Wörterbuch der Daseinsvorsorge - F und G

F

Ferring

Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in der Rechtsache Ferring (Rs. C-53/00) vom 22. November 2001. Der EuGH vertrat darin die Auffassung, dass staatliche Vergünstigungen, die nicht über das zur Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Aufgabe erforderliche Maß hinausgehen, den begünstigten Unternehmen keinen Vorteil verschaffen. Somit stellen diese auch keine staatlichen Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG-V dar. Gleichzeitig stellte der Gerichtshof klar, dass Vergünstigungen, die über das zur Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Aufgabe erforderliche Maß hinausgehen, staatliche Beihilfen darstellen können, die nicht von Art. 86 EG-V gedeckt sind.
Siehe auch: Altmark Trans

G

Generalanwalt

Eine der Aufgaben der Generalanwälte beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ist es, zu Rechtssachen Schlussanträge zu erarbeiten und diese dem EuGH in öffentlicher Sitzung vorzutragen. Schlussanträge sind ausführlich begründete Erkenntnisvorschläge für die Falllösung. Dem Gerichtshof gehören acht Generalanwältinnen und -anwälte an. Diese Anzahl kann durch den Rat auf Antrag des Gerichtshofes einstimmig erhöht werden (derzeit neun Mitglieder). Die unabhängige Stellung des Generalanwaltes soll den EuGH bei der Entscheidungsfindung unterstützen.

Gewährleistungsstaat, Gewährleistungsverantwortung

Im Gewährleistungsmodell verzichtet der Staat auf die zwingende Eigenproduktion öffentlicher Dienstleistungen. Er bleibt verantwortlich dafür, dass eine durch die Politik festgelegte Versorgung der Bevölkerung mit bestimmten Leistungen erfolgt. Der Staat überlässt jedoch die eigentliche Erstellung anderen. Leistungsverträge oder -aufträge werden an Dritte vergeben (Kontraktmodell) oder durch eine geeignete Regulierung wird ein Markt aufrechterhalten, der die Grundversorgung gewährleistet (Regulatormodell).

Grünbuch

Grünbücher sind von der Europäischen Kommission (EK) veröffentlichte, nicht verbindliche Rechtsakte zu Themen von allgemeinem Interesse. Durch Grünbücher stellt die EK regelmäßig eine Plattform für strukturierten Gedankenaustausch und Diskussion auf europäischer Ebene zur Verfügung.

Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse

Am 21. Mai 2003 wurde von der Europäischen Kommission (EK) das Grünbuch zu den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse veröffentlicht. Mit diesem Grünbuch soll die Diskussion zu folgenden Fragen eingeläutet werden:

  • Umfang möglicher Maßnahmen der Gemeinschaft zur Umsetzung des Vertrags bei voller Respektierung des Subsidiaritätsprinzips
  • Einführung einer Rahmenrichtlinie, die die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse regelt
  • Definition der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
  • Maßnahmen, die zur Schaffung größerer Rechtssicherheit beitragen könnten sowie Maßnahmen zur Sicherstellung eines schlüssigen und harmonischen Ausgleichs zwischen dem Ziel, weiterhin hochwertige Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu erbringen, und der strikten Anwendung der Wettbewerbs- und Binnenmarktvorschriften.

Am 14. Jänner 2004 verabschiedete das Europäische Parlament (EP) eine Resolution zum Grünbuch der EK. Das EP hat sich darin zu folgenden Punkten geäußert:

  • Respektierung des Grundsatzes der Subsidiarität
  • Eingehende Bewertung der (bisherigen) Auswirkungen der sektoralen Liberalisierung
  • Verteidigung des Rechts der Mitgliedstaaten zur Erbringung von Dienstleistungen auf ihrem Hoheitsgebiet im Rahmen der GATS-Verhandlungen durch die Europäische Kommission

Im Zusammenhang mit dem Vorschlag des Europäischen Konvents zur Ausarbeitung eines Verfassungstextes erwähnte das EP ausdrücklich das in Art. I-5 des Entwurfes enthaltene Recht auf lokale und regionale Selbstbestimmung. Inhaltlich unterstrich das EP die Relevanz von Qualitätskriterien, sozialer Ausgewogenheit, Versorgungssicherheit und Kontinuität. Die EK wurde aufgefordert, bis spätestens April 2004 eine Conclusio aus den eingegangenen Stellungnahmen zum Grünbuch zu ziehen und ein Folgedokument zur Konkretisierung des möglichen Rechtsrahmens vorzulegen.

Hinsichtlich der Bereiche Wasserversorgung, Abfalldienste und Abwasserbeseitigung sprach sich das EP dezidiert gegen sektorale Regelungen zur Marktöffnung aus. Das EP fordert für diese Sektoren eine "Modernisierung" unter Zugrundelegung wirtschaftlicher Grundsätze und der Einhaltung von Qualitäts- und Umweltstandards. Hinsichtlich allfälliger weiterer Verhandlungen im Bereich des GATS wurden rechtzeitige und umfassende Beratungen mit dem EP und seinem zuständigen Ausschuss verlangt.

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