Neue Wege für das Wildtiermanagement im Lainzer Tiergarten

Im Sommer 2015 wurde für den 2.450 Hektar großen Lainzer Tiergarten ein zukunftsorientiertes, tierschutzgerechtes und ökologisches Wildtiermanagement vorgestellt. Prioritäres Ziel war - entsprechend den Verordnungen der Wiener Landesregierung - der Naturschutz.

Mufflonherde auf Wiese, Wald im Hintergrund

Zu diesem Zweck wurde die "Arbeitsgruppe Lainzer Tiergarten" bestehend aus der Abteilung Klima, Forst- und Landwirtschaftsbetrieb (MA 49), der Wiener Umweltschutzabteilung (MA 22), der Tierschutzombudsstelle Wien (TOW), der Wiener Umweltanwaltschaft (WUA) und dem Verein gegen Tierfabriken (VGT) gegründet.

Als externe Experten haben Univ.-Prof. Dr. Walter Arnold, Dr. Hans Frey und Prof. Dr. Rudolf Winkelmayer durch ihre Fachbeiträge wesentlich zur Qualität des Ergebnisses beigetragen.

Ausgangslage 2015

Das Naturschutzgebiet und Europaschutzgebiet Lainzer Tiergarten ist ein besonders wertvoller Lebensraum für seltene Tiere, Pflanzen und Pilze. Sein prioritäres Ziel ist - entsprechend den Verordnungen der Wiener Landesregierung - der Naturschutz.

Darüber hinaus ist der Lainzer Tiergarten mit jährlich rund 800.000 Besucher*innen ein bedeutender Erholungsraum der Großstadt Wien. Er ist in § 7 des Wiener Landesjagdgesetzes als Tiergarten und somit als jagdliche Sonderfläche definiert. Er ist zur Gänze von einer Mauer umschlossen.

Die Wildtiere innerhalb des Lainzer Tiergartens beeinträchtigten durch ihre Anzahl ihren eigenen Lebensraum. Der Wildbestand musste daher auf Grundlage von Managementplänen reguliert werden.

Aufbauend auf den Maßnahmen des bestehenden Managementplans für das Naturschutzgebiet Lainzer Tiergarten wurden weitere Maßnahmen zur Wiederherstellung des ökologischen Gleichgewichts zwischen dem Lebensraum und den darin lebenden Wildtieren beschlossen. In diesem wertvollen Naturschutzgebiet war das primäre Ziel des Wildtiermanagements, einen Bestand von gesunden Tieren mit artgemäßem Altersklassenaufbau und artgemäßer Sozialstruktur wiederherzustellen.

Umsetzung vereinbarter und geplanter Maßnahmen fast abgeschlossen

Die schrittweise und kontinuierliche Reduktion des Schwarzwildbestandes auf ein lebensraumkonformes Niveau ist noch im Laufen. Vereinbart wurde auch, den Bestand an Rot-, Dam- und Muffelwild aufzulassen. Rehwild bleibt als 2. Schalenwildart in einer lebensraumverträglichen Populationsgröße erhalten.

Seit Beginn der Umsetzung kann die zunehmend gesunde Entwicklung des Lebensraums Lainzer Tiergarten nachgewiesen werden. Es hat sich bereits auf vielen Standorten eine flächendeckende natürliche Waldverjüngung gebildet.

Die Bestandsregulation wird unter Bedacht auf möglichst wenig Tierleid durchgeführt. Die Jagd auf zu regulierende Wildarten ist nicht auf Trophäen orientiert. Beutegreifer, Hasen, Vögel und dergleichen werden nicht bejagt. Eine gesunde Entfaltung der Beutegreifer ist seither zu beobachten - unter anderem gab es eine erfolgreiche Brut des sehr seltenen Habichtskauzes im Lainzer Tiergarten. Auch der durch die Überpopulation fast verschwundene Feldhasenbestand hat sich erholt.

Die Bejagung erfolgt durch das Forstpersonal der Stadt Wien. Das Führen von Jagdgästen und der Verkauf von Trophäen sind damit nicht ausgeschlossen. Der Trophäenverkauf stellt aktuell einen wirtschaftlichen Beitrag zum Wildtiermanagement dar.

Nach sorgfältiger Abwägung der Chancen und Risiken wurde als Ergebnis die Geburtenkontrolle im Schaugehege nicht weiter verfolgt. Das Schaugehege wird, da diese Form der Tierpräsentation tierethisch nicht mehr zeitgemäß ist, innerhalb der nächsten Jahre sukzessive aufgelöst. In einer gesonderten Arbeitsgruppe wurde im Frühjahr 2017 die schonendste Methode der Auflassung erarbeitet. Es hat sich herausgestellt, dass die Unterbrechung der Fortpflanzung mittels Geschlechtertrennung das geeignetste Mittel ist. Hierzu werden die männlichen Tiere narkotisiert, mit Ohrmarken versehen und in den restlichen Lainzer Tiergarten entlassen. Die freigelassenen Tiere sind bis zu deren natürlichen Lebensende geschont. Das jagende Personal kann anhand der Ohrmarken klar erkennen, dass es sich um ein zu schonendes Tier handelt. Diese Maßnahme ist seit Sommer 2019 finalisiert.

Das Schaugehege bleibt bis zum natürlichen Ableben der verbleibenden weiblichen Tiere bestehen.

Gesetzliche Möglichkeiten zur Verwendung technischer Hilfsmittel, wie zum Beispiel Restlichtverstärker, sind in Vorbereitung. Der Schalldämpfer ist schon im Einsatz. Auch das dient dem jagdethischen Ziel, Beunruhigung und Tierleid möglichst gering zu halten.

Parallel zur Anpassung des Tierbestandes an den Lebensraum wurden die Fütterungen schrittweise aufgelassen, selbstverständlich unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen.

Als letzter Punkt sind mögliche punktuelle und selektive Wildwechsel aus und in den Lainzer Tiergarten abzuschätzen, um die genetische Vielfalt zu erhalten, sowie daraus folgend die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen zu diskutieren.

Nachweis des Erfolgs durch Monitoring

Seit Inkrafttreten des Wildtiermanagements 2015 hat sich die "Arbeitsgruppe Lainzer Tiergarten" halbjährlich getroffen, um die Umsetzung der Maßnahmen voranzutreiben.

Anwendung von Methoden ohne Tierleid

Als Methode der Bestandsregulation wurde die Intervallbejagung forciert. Das bedeutet, dass nach Zeiten der Jagd wieder Ruhezeiten von mehreren Wochen eingehalten werden.

Keine Wildtierfütterung

Die Fütterungsstandorte für Wiederkäuer wurden seit 2015 aufgelassen. Ziel ist es, die Tiere künftig nur mehr in absoluten Notsituationen, etwa in extrem strengen Wintern, mit Futtergaben zu unterstützen. Bei ökologisch tragfähigen Populationsdichten reicht normalerweise das natürliche Nahrungsangebot.

Keine Bejagung von Beutegreifern

Beobachtungen zeigen, dass das Gleichgewicht zwischen Beutegreifern (Füchse, Dachse et cetera) und deren Beutetieren (Feldhasen, Fasanen et cetera) trotz des Verzichts auf die Bejagung weiterhin besteht.

Kontrollflächen für Vegetationsentwicklung

Der Verbiss durch wiederkäuende Wildtiere war im Lainzer Tiergarten der größte Hemmfaktor für das Aufkommen standortsangepasster Jungbäume. Die Entwicklung von funktionierenden Wäldern und die Erfüllung ihrer Wirkungen waren dadurch gefährdet. Zur Bewertung des Wildeinflusses auf die jungen Bäume wurden 32 repräsentative Probeflächen eingerichtet. Eine Zweitaufnahme ist erfolgt und ausgewertet. Diese zeigt, dass die bisher getätigten Maßnahmen auf einzelnen Flächen mittlerweile zu einem zufriedenstellenden Aufwachsen von Jungbäumen führen.

Diese und zukünftige Ergebnisse des Monitorings werden zur Evaluierung des Wildtiermanagements herangezogen.

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