Grenzüberschreitende Gesundheitsdienstleistungen - Daseinsvorsorge

Europäische Kommission forciert die Gesundheitsdebatte auf europäischer Ebene

2002 leitete die Kommission einen Reflexionsprozess über die Patientenmobilität und die Entwicklungen der gesundheitlichen Versorgung in der EU auf breiter Ebene ein. Sowohl die Fachministerinnen und Fachminister der Mitgliedstaaten als auch Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft waren in die Debatte mit einbezogen. Schließlich verabschiedete die Europäische Kommission am 20. April 2004 eine Mitteilung über die Patientenmobilität und die Entwicklungen der gesundheitlichen Versorgung in der Europäischen Union.

In weiterer Folge schlug die Kommission vor, die Gesundheitsdienstleistungen in die Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt aufzunehmen. Sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat lehnten dies ab.

Aus diesem Grund leitete die Kommission Ende September 2006 eine viermonatige Konsultation mit dem Ziel ein, eine Grundlage für eine sektorale Regelung zu den grenzüberschreitenden Gesundheitsdiensten zu schaffen. Auch das Europäische Parlament sprach sich in der Zwischenzeit für eine sektorale Regelung im Bereich der grenzüberschreitenden Gesundheitsdienstleistungen aus: Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. März 2007 und Entschließung des Europäischen Parlaments vom 23. Mai 2007.

Richtlinienvorschlag über die Ausübung der Patientenrechte

Am 2. Juli 2008 veröffentlichte die Europäische Kommission ein Maßnahmenpaket mit dem Titel "EU-Agenda für Chancen, Zugangsmöglichkeiten und Solidarität". Teil dieses Pakets war der seit langem angekündigte Vorschlag für eine Richtlinie über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung: 247 KB PDF.

Dieser Richtlinienvorschlag löste zahlreiche Debatten innerhalb der EU-Mitgliedstaaten aus. Neben rechtlichen Problemstellungen (Subsidiarität, Kompetenzgrundlage, Abgrenzungsschwierigkeiten zu anderen sekundären Rechtsakten et cetera) waren insbesondere auch inhaltliche Unklarheiten ein Thema. So zum Beispiel bei der Regelungen zum Kostenersatz oder bei individuellen Ansprüchen versus Aufrechterhaltung der finanziellen Balance.

Position Wiens und der österreichischen Bundesländer

Wien beteiligte sich im Rahmen des Gesetzwerdungsverfahrens aktiv am Lobbying-Prozess. Ziel war und ist es, der Wiener Bevölkerung auch weiterhin qualitativ hochwertige Gesundheitsdienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Lobbyiert wurde dabei auf den verschiedensten Ebenen, etwa im Europäischen Parlament, in Städtenetzwerken, im Ausschuss der Regionen oder durch gemeinsame Positionen der österreichischen Bundesländer.

So wurde in einer einheitlichen Stellungnahme der österreichischen Bundesländer der Richtlinienvorschlag wegen EU-Kompetenzwidrigkeit beziehungsweise wegen Verstoßes gegen die von der EU zu achtenden Prinzipien der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit abgelehnt (August 2008).

Um dennoch eine konstruktive Mitwirkung Österreichs bei den Verhandlungen auf europäischer Ebene zu gewährleisten, wurde die einheitliche Länderstellungnahme im Februar 2009 weiterentwickelt, um die Planbarkeit und Finanzierbarkeit der Gesundheitsdienstleistungen auch in Zukunft sicherzustellen. Aus diesem Grund forderten sie unter anderem die Festschreibung eines Vollkostenersatzes im Richtlinienentwurf.

Zwischenzeitlich wurde im Europäischen Parlament (EP) eine geänderte Version des Richtlinienvorschlags beschlossen (erste Lesung des EP vom 23. April 2009; TA/2009/286). Als weiteren Versuch einer Einigung legte die schwedische Ratspräsidentschaft einen Kompromissvorschlag (31. Juli 2009; Zl.12532/09) vor, die eine Aktualisierung der Positionierung der österreichischen Bundesländer zur Folge hatte (Sommer 2009).

Schließlich konnte im Juni 2010 - unter Zugrundelegung eines spanischen Kompromisstextes - im Rat für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz eine politische Einigung zum vorliegenden Richtlinienvorschlag erzielt werden.

Ausblick

Der Richtlinienentwurf über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung wurde vom Europäischen Parlament im Jänner 2011 angenommen. Die Patientenrechte-Richtlinie trat am 24. April 2011 in Kraft und musste von den Mitgliedsstaaten bis 25. Oktober 2013 umgesetzt werden.

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