Strafverfahren - Gewalt gegen Frauen

Zusätzlich zu den polizeilichen und zivilrechtlichen Maßnahmen (Gewaltschutzgesetz), kann erlebte oder beobachtete Gewalt auch angezeigt werden. Im Strafverfahren wird geklärt, ob eine Person eine bestimmte, gerichtlich strafbare Tat begangen hat und welche Strafe dafür verhängt wird.

Ein Strafverfahren wird eingeleitet, wenn die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft erfährt, dass vermutlich eine Straftat begangen wurde. Dies geschieht, indem Sie Anzeige erstatten oder indem die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft durch eigene Wahrnehmung davon Kenntnis erlangt.

Was passiert, wenn ich Anzeige erstatte?

Es besteht in Österreich die Möglichkeit, eine Straftat, die man erlebt hat, bei der Polizei anzuzeigen. Man kann rund um die Uhr den Polizeinotruf 133 wählen oder direkt in ein Wachzimmer gehen und den Beamtinnen und Beamten vor Ort erzählen, was passiert ist (zum Beispiel vom Partner geschlagen worden zu sein, von einem Bekannten vergewaltigt worden zu sein, vom Expartner mit dem Umbringen bedroht worden zu sein).

Gewaltopfern steht es zu, sich zur Anzeigeerstattung von einer Vertrauensperson, zum Beispiel der Schwester, einer Freundin oder einer Beraterin des 24-Stunden Frauennotrufs, begleiten zu lassen. Die Beamtinnen und Beamten sind dazu verpflichtet, eine Anzeige entgegenzunehmen.

Bei Sexualdelikten, zum Beispiel Vergewaltigung, hat die Frau zusätzlich das Recht, durch eine Beamtin einvernommen zu werden. Dabei muss der Gewaltvorfall sehr genau geschildert werden. Für die Anzeige von Sexualdelikten sind in Wien die Kriminalkommissariate zuständig.

Die Polizei fertigt ein Protokoll an. Danach hat die anzeigende Person die Möglichkeit, das Niedergeschriebene durchzulesen und gegebenenfalls Korrekturen vorzunehmen. Sobald sie mit dem Protokoll einverstanden ist, muss sie es unterschreiben.

In einem weiteren Schritt beginnt die Polizei unter der Leitung der Staatsanwaltschaft mit ihren Ermittlungen: Sie befragt die Beschuldigten sowie mögliche Zeuginnen und Zeugen und sichert Beweise. Eventuell finden Tatortbegehungen und/oder Gegenüberstellungen statt. Auch bei diesen Ermittlungsschritten hat das Opfer das Recht, eine Vertrauensperson mitzunehmen.

Alle Aussagen werden an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet - je nach Delikt an verschiedene Gerichte: entweder das Landesgericht oder das Bezirksgericht.

Die Staatsanwaltschaft entscheidet über den Verlauf der Strafanzeige und kann von der Verfolgung zurücktreten, das Verfahren einstellen oder eine Anklage bei Gericht erheben. Kommt es zu einem Gerichtsverfahren, kann dieses mit einem Freispruch oder einer Verurteilung enden.

Welche Gewalthandlungen sind strafbar?

Frauen müssen sich Gewalt keinesfalls gefallen lassen. Es gibt keine Rechtfertigung für Gewalt. Gewalt ist strafbar. Die Täter sind zur Verantwortung zu ziehen.

Folgende Gewalthandlungen sind nach dem Strafgesetzbuch (StGB) strafbar (Auswahl):

  • Körperverletzung nach § 83
  • Schwere Körperverletzung nach § 84
  • Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach § 85
  • Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach § 86
  • Absichtliche schwere Körperverletzung nach § 87
  • Freiheitsentziehung nach § 99
  • Nötigung nach § 105
  • Schwere Nötigung nach § 106
  • Gefährliche Drohung nach § 107
  • Beharrliche Verfolgung ("Stalking") nach § 107a
  • Fortgesetzte Gewaltausübung nach § 107b
  • Fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems ("Cybermobbing") nach § 107c
  • Vergewaltigung nach § 201
  • Geschlechtliche Nötigung nach § 202
  • Schwerer sexueller Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205
  • Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung § 205a
  • Sexuelle Belästigung und öffentliche geschlechtliche Handlungen nach § 218

Welche Rechte habe ich als Opfer?

Opfer einer vorsätzlich begangenen Straftat haben in einem Strafverfahren bestimmte Rechte, wie beispielsweise das Recht,

  • als Opfer häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt auf Verlangen von einer Beamtin einvernommen zu werden,
  • auf Beisein einer Vertrauensperson bei der Einvernahme,
  • eine Kopie der eigenen Zeug*innen-Aussage zu verlangen und kostenfrei zu erhalten,
  • auf psychosoziale und juristische Prozessbegleitung,
  • in bestimmten Fällen kontradiktorisch einvernommen zu werden, das heißt die Aussage erfolgt videounterstützt und wird in den Verhandlungsraum übertragen, sodass das Opfer den Angeklagten nicht sehen muss,
  • Akteneinsicht zu nehmen,
  • vom Fortgang des Verfahrens informiert zu werden,
  • auf Übersetzungshilfe (Dolmetsch),
  • auf Privatbeteiligung zur Geltendmachung von Schmerzengeld- und Schadenersatzforderungen oder
  • die Fortführung eines durch die Staatsanwaltschaft eingestellten Verfahrens zu verlangen.

Entschädigungsleistungen

Opfer einer Straftat haben Anspruch auf Schadenersatz durch den Täter. Weiters haben Sie als Opfer einer Straftat unter bestimmten Voraussetzungen nach dem Verbrechensopfergesetz Anspruch auf Entschädigungsleistungen. Beispielsweise können die Kosten einer Psychotherapie, für beschädigte Hilfsmittel, zum Beispiel die Brille, oder der Verdienstentgang erstattet werden. Dazu kommt unter bestimmten Voraussetzungen eine Pauschalentschädigung für erlittene Schmerzen.

Prozessbegleitung

Wer Opfer einer vorsätzlich begangenen Gewalttat geworden ist, hat das Recht auf Unterstützung.

Psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren heißt, dass Gewaltopfer vor und während eines Strafverfahrens von Mitarbeiterinnen einer Opferschutzeinrichtung unterstützt und begleitet werden.

Juristische Prozessbegleitung umfasst die rechtliche Beratung und Vertretung von Opfern. Sie dient der Durchsetzung der Rechte, die einem Opfer im Strafverfahren zustehen. Die rechtliche Vertretung erfolgt dabei durch eine*n Anwält*in, deren Kosten vom Bundesministerium für Justiz übernommen werden.

Weitere Informationen erhalten Betroffene beim 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien, Telefon 01 71 71 9.

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