Essstörungen - Wiener Programm für Frauengesundheit

Essstörungen sind keine Ernährungsstörungen, die durch "richtiges" Essen geheilt werden können. Essstörungen zeigen, dass die Betroffenen Probleme psychisch nicht verarbeiten können.

Expert*innen sprechen von einem "Hilferuf der Seele". Der Großteil der Betroffenen sind Mädchen und Frauen. 90 Prozent der Anfragen bei der Hotline für Essstörungen kamen 2014 von Mädchen und Frauen.

Perfektionismus, Selbstwert und Medien

Ein gestörtes Essverhalten entsteht, wenn das Wohlbefinden vom Körpergewicht abhängt, Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl fehlen, das Urteil der Außenwelt die Selbstachtung bestimmt, Anerkennung durch Perfektion "erkauft" werden muss oder wenn man den eigenen Körper ablehnt.

Nährboden für das Auftreten von Essstörungen sind unrealistische Schönheitsideale, die auf einem übertriebenen Schlankheits- und Jugendkult beruhen. Über Botschaften von Mode, Industrie und Wirtschaft werden ungesunde mediale "Vorbilder" transportiert, die extreme Schlankheit propagieren sowie eine bestimmte Körperästhetik vermitteln, die sie mit Anerkennung, Erfolg, Glück und Selbstwert verknüpfen. Dies kann fatale Folgen haben. Das Leben der Betroffenen kreist zwanghaft ums Essen. Essen ist verbunden mit Scham- und Schuldgefühlen, der Angst zuzunehmen und dem Empfinden, zu versagen. Nicht-Essen dagegen bedeutet Stolz, Unabhängigkeit und Macht.

Formen von Essstörungen sind:

  • Anorexie (Magersucht)
  • Bulimie (Ess-Brech-Sucht)
  • Binge-Eating-Disorder (Ess-Sucht)
  • Nicht näher bezeichnete "Essstörungen" zum Beispiel das "Kauen-Ausspucken-Syndrom"

Gesundheitliche Folgen

Dauerhaftes Fasten oder Ess-Brech-Verhalten während einer Essstörung wirkt sich im Laufe der Zeit auf die physische und die psychische Gesundheit von Betroffenen aus. Folgeschäden betreffen den ganzen Körper und reichen vom Ausbleiben der Regelblutung über Haarausfall, Schlafstörungen, Verdauungsprobleme bis hin zu Organschädigungen. Auf der psychosozialen Ebene sind Belastungen in der Partnerschaft, Störungen der Sexualität sowie sozialer Rückzug festzustellen.

Der Früherkennung und kompetenten Beratung kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Die Broschüre "Wann denken SIE an Essstörungen? Früherkennung für Ärzt*innen in der Praxis" soll Expert*innen dabei unterstützen.

  • Wann denken SIE an Essstörungen? Früherkennung für Ärzt*innen in der Praxis, 2011: 420 KB PDF

Information und Enttabuisierung

Bereits 1998 startete das Wiener Programm für Frauengesundheit die Wiener Informations- und Präventionskampagne gegen Essstörungen (W.I.K.E.), um Essstörungen und deren Folgen öffentlich zu thematisieren und zur notwendigen Enttabuisierung beizutragen. Es wurde die Essstörungshotline als kostenlose, anonyme Telefonberatung für Betroffene und Angehörige ins Leben gerufen. Zahlreiche Fachtagungen sowie Fortbildungsangebote für Angehörige der Psychologie, Psychotherapie und Medizin, für Pädagog*innen wurden organisiert, Informationsbroschüren und Informationsfilme hergestellt sowie präventive Maßnahmen in Kindergärten und Schulen durchgeführt, wie der Schulwettbewerb "We like EveryBODY".

Studie zu Schüler*innen

Darüber hinaus wurde 2000, 2005 und 2011/12 eine Fragebogenerhebung an Wiener Schulen zum Thema Körperbild und Essverhalten durchgeführt. Das Ziel war, zu erfahren, ob sich Jugendliche in ihrem Körper wohl fühlen oder ob sie gerne etwas an sich ändern würden. Auch die jüngste Studie zeigt auf, dass sich insbesondere Mädchen unter Druck gesetzt fühlen und daher anfällig sind Essstörungen zu entwickeln.

  • "Problemzone" Körper? Eine Befragung von Wiener Schülerinnen und Schülern, 2015: 2,5 MB PDF

Bündnis mit der Wirtschaft

Das Wiener Programm für Frauengesundheit initiierte 2007 ein Bündnis der Stadt Wien, das über den Gesundheitsbereich hinausreichte und Werbeunternehmen, Modelabels und Medien umfasste. Die "Initiative S-O-Ess" gegen ungesunde Schlankheitsideale wurde gegründet. Als Symbol wurde ein durchgeschnittenes, gelbes Maßband gewählt, das in Form eines Ansteckers sichtbar an die Kleidung geheftet werden kann.

Damit sollte die Verantwortung von Werbung und Wirtschaft für die Produktion gesellschaftlicher Schönheitsideale ins Bewusstsein gerückt werden.

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