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Landtag, 7. Sitzung vom 23.11.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 61

 

Betreuungsform einsetzen, die sie an schulfreien Tagen, in den Ferien und in den Zeiten, in denen Betreuung nicht im ausreichenden Maß vorhanden ist, vor große Probleme stellt. Das heißt, wir müssen uns etwas einfallen lassen, und wir werden darüber zu diskutieren haben, welche unterschiedlichen Ausbildungsqualitäten für die Personen, die in diesem System arbeiten, notwendig sind, um all diese Voraussetzungen zu erfüllen.

 

Es wurden hier auch mit dem Initiativantrag einige Schritte in die richtige Richtung gesetzt. Das wird uns aber nicht der Gesamtdiskussion entheben, und ich meine, dass wir gut daran tun, es im Zuge dieser Diskussion jedenfalls absolut zu unterlassen, eine ganze Berufsgruppe, die eine hervorragende pädagogische Ausbildung hat, sozusagen mit einem Handstreich ins Abseits zu stellen. Dagegen verwahre ich mich! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ich bin gespannt, welche Erklärung jene Vertreterinnen und Vertreter, die heute hier von Abschieben in die Horte und sonstigen angeblichen Missständen gesprochen haben – was ich jetzt gar nicht wiederholen will, was aber im Protokoll nachzulesen sein wird –, gegenüber jenen finden werden, die anfragen und sagen werden: Wie war denn das gemeint? Was heißt denn das, dass die Kinder zu uns abgeschoben werden? Was heißt denn das, dass wir keine Ausbildung haben, die eine individuelle und qualitativ hochwertige Betreuung sicherstellt? Warum sagen Sie, dass unsere Qualifikation nicht mit jener der Lehrerinnen und Lehrer bei der Nachmittagsbetreuung vor allem im Bereich der Hauptschulen, aber auch in den AHS gleichzusetzen ist? – Denn auch dort steht nicht die gesamte Ausbildungspalette in allen Fächern in der Lernzeit zur Verfügung. Auch dort steht nicht, wie Sie gesagt haben, für jedes einzelne Fach der ausgebildete Lehrer zur Verfügung. Das ist diesfalls auch gar nicht die Aufgabe der Lehrer. Die fachspezifische Wissensvermittlung soll im Unterricht erfolgen, und bei der Betreuung außerhalb des Unterrichtes ergeben sich ganz andere Erfordernisse.

 

Genau darüber sollten wir diskutieren! Auch im Zusammenhang mit dem Bildungsplan müssen wir darüber nachdenken, wie der Unterricht vor sich geht, was dort eigentlich vermittelt wird und welche Lernformen es gibt. Es sind die Fragen zu stellen: Was vermitteln wir? Soll das vermittelte Wissen mit einem Notensystem bewertet werden, was letztlich zur Selektion führt? Oder bekennen wir uns endlich dazu, dass Unterricht etwas anderes bedeutet, nämlich Qualifikation, Förderung und – um einen Begriff zu verwenden, der allen hinlänglich bekannt sein sollte – Lernen lernen?

 

Ich meine, wir dürfen da nicht ein System, das bekanntlich die modernen Erfordernisse nicht erfüllt und auch die alten nicht mehr erfüllt hat, in ein modernes Bildungssystem hinüber zu retten versuchen, das insgesamt nach ganz anderen Methoden, Inhalten sowie organisatorischen und infrastrukturellen Formen laufen soll. Wenn wir das in der Diskussion fein säuberlich auseinanderhalten, dann werden wir zu einem entsprechenden Ergebnis kommen, ohne auf dem Weg dahin einzelne Berufsgruppen von diesem Platz aus fast zu beleidigen. Das kann ich nämlich bei aller Liebe nicht tolerieren! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wir werden meiner Meinung nach gut daran tun, auch die Nachmittagsbetreuung, die derzeit in den Gymnasien stattfindet, zu durchleuchten, denn dort trifft genau das zu, was ich zuerst erwähnt habe. Und ob diese Form dem entspricht, was die Zukunftskommission als richtungsweisend vorgegeben hat, wage ich zu bezweifeln!

 

Außerdem sollten wir auch noch darüber nachdenken, ob wir das, was das Bundesrahmengesetz jetzt im Bereich der ganztägigen Betreuung vorgibt, tatsächlich eins zu eins unterschreiben wollen. Ich werde das nicht tun, das sage ich hier ganz deutlich! Dort ist nämlich nicht geregelt, wie die Betreuung in Ferienzeiten und an schulfreien Tagen sichergestellt wird, und dort nähert sich auch die Essenbetreuung nicht annähernd Wiener Standards! Erinnern wir uns: Es ist hier darüber nachgedacht worden, in welchen Gasthäusern man essen kann. Und es bleibt die Möglichkeit offen, standortübergreifende Einrichtungen zu schaffen. Es wird also hinsichtlich der Horte ermöglicht beziehungsweise forciert, dass es standortübergreifende Angebote gibt. Und auch die Voraussetzungen betreffend personelle Struktur und zeitliche Struktur sind dort nicht das, was wir unter unseren Wiener Standards verstehen!

 

Ich bin sehr stolz darauf, dass im Bereich des Essens sowohl in unseren Kindergärten und Horten als auch in den Schulen ein Standard erreicht wurde, der international Aufsehen erregt. Und ich würde mir wünschen, dass durch den Druck der Konsumenten auch in allen Gasthäusern der Bioanteil beim Essen dermaßen steigt, denn dann würde sich die Situation insgesamt und vor allem der Bewusstseinsstand der Eltern im Hinblick darauf gravierend verändern, was zu Hause auf den Tisch kommt und wie eingekauft wird. Dann hätten wir auch überhaupt kein Problem mit dem Preisvergleich, dem wir standhalten, denn unser biologisches Anteilsessen ist nicht teurer als das andere.

 

Wer nämlich kritisch einkaufen geht, der weiß, was das eine und das andere kostet und dass es in den Regalen deutliche Unterschiede gibt, und kritische KonsumentInnen könnten blitzartig eine Veränderung herbeiführen, wenn etwas einfach nicht mehr gekauft wird, und damit wäre auch die Preisgestaltung eine andere. Es gibt eine Fülle von Einzelbeispielen und Beweisen, dass wir tatsächlich Systeme verändern können, wenn wir das wollen. Darüber sollten wir auch diskutieren und auf dem Weg dorthin nicht Bestehendes schlecht machen! Das gilt auch für den Verein „Wiener Kinder- und Jugendbetreuung“.

 

Ich bin – das wissen Sie – in allen Bereichen und auch in diesem Verantwortungsbereich sehr gern bereit, Einzelfälle zu prüfen, wenn es Vorwürfe gibt. Aber auch hier warne ich vor Pauschalverurteilungen, weil das sowohl die Verantwortlichen als auch die Beschäftigten und vor allem jene Kinder und Eltern, die in diesen Systemen profitieren, mit einem Schlag in eine Verurteilung

 

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