Psychotherapie - Geschlechtswechsel bei Transgender-Personen

Psychotherapie ist ein wissenschaftlich fundiertes Heilverfahren, das Körper und Seele als Einheit begreift. Krankheiten, Symptome oder Leidenszustände sind demnach entweder Ursache oder Ausdruck von seelischem Ungleichgewicht.

Es gibt vier große Richtungen in der Psychotherapie: tiefenpsychologisch-psychodynamisch, humanistisch, systemisch und verhaltenstherapeutisch. Innerhalb dieser Bereiche gibt es in Österreich derzeit 22 verschiedene anerkannte psychotherapeutische Methoden, die alle vom Psychotherapiebeirat im Gesundheitsministerium auf ihre wissenschaftliche Fundierung hin überprüft sind. Die spezifischen Behandlungsschritte innerhalb dieser Methoden sind Teil eines umfassenden, theoretisch begründeten und wissenschaftlich untermauerten Theoriegebäudes und können sich methodenspezifisch stark voneinander unterscheiden.

Die psychotherapeutische Behandlung basiert an auf der Freiwilligkeit der Patientin oder des Patienten. Seit 2014 ist Psychotherapie nicht mehr zwingend als Voraussetzung für eine Hormonbehandlung vorgeschrieben. Im Zuge der dreifachen Diagnostik wird ein eventuell vorhandener Therapiebedarf individuell erhoben. Wenn eine Transgender-Person psychotherapeutische Behandlung benötigt, kann sie dieses bei jedem*r Psychotherapeut*in absolvieren. Psychotherapeut*in im Sinne des Österreichischen Psychotherapiegesetzes ist, wer in die Psychotherapeut*innen-Liste des Bundesministeriums für Gesundheit eingetragen ist. Es empfiehlt sich, Psychotherapeut*innen auszuwählen, die Erfahrung mit diesem Themengebiet haben.

Auswahl des*der Psychotherapeut*in

Da es wichtig ist, sich gut auf den psychotherapeutischen Prozess und den*die Psychotherapeut*in einzulassen, ist es notwendig, sie oder ihn sorgfältig auszuwählen. Sinnvoll ist es meist, mehrere Erstgespräche bei verschiedenen Psychotherapeut*innen zu absolvieren. Neben der spezifischen Methode und der fachlichen Qualifikation sind auch persönliche Faktoren von großer Bedeutung.

Im Österreichischen Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP) gibt es eine eigene Expert*innen-Gruppe "Psychotherapie und Transidentität".

Psychotherapeut*innen sollten nicht mit Psycholog*innen oder Psychiater*innen verwechselt werden, die bei der Diagnoseerstellung und als Gutachter*innen ebenfalls eine Rolle im Prozess des Geschlechtswechsels spielen.

Psychotherapeutische Begleitung

Im Zuge des psychotherapeutischen diagnostischen Prozesses werden die Entwicklung der Geschlechtsidentität, die psychosexuelle Entwicklung und die derzeitige Lebenssituation bewusst gemacht und bei Bedarf auch therapeutisch bearbeitet. Auch soziale Umfelder werden miteinbezogen und im therapeutischen Prozess bearbeitet. Behandlungswünsche werden hinterfragt und ausführlich besprochen, mit dem Ziel, gute individuell passende Lösungen zu erarbeiten. Die Psychotherapie bietet den geeigneten, geschützten Rahmen, um Möglichkeiten und Grenzen der medizinischen Behandlungen zu erörtern, eigene Erwartungen zu reflektieren und erfolgte Behandlungsschritte und deren Folgen gut in das Leben zu integrieren.

Eine wichtige unterstützende Rolle fällt der Psychotherapie auch im Zusammenhang mit der sogenannten "real life experience" zu. Diese dient dazu, das empfundene Geschlecht zunehmend auch im Alltag zu leben, um irreale Erwartungen und Vorstellungen zurücknehmen zu können, bevor irreversible Maßnahmen erfolgen. Es erweist sich als sinnvoll, die Psychotherapie auch nach erfolgter körperlicher Behandlung fortzusetzen, um die oft schwierige soziale und gesellschaftliche Integration zu sichern.

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