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Gemeinderat, 7. Sitzung vom 19.11.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 133 von 138

 

Sie hätten sich deshalb sehr gewundert, weil das Kulturbudget unserer Stadt ein viel beachtetes und ein viel beneidetes ist, ein viel versprechendes außerdem - seit Jahren, seit vielen Jahren ein viel beachtetes und ein vielbeneidetes -, denn in keiner anderen europäischen Metropole wird für Kunst und Kultur vergleichsweise so viel Budget ausgegeben und zur Verfügung gestellt wie in Wien, in keiner anderen europäischen Metropole prosperiert Kunst und Kultur wie in Wien, in keiner anderen europäischen Metropole gibt es so viel politisches Engagement für Kunst und Kultur wie in Wien. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ich kenne einige Kunst- und Kulturmanager, die in Wien ihr Handwerk gelernt haben und in europäische Metropolen gegangen sind. Glauben Sie mir, meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass ich oft und oft bei den verschiedensten Treffen höre, wie sehr sie Wien vermissen. Sie vermissen Wien als Kulturstadt und sie vermissen Wien vor allem ob der Möglichkeiten, die Kunst- und Kulturmanagern in dieser Stadt geboten werden. Gehen Sie hinaus und fragen Sie die Künstler, gehen Sie hinaus und fragen Sie die Künstler, die zu Gast in unserer Stadt sind! Sie alle schwärmen von dem offenen Klima in dieser Stadt, sie alle schwärmen von den zahlreichen Möglichkeiten, die ihnen diese Stadt bietet. Glauben Sie mir, ich weiß schon, wovon ich rede, ich bin lange genug im Kulturbereich tätig.

 

Wer die Kulturseiten in den Printmedien liest, die Kulturberichterstattung im Fernsehen sieht oder im Radio hört, wird sich manchmal denken: Ach, du meine Güte! Diese Künstler, diese Kulturleute, immer streiten sie, immer ist Unruhe, nichts geht glatt über die Bühne - im wahrsten Sinne des Wortes manchmal -, mit nichts sind sie zufrieden. Und ich als gelernte Wienerin darf Ihnen sagen: Das ist im Kulturbereich eine völlig normale Sache, das ist befruchtend, das ist stimulierend, und manchmal sind auch Sigmund Freud und C. G. Jung ein bisschen mit im Spiel. Die wienerische Grundgestimmtheit spielt ebenfalls eine Rolle.

 

Eines jedenfalls steht fest: 2002 plus 3,5 Prozent im Kulturbudget (Beifall bei der SPÖ.), das höchste Kulturbudget, das die Stadt jemals hatte. Das ist ein Faktum. (GR Mag Christoph Chorherr: Das stimmt aber nicht!) Doch. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Hätten Sie das Kulturbudget 2002 doch nur richtig gelesen, meine Damen und Herren von den Oppositionsparteien, oder hätten Sie sich unter Umständen von den Beamten beraten lassen, Sie wären dann in der Lage gewesen, Ihre zahlreichen Presseaussendungen und Ihre Wortmeldung richtig zu formulieren. Sie wären auch in der Lage, dem Kulturbudget 2002 zuzustimmen.

 

Wenn wir heute das Budget 2002 diskutieren, dürfen wir dabei nicht übersehen, dass jedes Budget die Reaktion auf geänderte politische Bedingung ist. Ich meine nicht die politischen Bedingungen dieser Stadt, ich meine die politischen Bedingungen im Bund, ich meine die schwarz-blaue Koalition, diese schwarz-blaue Koalition, die jenes ominöse Nullbudget zu Lasten der Länder erreichen will. Wir wissen, dass auch Wien davon betroffen ist. Die Augen zu schließen, wäre wohl der falsche Ansatz.

 

Und wenn ich Wehklagen höre, zum Beispiel von den Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, zum Beispiel vom vormaligen Kulturstadtrat Dr Peter Marboe, dann muss ich mich schon wieder wundern. Gehen Sie, Herr Dr Marboe, nicht länger durch Wien, um überall, wo Sie auftauchen, das Kulturbudget und die Kulturpolitik dieser Stadt oder Dr Andreas Mailath-Pokorny mies zu machen, gehen Sie Herr Dr Marboe stattdessen zu Herrn Morak und verhandeln und besprechen Sie mit ihm, Ihrem Parteifreund, den Schaden, den er im Bereich von Kunst und Kultur anrichtet. (Bravo-Rufe und Beifall bei der SPÖ.) Oder gestehen Sie, Herr Dr Marboe, Herrn Morak Ihre Versäumnisse, die Sie während Ihrer Amtszeit zustande gebracht haben, und erklären Sie Herrn Morak auch gleich, warum Sie seit Jänner 2001 keine Entscheidung mehr getroffen haben. Bitte gehen Sie und sprechen Sie mit Herrn Morak! Er ist derjenige, der wie mit einem Rasenmäher über die Kunst und Kultur hinweggefahren ist. Er ist derjenige, der so generell seinen Kunst- und Kulturrasenmäher auf durchschnittlich minus 15 Prozent eingestellt hat und über alles drübergefahren ist.

 

Der Bund, die schwarz-blaue Koalition fährt auch in Kunst und Kultur mit einer affenartigen Geschwindigkeit hinein und mäht nieder. Einige Beispiele:

 

Radio International: 90 Millionen S gekürzt.

 

"dietheater" im Künstlerhaus: minus 10 Prozent. (StR Dr Peter Marboe: Ist das eine Wiener Debatte? - GR Godwin Schuster: Aber das betrifft doch Wien?) Sollen die doch schauen, wie sie klarkommen.

 

Das Künstlerhaus: Beachtlich, beachtlich, Frau Gehrer, eine Institution wie das Künstlerhaus mir nichts dir nichts einfach hängen zu lassen.

 

Das Volkstheater: Beachtlich, beachtlich, Herr Morak, 15 Prozent weniger. Zack! Schaut, wie ihr klarkommt!

 

Eine Subvention für das jüdische Museum? - Zögern und Zaudern bei Schwarz-Blau.

 

Die Jahressubvention der Kunsthalle? - Weg! Brauchen wir nicht. Die sollen schauen, wie sie weiterkommen.

 

Eine Ausstellung der Kunsthalle in Polen? - Weg! Keine Subvention! Brauchen wir nicht.

 

Das kosmos frauenzentrum, das Depot, Public Netbase, die Fotogalerie, die freien Radios und so weiter und so weiter und so weiter: 10 Prozent, 15 Prozent Streichung, Kürzung. Schaut, wie ihr klarkommt.

 

Politisch unangenehm? - Streichung. Macht nichts, wenn es euch nicht mehr gibt.

 

Planungssicherheit für Kunst- und Kulturschaffende? - Nix da!, sagt Schwarz-Blau. Zum Jahresende werdet ihr erfahren, wie viel Geld ihr ausgeben konntet.

 

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