etwa Tätigkeiten wie das Nähen oder Besticken von Fahnen der "Akademischen Legion" oder der "Nationalgarde" gut mit dem bürgerlichen Frauenbild zusammen. An gewaltsamen Tätigkeiten teilzunehmen war allerdings nicht denkbar - eine Beschränkung, die für Arbeiterinnen nicht galt, wie Gabriella Hauch betont. Im Kontext der Revolution wurde auch der "Wiener Demokratische Frauenverein" gegründet, der oftmals als Beginn der österreichischen Frauenbewegung genannt wird. Während die Unterstützung der demokratischen Bewegung ein zentraler Aspekt der Vereinstätigkeit war, gab es doch große politische Unterschiede und Divergenzen zwischen den unterschiedlichen Mitgliedern, erklärt sie weiter. Frauenvereine wurden häufig als "irrational" abgestempelt, ihre Vertreterinnen ins Lächerliche gezogen. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass sie als Bedrohung wahrgenommen wurden. Sonst wären die Widerstände gegen sie nicht so hoch gewesen. Mit dem Niederschlagen der Revolution wurden sie verboten (Vgl. : Hauch, Gabriella (1994) Frauenrechte, Frauenengagement, Frauenforderungen in Wien um 1848. In: Mesner, Maria; Steger-Mauerhofer, Hildegard (Hg.) Der Tod der Olympe de Gouges. 200 Jahre Kampf um Gleichberechtigung und Grundrechte. Symposium 2. bis 4. November 1993, Renner Institut, Wien, Seite 27 bis 43).

Universitätsprofessuren

In ihrer Habilitationsschrift, die sie 1996 an der Johannes Kepler Universität Linz einreicht, widmet sie sich vom Frauenstandpunkt aus der Einführung des Frauenwahlrechts sowie jenen Frauen, die in der Zwischenkriegszeit Abgeordnete in National- und Bundesrat waren. Mit dieser Arbeit wurde ihr die venia docendi in den Bereichen Neuere Geschichte und Zeitgeschichte verliehen.

1997 tritt sie eine Lehrstuhlvertretung am Institut für Geschichte der Universität Innsbruck an, im Jahr darauf ist sie ist Gastdozentin am Graduiertenkolleg "Identitätsforschung" der Martin-Luther Universität Halle a.d. Saale. Von 2001 bis 2004 ist sie Co-Leiterin des Ludwig Boltzmann Instituts für Gesellschafts- und Kulturgeschichte Linz-Graz-Salzburg. 2002/03 unterrichtet sie als Gastprofessorin an der Universität Klagenfurt. Im Jahr 2000 übernimmt sie eine Vertretungsprofessur an der Universität Linz. Dort gelingt es ihr, das bis dato erste überfakultäre Institut für Frauen- und Geschlechterforschung zu initiieren, das sie als ordentliche Professorin für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung schließlich von 2001 bis 2011 als Institutsvorständin leitet.

Gabriella Hauch widmet sich in ihrer beruflichen Laufbahn einer Reihe geschlechtsspezifischer Themen im historischen Kontext. Sie fragt nach der Organisation von Frauen in der Habsburgermonarchie, sie analysiert Frauenbewegungen der Ersten Republik und die Sozialdemokratische Frauenbewegung. Immer wieder setzt sie sich detailliert mit konkreten Biografien auseinander, wie jener von Therese Schlesinger, Rosa Mayreder, Adelheid Popp oder Käthe Leichter. Sie interessiert sich für Frauen im Spanischen Bürgerkrieg, für Frauen-, Geschlechter- und Sexualpolitik im Nationalsozialismus wozu sie ein umfassendes Forschungsprojekt leitete. Im zeitgeschichtlichen Kontext arbeitet sie unter anderem zur Mobilisierung von Geschlecht in populistischen Diskursen. Sie ist Mitherausgeberin der "Österreichischen Zeitschrift für Geschichtswissenschaften" (ÖZG) sowie von "L’Homme. Europäische Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaften".

Seit September 2011 ist sie Professorin für Geschichte der Neuzeit und der Frauen- und Geschlechtergeschichte an der Universität Wien. Gemeinsam mit Johanna Gehmacher leitet sie den frauen- und geschlechtergeschichtlichen Schwerpunkt der historisch-kulturwissenschaftlichen Fakultät, gemeinsam mit Birgit Bader-Zaar ist sie für die Arbeitsgruppe Frauen- und Geschlechtergeschichte am Institut für Geschichte verantwortlich. Sie koordiniert zudem den Masterstudienlehrgang Frauen- und Geschlechtergeschichte und ist Faculty-Mitglied von MATILDA, einem internationalen Masterlehrgang in Frauen- und Geschlechtergeschichte. Seit 2013 leitet sie die Arbeitsgruppe "UniFrauenJubel", die sich anlässlich des 650-Jahre-Jubiläums der Universität Wien mit dem Thema Geschlechtergerechtigkeit auseinandersetzt. 2014 wird sie zweite Sprecherin des gesamtuniversitären Forschungsverbundes Geschlecht und Handlungsmacht/Gender and Agency.

In ihrer neuesten Monographie "Frauen.Leben.Linz. Eine Frauen- und Geschlechtergeschichte im 19. und 20. Jahrhundert" (2013) beforscht sie regionale Geschlechtergeschichte über mehrere historische Brüche hindurch: Von der Habsburgermonarchie zur ersten Republik, über den Ständestaat und den Nationalsozialismus bis hin zur Zweiten Republik. Sie widmet sich darin sowohl den Status Quo bestätigenden wie widerständigen Tätigkeiten von Frauen. Die Durchquerung eines so langen Zeitraums erlaubt es zudem, Kontinuitäten und Bedeutungswandlungen des Begriffs "Frauen" innerhalb seines jeweiligen Kontexts in den Blick zu nehmen.

Für ihre wissenschaftliche Tätigkeit wurde Gabriella Hauch bereits mehrfach ausgezeichnet. 1986 erhielt sie den "Theodor-Körner-Förderungspreis", 1992 den "Käthe-Leichter-Preis für Frauen- und Geschlechtergeschichte". Sie ist Trägerin des "Gabriele Possaner-Staatspreises" 2013.

Wissenschaftliche Monografien

  • Gabriella Hauch (1990): "Frau Biedermeier auf den Barrikaden. Frauenleben in der Wiener Revolution 1848". Wien
  • Gabriella Hauch (1995): "Vom Frauenstandpunkt aus. Frauen im Parlament 1919 bis 1933". Wien
  • Gabriella Hauch (2001): "NS-Zwangsarbeit am Standort Linz der Hermann Göring AG Berlin", 1938 - 1945. Bd. 1: Zwangs- und SklavenarbeiterInnen. Wien-Köln-Weimar, 2 Bde. hg. v. Oliver Rathkolb (gem. mit Christian Gonsa u.a.)
  • Gabriella Hauch (2010): "Frauen bewegen Politik. Österreich 1848-1938", Studien zur Frauen und Geschlechterforschung 10. Innsbruck-Wien-Bozen, 2. Aufl.
  • Gabriella Hauch: "Frauen.Leben.Linz. (2013) Eine Frauen- und Geschlechtergeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts". Linz

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