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Gemeinderat, 54. Sitzung vom 23.06.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 90 von 105

 

um sehr, sehr große Summen zu steigern, innerhalb von 10 Jahren sogar um fast 50 Prozent, und auf Grund der derzeitigen Wirtschaftslage geht das in den letzten Jahren nicht mehr so leicht. Deswegen muss man, glaube ich, auch wertschätzen, dass es unter den gegebenen Bedingungen in einem Bereich, der wie viele andere Bereiche durch Valorisierungen, und so weiter automatisch jedes Jahr teurer wird, eine große Leistung ist, trotzdem hin und wieder Neues zu ermöglichen und das, was das Kulturleben der Stadt Wien in seiner Diversität ausmacht, so weit wie möglich zu erhalten. Das ist eine extrem schwierige Aufgabe, der wir uns, alle Kulturpolitiker dieser Stadt, vor allem jene der Regierung, täglich gegenübersehen, wo wir täglich auch Leuten sagen müssen, es ist leider nicht genug Geld für alle da.

 

Diese Aufgabe ist sehr schwierig zu bewältigen, und die machen wir, glaube ich, gemeinsam sehr konstruktiv. Und trotzdem ermöglichen wir hin und wieder neue Dinge. Ich vergleiche das Kulturleben dieser Stadt immer gerne mit einem sehr, sehr gut eingerichteten Haus, wo man dann die Entscheidung treffen muss, was die Schmuckstücke in diesem Haus sind, die man unbedingt erhalten möchte, und wo man hin und wieder natürlich auch schmerzhafte Entscheidungen treffen muss, indem man sagt, das eine oder andere Möbelstück muss ich möglicherweise rausräumen, damit ich andere hereinbekomme, denn das Haus an und für sich wird nicht größer. Aber das Kulturleben in Wien ist sicher eines der am besten eingerichteten Häuser der Welt – in einer Stadt mit einem Kulturbudget, das rund 2 Prozent des Budgets ausmacht, und wo es natürlich unser gemeinsames Anliegen ist, das Anliegen aller KultursprecherInnen oder aller Kulturpolitiker und Kulturpolitikerinnen, dass dieses Budget steigen sollte, wo immer es möglich ist. Und ich würde mich freuen, wenn wir gemeinsam darum kämpfen, das Kulturbudget zu steigern, weil wir natürlich der Überzeugung sind, dass Kulturpolitik eines der wichtigsten Politikfelder ist.

 

Dies nämlich auch in einem Bereich, den du gerne kritisierst, Isabella: im Bereich dessen, was die Kultur an Potenzial hat, Gesellschaft positiv zu beeinflussen. Und weil ich gerade, weil sie heute Geburtstag hat, von ihr gesprochen habe: Ursula Pasterk hatte den Ruf - und sie hat das ja auch gesagt -, die Kulturpolitik, das Kulturressort zu einem Ideologieressort zu machen. Das ist natürlich für dich etwas ganz, ganz Böses. Du wirfst den GRÜNEN vor, die Kulturpolitik zu instrumentalisieren. Ich stehe dazu, nur: Wir instrumentalisieren sie nicht für Parteipolitik. (GR Armin Blind: „Nein!“, „Niemals!“) Wir wollen tatsächlich das Potenzial von Kultur und Kunst - als Tätigkeitsbereich von Menschen, die besonders viel nachdenken, die besonders viel Neues schaffen, die besonders avantgardistisch sind, die besonders viel auch über gesellschaftliche Missstände nachdenken - nutzen, um die Gesellschaft positiv zu gestalten. Ich glaube, dass wahrscheinlich wenige Bereiche so sehr wie die Kultur und die Kunst in der Lage sind, hier Avantgarde zu bieten, Dinge voranzutreiben und in die Zukunft zu denken. Deswegen halte ich es ja auch für eine gesellschaftspolitisch wichtige Aufgabe, eine vorausschauende, eine erlaubende, eine möglich machende Kulturpolitik zu betreiben und diese auch mit den nötigen Ressourcen auszustatten.

 

Ich beschränke mich jetzt auf wenige Beispiele, wo uns das vor allem im letzten Jahr gelungen ist. Ich habe jetzt keine Lust, jedes Jahr beim Rechnungsabschluss irgendwie alle Dinge neu zu erzählen, wie das manche machen. Wenn etwa meine Vorrednerin hier immer die gleichen Dinge neu aufrollt, die wir alle in diesem Haus schon ungefähr hundert Mal gehört haben, finde ich das ein bisschen langweilig. Ich beschränke mich daher auf jene Dinge, die wir im letzten Jahr vorangetrieben haben. Auch nur beispielhaft sei da ein Bereich angeführt: Wenn man merkt, dass die Budgets knapp sind, dann ist etwas, was man tun kann, Kooperationen anzuregen. Und das haben wir zum Beispiel im Bereich des Theaters ganz aktiv angegangen.

 

Es gibt zum Beispiel eine Kooperation zwischen dem Hamakom Theater und dem Salon5, die sich jetzt schon als äußerst erfolgreich zeigt. Eine weitere Kooperation - die du ohne Begründung kritisiert hast; ich weiß nicht, warum, was dich daran stört - ist die, die letzte Woche vorgestellt werden konnte und an der wir wesentlich mitwirken konnten, nämlich das Zusammengehen von Garage X und dem Kabelwerk. Da ist jetzt eine neue, wirklich sehr, sehr spannende Konstruktion entstanden, wo im Kabelwerk das WERK X die erfolgreiche Arbeit der Garage X weiterführen wird, internationalisieren wird und wo im Zentrum der Stadt in der ehemaligen Garage oder im ehemaligen Ensemble Theater am Petersplatz das sogenannte Diversity Lab gegründet wird oder schon seit einem Jahr betrieben wird. Dort genießen unter der Ägide von Asli Kislal junge Menschen vor allem migrantischer Herkunft eine professionelle künstlerische Ausbildung, und nicht nur das, sondern eine künstlerische Ausbildung, die sich nicht darauf beschränkt, zum Beispiel, was weiß ich, sprechen zu lernen in einer Theatersprache, in einer Bühnensprache, die sich nicht darauf beschränkt, das einfache Handwerk des Theaters zu lernen, sondern die auch zur Reflexion über den eigenen gesellschaftlichen Status einlädt und Künstler und Künstlerinnen dazu einlädt und auch dazu ausbildet, Gesellschaft, sich selbst und ihre Rolle in der Gesellschaft kritisch zu reflektieren.

 

Das halte ich für ein extrem spannendes Projekt. Ich glaube - ja, auch wenn das die rechten Parteien sehr stört -, ich glaube fest daran, dass es eine wesentliche Aufgabe von Kunst und Kultur ist, Gesellschaft kritisch zu reflektieren in Zeiten, in denen wir mit immer mehr Repression zu rechnen haben, in Zeiten, in denen wir damit konfrontiert sind, dass immer größere Gruppen gesellschaftlich diskriminiert sind, mit Rassismus konfrontiert sind, mit Homophobie konfrontiert sind, mit Sexismus konfrontiert sind, und all diese Dinge. Immer wenn wir darauf hinweisen, dann ist das für euch ganz böse, dann ist das für euch etwas, wo ihr sagt, ihr missbraucht das ideologisch. Aber dazu stehe ich: Ja, wenn das ein ideologischer Missbrauch ist, eben auch in der Kunst- und Kulturpolitik Rassismus zu bekämpfen, Sexismus zu bekämpfen, Homophobie zu bekämpfen, Diskriminierung

 

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