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Landtag, 13. Sitzung vom 21.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 35

 

Abs. 1 Z 1 -: „Voraussetzungen für die Ernennung zum Notar sind: die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union“ (Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapović: Eben! Eben!) „oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft.“ - Also nichts österreichische Staatsbürgerschaft, wird sind bereits EU-weit, als EU-Staatsbürger kann man auch Notar werden. Ob das gescheit ist oder nicht, sei dahingestellt. Ich würde Ihnen empfehlen, sich zuvor zu informieren, insbesondere auch, wenn es um Ihren eigenen Beruf geht. - Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Ernst Woller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abg. Kunrath. Ich erteile ihm das Wort. Die Redezeit beträgt 20 Minuten.

 

9.57.54

Abg. Nikolaus Kunrath (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren via Livestream!

 

Es ist nicht selbstverständlich, dass manche von uns Landtagsabgeordneten heute hier am Rednerpult sprechen dürfen, denn wir alle hier im Saal haben eines gemeinsam, das ist unsere StaatsbürgerInnenschaft, manche nicht von Anbeginn, wie gerade erzählt, manche zufällig, auf Grund österreichischer Entscheidungen oder Entscheidungen, die durch die Eltern oder die Großeltern getroffen worden sind. Vor allem gilt nach wie vor - wie in Bertolt Brecht‘s Text aus „Flüchtlingsgespräche“ zwischen dem intellektuellen Ziffel und dem Arbeiter Kalle, die sich im Restaurant von Helsinki in den 1940er Jahren treffen -: „Der Pass ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustand wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustand kommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber der Pass niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird.“

 

Genauso wichtig ist es, damit die Staatsbürgerschaft geblieben ist. Karl Mahrer, ich gehe, so wie du, öfters in Bezirken herum, ich muss das aber nicht extra hier erwähnen, weil das nämlich unsere tägliche Arbeit ist, sich mit der Bevölkerung zu besprechen. Ich habe aber sehr oft erlebt, dass es nicht die Frage der Staatsbürgerschaft ist, wie sich Menschen auf der Straße verhalten, und ich weiß, dass es sehr oft nicht die Frage der Staatsbürgerschaft ist, wie uns begegnet wird.

 

Ich kann mich noch gut an ein Gespräch erinnern, das ich im Herbst 1997 geführt habe. Einige von Ihnen hier im Saal waren damals noch nicht einmal auf der Welt, und trotzdem ist es mir so gegenwärtig. Kurt Stürzenbecher, damals schon Gemeinderat und heute einer meiner nachfolgenden Redner, und ich als Österreichs Vorsitzender der Europarats-Kampagne „All equal - all different“, nahmen an einer Podiumsdiskussion teil. Eigentliches Thema war damals die Forderung an die SPÖ, endlich den Gemeindebau - Kollege Nepp hat das zuvor gerade erwähnt - allen Wienerinnen und Wienern zu öffnen. Schlussendlich musste sie das auf Grund des EU-Rechts ja tun.

 

Wir kamen aber dort auch auf die StaatsbürgerInnenschaft zu sprechen. Damals hat sich Kollege Stürzenbecher noch nicht so offen für einen leichten Zugang gezeigt. Nun, das ist ja erst 25 Jahre her, und ich denke, heute würde er Rainer Bauböck‘s Forderung nach einer der WohnbürgerInnenschaft, wie er sie damals formuliert hat, als nach einer bestimmten Zeit mit Lebensmittelpunkt auch alle entsprechenden Rechte und Pflichten, wie auch das Wahlrecht, zu haben, anders sehen.

 

Nun, bei euch dauert es halt noch ein bisschen, und ich verstehe ja nach wie vor nicht, Kollege Mahrer, warum du dauernd Staatsbürgerschaft mit Bildung zusammenhängst. Das hat keinerlei Zusammenhang, und es kann dir mein Kollege gerne deutlich machen, wo da die klaren Differenzen sind und wo wir uns ganz klar unterscheiden. Es hat null Zusammenhang, es gibt keinerlei Korrelation zwischen der Staatsbürgerschaft und der Bildung. Es ist nämlich wurscht, welche Staatsbürgerschaft man hat, aber mein Kollege Ömer Öztas wird das heute sicher noch näher ausführen. Ich verstehe solche Sätze überhaupt nicht. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Nachdem heute dauernd vom Linksblock gesprochen worden ist, den ich ja nicht kenne - ich weiß nicht, ob du dich dann dem Rechtsblock zugeordnet fühlst - (Zwischenruf bei der ÖVP.): Ich stelle mir das zumindest positiv herum vor, dass all die Verschärfungen für Zugewanderte in den letzten Jahrzehnten, die ja auch unter anderem von der SPÖ-Wien mitunterstützt wurden, zum Nachteil der eigenen Partei werden (StR Karl Mahrer: Eben!), wie das ja auch die von SOS Mitmensch durchgeführte „Pass Egal Wahl“ immer wieder bestätigt.

 

Bei der nächsten Landtags- und Gemeinderatswahl - vermutlich 2025, wie es derzeit ausschaut - wird es in Wien Gemeindebezirke geben, Kollege StR Kraus wird das auch noch ausführen, in denen nicht einmal mehr die Hälfte der BewohnerInnen mitwählen darf. Da müssten wir versuchen, Änderungen zu schaffen, und das lässt sich nicht nur mit Bemühungen, wie sie im VP-Antrag stehen - dass das alles ja gar nicht wahr wäre -, verändern, sondern das ist Tatsache, und das lässt sich auch durch diese von dir vorher zitierte Umfrage bestätigen.

 

82 Prozent der nichtwählenden Wienerinnen und Wiener ist länger als 5 Jahre in Wien. 82 Prozent! Nach 6 Jahren kann er bei entsprechenden Voraussetzungen die Staatsbürgerschaft schaffen, und ihr verhindert das, das möchte ich einmal ausdrücklich festhalten. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ihr verhindert es mit mehreren Hürden. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Da sagt die Studie etwas anderes!) Deswegen bringe ich heute folgenden Beschlussantrag betreffend antragstellerInnenfreundliches Ausschöpfen des Ermessungsspielraumes in StaatsbürgerInnenschaftsverfahren ein: „Der Landtag spricht sich dafür aus, dass die MA 35 ihren Ermessungsspielraum, der ihr beim Vollzug des Staatsbürgerschaftsgesetzes zukommt, so ausschöpft, dass es AntragstellerInnen möglichst einfach und kosteneffizient ermöglicht wird, die jeweiligen Voraussetzungen für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft zu erfüllen.“

 

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