Emmy Werner

Emmy Werner wurde 2004 für ihre "Verdienste um Kunst und Kultur" mit dem Wiener Frauenpreis ausgezeichnet.

Als Emmy Werner 1988 die Leitung des Wiener Volkstheaters übernimmt, ist sie im deutschsprachigen Raum die erste Frau an der Spitze eines so großen Hauses. 17 Jahre - länger als jeder Mann vor ihr - gestaltet sie in dieser Position das Wiener Theater-Leben mit. Auch wenn Männer ihrer Meinung nach noch immer die besseren Netzwerke haben, freut sie sich trotzdem darüber, dass es heute nichts mehr so Außergewöhnliches darstellt, wenn Frauen leitende Funktionen im Kulturbetrieb übernehmen.

Emmy Werner erhält den Frauenpreis 2004, weil sie "Theater zu einer lebendigen Plattform" gemacht hat und "sich während ihrer gesamten künstlerischen Laufbahn immer für Schauspielerinnen und Autorinnen eingesetzt und so Frauen am Theater sichtbar gemacht" hat, argumentiert die Jury. Der Begriff "Feminismus" ist ihr allerdings weniger sympathisch und zwar weil er so viele Interpretationsmöglichkeiten offen lässt. "Ich habe einmal gesagt, wenn Feminismus das ist, was ich lebe, was ich meine und vertrete, dann bin ich Feministin. Also sagen Sie lieber Emmynismus statt Feminismus" (zitiert in: Der Standard, 20.2.2013).

Biografie, Werk und Auszeichnungen

Emmy Werner kommt 1938 in einer KünstlerInnen-Familie in Wien auf die Welt. Der Theaterbesuch muss ihr nicht eingeredet werden, es zieht sie von selbst dorthin. Ihr Berufswunsch ist es zunächst, Schauspielerin zu werden. Nach der Matura 1956 nimmt sie Unterricht bei Otto Kerry, Maria Luise Rainer und Eduard Volters. Ihre Ausbildung schließt sie 1959 mit einer Prüfung vor der Paritätischen Kommission ab.

Seit den frühen 1960er-Jahren - jung verheiratet und Mutter eines Sohnes - hat sie Engagements an verschiedenen Häusern. Zunächst spielt sie für Kinder am Theater der Jugend, dann am Theater in der Josefstadt und am Volkstheater. Eine besondere Bedeutung in der künstlerischen Laufbahn von Emmy Werner hat das Theater der Courage unter der Leitung von Stella Kadmon, in dem sie mit Unterbrechungen fast zwanzig Jahre aktiv sein sollte. Dort tritt sie zum Beispiel in Peter Turrinis "Der tollste Tag" oder in Aldo Nicolais "Die Eisernen" auf. Bei den Wiener Festwochen 1980 wirkt sie in Karl Kraus’ Stück "Die letzten Tage der Menschheit" mit und spielt mehrere Rollen "unfassbar gut", wie Erwin Steinhauer kürzlich meint (zitiert in: Die Presse, 8.6.2014).

Emmy Werner ist nicht nur auf der Bühne zu sehen, sie steht auch vor der Kamera, wie etwa im Fernsehfilm "Die Staatsoperette" von Otto Zykan und Franz Novotny, eine sarkastische Aufarbeitung der Ersten Republik, die 1977 zu einem der größten Skandale in der österreichischen Fernsehgeschichte führt. In "Die Ausgesperrten", einer Verfilmung von Elfriede Jelineks literarischem Portraits der 1950er-Jahre, spielt sie die von ihrem Mann unterdrückte Gretl.

Steht das Schauspielen am Beginn ihrer Karriere im Vordergrund, so entwickelt sie bald auch Interesse an anderen Tätigkeiten im Theaterbetrieb. Zunächst hat sie viel mit Männern zusammen gearbeitet, erzählt sie später, und hat dabei einiges gelernt, "vor allem eines Tages zu sagen: 'Eigentlich will ich das selber machen', und das war, glaube ich, entscheidend." (zitiert aus einem Interview mit Emmy Werner in: Michaela Spiegel (2005) Wiener DamenHaft. Ein nie geführtes Gespräch zwischen Johanna Dohnal, Lotte Ingrisch-Einem, Edith Klestil, Freda Meissner-Blau, Dr. Maria Schaumayer, Lotte Tobisch und Emmy Werner über weibliche Wege im Wien des 20. Jahrhunderts. Wien, Seite 207). Besonders am Theater der Courage widmet sie sich nun auch Aufgaben wie der Produktionsleitung. Von 1980 bis 1981 leitet sie gemeinsam mit Stella Kadmon das Theater. Wichtig ist es in diesem Prozess, immer wieder zu sagen, "'ich traue mich das, obwohl ich nicht weiß wie es geht', denn das kann ich erlernen" (zitiert ebenda, Seite 216).

Drachengasse

Zu diesem Zeitpunkt ist sie bereits mit der Gründung des Theaters in der Drachengasse beschäftigt. Geplant hatte sie es nicht gerade, Theater für Frauen zu machen. Im Zuge der Frauenbewegung wächst allerdings das Bedürfnis, Stücke zu spielen, in denen es mehrere und gute Frauenrollen zu besetzen gibt. Während viele talentierte Schauspielerinnen arbeitslos sind, ist es für Männer wesentlich leichter ein Engagement zu finden. Autoren schreiben eben in erster Linie für männliche Protagonisten. Ziel des Theaters in der Drachengasse ist es, Autorinnen und Regisseurinnen zu fördern; ausschließlich für Frauen Theater zu machen, das erscheint Emmy Werner im Gegensatz zu anderen allerdings nicht Ziel führend. Als das Theater 1981 aufsperrt, übernimmt sie die Leitung und leistet in den kommenden Jahren Regie- und Schauspielarbeit. 1984 entsteht, eigens für das Theater der Courage, ein zweiter Raum.

Volkstheater-Direktion

1988 übernimmt sie schließlich die Geschäftsführung und künstlerische Leitung des Volkstheaters. Neben österreichischen "Klassikern" nimmt sie eine Vielzahl zeitgenössischer Autorinnen und Autoren in den Spielplan. "Sie überraschte durch die Wahl der Autoren, provozierte die Kritiker, indem sie ungewöhnliche Inszenierungen akzeptierte, und begeisterte das Publikum durch Engagement - auch feministisches Engagement", ist in der Furche zu lesen (11.8.2005). Mehr als einmal führt sie auch selbst Regie, zum Beispiel in Johann Nestroys "Lumpazivagabundus", Helmut Qualtingers "Rose von Gumpendorf" oder Marlene Streeruwitz’ "New York. New York." Für ihre Inszenierung von "Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte oder Stützen der Gesellschaften" von Elfriede Jelinek wird sie 1993 mit dem Karl Skraup-Preis ausgezeichnet. Im selben Jahr verleiht ihr die Grillparzer-Gesellschaft die Ehrenmitgliedschaft.

Auch wenn sie "große Lust" hat, "ein Theater zu leiten und zu bestimmen, was sich dort tut", ist es ihr immer wichtig, sich nicht völlig von ihrer Arbeit vereinnahmen zu lassen (zitiert in: Die Furche 11.8.2005). Am Abend zu Hause in ihrer Wohnung angekommen, will sie von Kommunikationsmitteln nichts mehr hören, kein Anrufbeantworter, keine E-Mails. Das Auf und Ab des beruflichen Alltags versucht sie mit Humor zu nehmen. Sich im Kulturbetrieb auch abgrenzen zu können ist ihr wichtig, ihre persönliche "gläserne Decke" beschreibt sie als senkrechte Wand, an der so manches abprallen kann (zitiert in: Die Presse, 18.12.2009).

Als sie 2005 in Pension geht, wird sie Ehrenmitglied des Volkstheaters, sie erhält das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (2005) und das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (2006).

Künstlerisches Schaffen nach der Volkstheater-Zeit

Völlig aufgegeben hat sie das künstlerische Schaffen allerdings nicht. 2006 ist sie in Elfriede Hammerls Fernsehfilm "Probieren Sie’s mit einem Jüngeren" zu sehen. Im Landestheater Niederösterreich inszeniert sie 2009 "Der Bockerer" mit Erwin Steinhauer in der Hauptrolle. Im Jahr darauf führt sie mit "Der Bettelstudent" ihre erste Operette auf, die 2013 auch im Münchner Prinzregententheater zu hören ist. Ihren Beitrag zu dieser Operette sieht sie darin, die Rollen der beiden Protagonistinnen -ursprünglich "zwei ziemlich dumme Trutscherln, die nur den Fürsten kriegen wollen" - neu zu interpretieren (zitiert in: derStandard, 20.2.2013). In Hommage an ihren Vater, den berühmten Wiener Lied-Autor Hans Werner (1998 bis 1980), nimmt sie gemeinsam mit Musikerinnen und Musiker 2012 die CD "Unser ve:ana Patent" auf.

Wenn sie nicht arbeitet, verbringt sie gerne Zeit mit sich selbst, ihren Büchern, oder ihrer Eulensammlung. Der Spaß darf dabei nicht zu kurz kommen, schließlich sollte das Gebot "Agiere nie gegen deine Lust" ihrer Meinung nach vor der achten Todsünde bewahren (zitiert aus einem Interview mit Emmy Werner in: Michaela Spiegel (2005) Wiener DamenHaft. Ein nie geführtes Gespräch zwischen Johanna Dohnal, Lotte Ingrisch-Einem, Edith Klestil, Freda Meissner-Blau, Dr. Maria Schaumayer, Lotte Tobisch und Emmy Werner über weibliche Wege im Wien des 20. Jahrhunderts. Wien, Seite 218).

Künstlerische Laufbahn

  • Theater der Courage: Schauspiel, Produktionsleitung, Co-Leitung, et cetera (mit Unterbrechungen von 1963 bis 1981)
  • Theater in der Drachengasse: Aufbau, Leitung, Regie und Schauspiel (1979 bis 1987)
  • Volkstheater: Direktion (1988 bis 2005)

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