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Landtag, 23. Sitzung vom 27.11.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 40

 

– „gerade im Vergabewesen großes Fachwissen nicht akademisch gebildeter Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vorhanden ist, dessen man sich durch eine Zugangsbeschränkung nicht berauben sollte."

 

Dem ist, glaube ich, nichts hinzuzufügen. Wir nehmen als Grüne zur Kenntnis, dass man zwar in Österreich offenbar Bundeskanzler werden kann ohne akademischen Abschluss, nicht aber Mitglied des Wiener Vergabekontrollsenats. Wir sehen in dieser Neuregelung eine Schwächung des Senats und damit auch eine Schwächung des Rechtsschutzes, und wir sind eigentlich erstaunt über diesen bildungselitären Ansatz der SPÖ in dieser Frage. Wir finden das falsch, praxisfern und eigentlich sehr abgehoben.

 

Zusätzlich muss man noch kritisieren, dass Sie auch von dem Ziel der größeren Wirtschaftlichkeit, Kostensenkung und Effizienz sprechen. Von dem ist in der vorliegenden Novelle nichts zu sehen. Die Auswirkungen werden andere sein, denn alleine dadurch, dass praxisnahe Personen jetzt ausgeschlossen werden aus dem Vergabekontrollsenat, brauchen wir externe Sachverständigengutachten, die wiederum Geld kosten, Zeit kosten. Vorhandene Expertisen werden nicht genützt. Es kommt also zu einer Verlängerung der Verfahren, und das sehen wir nicht ein.

 

Wir glauben, dass das Problem der SPÖ nicht in der mangelnden Qualifikation der Mitglieder des Vergabekontrollsenats liegt, sondern offenbar darin, kritische Mitglieder dieses Vergabekontrollsenats auszuschließen, und dafür sind die Grünen nicht zu haben. (Beifall bei den Grünen.)

 

Präsident Heinz Hufnagl: Als nächster Redner hat sich der Abg Dr Ulm zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich kann mich zum ganz überwiegenden Teil den Worten meiner Vorrednerin, Frau StRin Vana, anschließen. Auch wir werden dieser Novelle nicht unsere Zustimmung geben, und ich darf die vier Hauptgründe, die für uns entscheidend sind, kurz benennen.

 

Der erste ist, dass in Hinkunft der Vorsitzende des Vergabekontrollsenats nicht mehr dem aktiven Richterstand angehören soll. In Zukunft soll also auch ein Richter, der sich im Ruhestand befindet, Vorsitzender des Senats sein können. Das halten wir nicht für ideal, das stellt für uns eine Rechtsschutzeinschränkung dar. Das Vertrauen der Bevölkerung und der rechtsuchenden Antragsteller in die Unabhängigkeit eines Organs ist sicherlich ein anderes, ob an der Spitze ein Richter im Aktivstand steht oder ein gewesener Richter. Die tatsächliche Unabhängigkeit, die tatsächliche Unanfechtbarkeit und auch das Erscheinungsbild ist einfach ein anderes.

 

Ich weiß nicht, ob es sich hier um eine Lex Hellmich handeln soll. Ich halte es für möglich. Ich habe überhaupt nichts gegen den Vorsitzenden, im Gegenteil, er ist ein sehr sympathischer und versierter Mann, aber ich glaube nicht, dass man von den bisherigen Grundsätzen in dieser Frage abgehen sollte.

 

Punkt 2: Eben diesem Vorsitzenden, der in Hinkunft auch ein Richter im Ruhestand sein soll, werden mehr Rechte eingeräumt, zu Lasten des Kollegialorgans. Bei den einstweiligen Verfügungen, die im Vergabekontrollverfahren eine besonders wichtige Rolle spielen, war es bisher so, dass diese einstweiligen Verfügungen nur von einem Kollegialorgan getroffen werden konnten. In Zukunft kann das der Vorsitzende alleine, was für uns auch ein Rechtsschutzdefizit darstellt.

 

Punkt 3: Wir wurden als ÖVP bei Nachfragen zum VKS nicht gerade wirklich freundlich und zuvorkommend bedient. Wir haben eigentlich ganz einfache Fragen gestellt, und man hat sich mit mehr oder weniger eleganten juristischen Tricks um die Beantwortung der Fragen gedrückt. Das finden wir nicht in Ordnung, und das ist jetzt die passende Gelegenheit, diese Beispiele auch zu benennen.

 

Und zwar ging es da in einer Anfrage, die wir an den Bürgermeister gerichtet haben, darum, dass wir die Kosten der Entschädigungen der Mitglieder des Wiener Vergabekontrollrechtssenats wissen wollten, und wir haben einfach keine Antwort darauf bekommen.

 

Wir haben auch angefragt, wie viele Geschäftsfälle in den einzelnen Jahren verzeichnet wurden, und haben keine Antwort bekommen.

 

Heute hat der Herr Bürgermeister in der Fragestunde gesagt, es gäbe im Jahr 85 Verfahren, von denen 34 zum Erfolg führen. Das sind in der Tat sehr wenig, wenn man weiß, wie viele Tausend Vergabeverfahren es gibt. Und es lässt sich jetzt natürlich auch ein anderer Schluss ziehen, nicht nur der, wie exzellent die Verfahren in dieser Stadt stattfinden, sondern auch der, dass man sich vielleicht gar nicht traut, den Vergabekontrollsenat anzurufen, weil man befürchtet, sowieso keine Chance zu haben.

 

Man hat uns nicht gesagt, wie viele Geschäftsfälle in einer durchschnittlichen Sitzung des VKS behandelt werden, wie viele Sitzungen des Kontrollsenats stattfinden, wie hoch die Entschädigungen sind, wie die Personalausstattung des Vergabekontrollsenats aussieht, wie die Personalkosten der Vertragsbediensteten sind, wie lange die Bearbeitungsdauer eines durchschnittlichen Geschäftsfalles ist und manches Interessantes andere mehr.

 

Begründet hat man die Verneinung der Beantwortung damit, dass der Vergabekontrollsenat ein eher im Landesbereich als im Gemeindebereich angesiedeltes Organ ist und dass die enthaltenen Fragen nicht eindeutig dem Gemeindebereich zugeordnet werden können.

 

Was macht ein oppositioneller Gemeinderat in so einem Fall? Na ja, er richtet die gleiche Anfrage in der nächsten Landtagsitzung an den Landeshauptmann, nicht als Gemeinderat, sondern als Landtagsabgeordneter. Sollte ja funktionieren. Im Wesentlichen die gleichen

 

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