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Call 2024 "Zeitgemäße Formen des Erinnerns" - Ergebnisse

Aus 80 Einreichungen zum Call "Geschichte(n) Wiens: Projekt-Call für zeitgemäße Formen des Erinnerns. Eine Initiative der Stadt Wien zum Republikjubiläumsjahr 2025 (1945/55/95). In Erinnerung an Heidemarie Uhl" hat die Jury im Jänner 2025 neun Siegerprojekte ausgewählt. Die einstimmige Empfehlung lautete, diese Projekte mit insgesamt 800.000 Euro zu fördern.

Thema des Calls

In der Wiener Kulturstrategie 2030 wurde eine zeitgemäße Gedenk- und Erinnerungskultur als ein zentrales Handlungsfeld identifiziert. Insbesondere die hohe Relevanz für Gegenwart und Zukunft in der Auseinandersetzung mit Vergangenheit sowie die Aufrechterhaltung des Dialogs für kommende Generationen wurde betont. Dies bildete die Grundlage für diese Ausschreibung.

Gesucht waren Dialog- und Vermittlungsformate für eine breite Öffentlichkeit, die wissenschaftlich fundiert und gleichzeitig kreativ und innovativ im Vermittlungsanspruch sind, Begegnungsräume schaffen und damit zu einer aktiven, lebendigen Erinnerungskultur beitragen. In den Projekten soll das Gemeinsame und Verbindende in der Vielschichtigkeit von kollektiven Erinnerungen an prägende Momente und gesellschaftliche Entwicklungen der Stadt Wien im 20. Jahrhundert im Kontext der Demokratie- und Republikgeschichte herausgearbeitet werden.

Die 9 geförderten Projekte im Detail

Baustelle Antisemitismus - Module für erinnerungspolitische Lernprozesse in der Migrationsgesellschaft

  • Fördernehmer*in: Bildungsverein Lernen in gesellschaftlichen Spannungsfeldern
  • Förderhöhe: 150.000 Euro
  • Projektbeschreibung: Das Projekt Baustelle Antisemitismus entwickelt, beforscht und aktiviert ein Lerntool zur partizipativen Gestaltung zeitgemäßer Erinnerungsarbeit zum tief in der Wiener Gesellschaft verankerten Antisemitismus und dessen identitätsstiftende Aspekte. Das Lerntool besteht aus mobilen Boxen, die übereinandergeschichtet und als Sitzgelegenheiten nutzbar sind. Es wird bestückt mit Materialien zu Geschichte und Gegenwart des Antisemitismus in Wien, die in einem partizipativen Stadtforschungsprozess entwickelt werden. Die Beteiligten verweben diese mit vielschichtigen Diskriminierungstraditionen in Wien sowie historischer und jüngerer Migrationsgeschichte.

"Wien. Krankensaal 1945. Wissenschaftlich, künstlerisch, digital: Die ambivalenten Fundamente der Erinnerung an das NS-Erbe in Wien nach 1945"

  • Fördernehmer*in: Österreichische Akademie der Wissenschaften
  • Förderhöhe: 140.000 Euro
  • Projektbeschreibung: Das Projekt widmet sich der Aufarbeitung von unerschlossenen Patient*innen-Akten der Psychiatrischen Klinik des Wiener AKH aus dem Jahr 1945. Damals wurden unter anderem sowohl Zwangsarbeiter*innen, vorfolgte Jüd*innen, KZ-Überlebende, Widerstandskämpfer*innen, aber auch Mitglieder der NSDAP und Soldaten der Wehrmacht behandelt. Die Patient*innen-Akten geben einen tiefen Einblick in das Wien der Nachkriegszeit und reflektieren die kollektive Zerrissenheit zwischen Opfer- und Täterrolle. Die historische Forschung ist Grundlage für die künstlerische Bearbeitung für verschiedene Bühnenformate und digitale, interaktive Vermittlung mittels Webapplikation.

"ARCHIV DES ZUHÖRENS: Ein audiographisches Denkmal für Wien Ottakring"

  • Fördernehmer*in: Citizen Carol, Verein für kritische Zusammenhänge in den darstellenden Künsten
  • Förderhöhe: 135.000 Euro
  • Projektbeschreibung: Ort des Geschehens ist der Sandleitenhof in Ottakring. In seiner fast 100-jährigen Geschichte hat Wiens größter Gemeindebau eine ganze Menge Zeitgeschichte "erlebt". Insbesondere die Februarkämpfe 1934, die Vertreibung jüdischer Bewohner*innen während des Nationalsozialismus und Geschichten von Widerstand sind von historischer Relevanz für diesen Ort. Heute ist die Wohnhausanlage von einer vielfältigen Wohn-Community geprägt, in der "Alteingesessene" und "Neuzugezogene" leben. Ziel des Projekts ist zum einen das Sammeln und Bewahren der lebensgeschichtlichen Erzählungen der Bewohner*innen. Zum anderen wird den Bewohner*innen durch moderierte Begegnungen mit historischen Dokumenten die Geschichte des Ortes nähergebracht. Nicht zuletzt geht es auch darum, gemeinsam zu reflektieren, wie Gedenken und Erinnern im Sandleitenhof gestaltet werden kann.

"Erinnerung, sprich"

  • Fördernehmer*in: Science Communications Research - Verein zur Erforschung der Wissenschaftsvermittlung
  • Förderhöhe: 116.000 Euro
  • Projektbeschreibung: Inszeniert wird ein Live-Casting für biografische Erinnerungen verschiedener Generationen von Wiener*innen. Die Kandidat*innen spiegeln die Vielfalt der nach Wien Zugewanderten nach 1945 wider. Die individuellen Erinnerungen, die bei diesem Gedächtnistheater hervorgebracht werden, werden von Wissenschaftler*innen in ihre historischen Kontexte gesetzt.

"Resonanz & Widerstand: Dem Klang der Wiener Gegenkultur auf der Spur"

  • Fördernehmer*in: a_maze - Verein zur Förderung audio-visueller Kunst
  • Förderhöhe: 87.000 Euro
  • Projektbeschreibung: Das Projekt widmet sich auf künstlerische Weise und unter Einsatz digitaler Technologien der Geschichte der sogenannten "Schlurfs". Während der Zeit des Nationalsozialismus gerieten sie als Angehörige der Arbeiter*innenschicht und Jazz-Liebhaber*innen in Konflikt mit dem Regime. Auf transmedialen Erinnerungsradtouren wird ihre Geschichte vermittelt und dabei gleichzeitig ein Bogen zur zeitgenössischen Wiener Musik(gegen)kultur gespannt.

"Wienerbørn. Die internationale Hilfe für die Wiener Kinder nach 1945"

  • Fördernehmer*in: Einküchenhaus. Verein zur Erforschung emanzipatorischer Wohnmodelle
  • Förderhöhe: 63.000 Euro
  • Projektbeschreibung: Nach Ende des Zweiten Weltkrieges war Österreich und insbesondere Wien nicht in der Lage seine Bevölkerung ausreichend zu versorgen, mit verheerenden Folgen für Leben und Gesundheit der Kinder. Zahlreiche unterernährte und kranke Kinder wurden - wie schon nach dem Ersten Weltkrieg - vorübergehend ins Ausland zu Pflegefamilien vermittelt. Bisherige Forschungen werden zusammengeführt und Interviews mit Zeitzeug*innen geführt. Anhand dieses besonders eindrücklichen Beispiels der internationalen humanitären Hilfe für Wien, werden Themen wie Solidarität und humanitäres Engagement an Schüler*innen vermittelt.

"Mutig Demokratie WIDERSTÄNDIG machen - partizipatives Theater rund um den Widerstand gegen den Austrofaschismus im Wien der 1930er"

  • Fördernehmer*in: Theater der Unterdrückten Wien
  • Förderhöhe: 49.000 Euro
  • Projektbeschreibung: Es handelt sich um ein interaktives Stationentheater im Stadtraum, zum Beispiel im Gemeindebau, das bewusst auch dezentrale Orte für die Aufführungen wählt. Ausgehend von der Zeit des Austrofaschismus wird eine Brücke ins Heute geschlagen, indem historische sowie aktuelle Spannungsfelder in der Gesellschaft thematisiert werden. Das Stück wird für Jugendliche bearbeitet, in Begleitworkshops werden beispielsweise die Themen Zivilcourage und Konfliktlösungskompetenzen behandelt. Geleitete Diskussionsformate im Anschluss an die Aufführungen vertiefen den Bezug zur Gegenwart und machen Geschichte greifbar.

"Zweifelhafte Vergnügungen - Vielfalt und Kritik in der Leopoldstadt"

  • Fördernehmer*in: hint.wien, Verein zur Förderung intersektionaler queerer Kultur und Kollaboration
  • Förderhöhe: 30.000 Euro
  • Projektbeschreibung: Rund um die Jahrhundertwende und bis in die 1930er-Jahre hinein wurden im Wiener Prater sogenannte "Völkerschauen", auch "Menschenzoos" genannt, veranstaltet. Die Reaktionen aus der Bevölkerung auf diese Zurschaustellung waren sehr unterschiedlich; es kam sowohl zu rassistischen Beschimpfungen und Angriffen als auch zu öffentlicher Kritik und Widerstand der Besucher*innen. Diese damaligen Auseinandersetzungen um Vielfalt und Diskriminierung sind Ausgangspunkt für das Erinnerungsprojekt, das sowohl akademische als auch künstlerische Aktivitäten rund um diese Themen und der afro-österreichischen Geschichte umsetzen wird.

"Ruth Klüger und Ceija Stojka - Auf dem Galgenplatz blüht jetzt der Flieder. Dichten als Kapsel der Erinnerung"

  • Fördernehmer*in: Jolifanta bambla - Verein zur Förderung von Kunst, Kultur und Wissenschaft
  • Förderhöhe: 30.000 Euro
  • Projektbeschreibung: Ruth Klüger und Ceija Stojka verbindet ein tragisches Schicksal: Aus unterschiedlichen kulturellen und sozioökonomischen Kontexten kommend, - Klüger entstammte einer jüdischen Arztfamilie aus Wien, Stojka gehörte der Gruppe der Lovara-Romn*ja an - wuchsen beide Frauen zur Zeit des Nationalsozialismus auf, verloren ihre Väter und Brüder durch das NS-Regime, überlebten jedoch selbst das Konzentrationslager. Ihre traumatischen Erfahrungen von Gewalt und Terror haben beide unter anderem in Lyrik verarbeitet. Herzstück des Projekts ist eine Ausstellung, die die künstlerischen Gemeinsamkeiten des lyrischen Werks der beiden Frauen in den Fokus rückt. Die Ausstellung wird in ein niederschwelliges Rahmenprogramm eingebettet, für Schulklassen wird ein Vermittlungsformat angeboten.

Jury

  • Dr. Matti Bunzl (Wien Museum)
  • MMag. Dr. Andreas Kranebitter (Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes)
  • Mag.a Dr.in Michaela Raggam-Blesch (Universität Wien, Institut für Zeitgeschichte)
  • Dr.in Pia Schölnberger (Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport)
  • Mag.a Luisa Ziaja (Österreichische Galerie Belvedere)

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