Gemeinderat, 26. Sitzung vom 07.09.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 68
das Auto angewiesen sind, wo sie darüber hinaus viele kurze Wege haben, die sie gut zu Fuß erledigen können, und wo darüber hinaus auch das Wiener Radverkehrsnetz ein sehr gutes ist und man auch sehr gut mit dem Rad unterwegs sein kann, gibt es sehr viele Familien, die wirklich kein Auto mehr brauchen, sie haben aber eines. Sie haben eines, weil sie immer wieder einmal mit der Familie einen Ausflug ins Grüne machen wollen oder weil sie zum Beispiel für den Wochenendeinkauf, wenn man viele Dinge zu transportieren hat, ein Auto brauchen. Sie haben eines, weil man es einfach kauft, weil man es in den 90er Jahren und zu Beginn dieses Jahrhunderts ganz einfach kaufte, ohne eigentlich darüber nachzudenken: Ja wie oft werde ich es brauchen, und wie oft wird es in der Garage stehen?
Um es auf den Punkt zu bringen: Statistiken belegen uns eindeutig, dass Privatautos im Schnitt 22 Stunden am Tag stehen. Lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen: 22 Stunden am Tag stehen sie! (Beifall bei den GRÜNEN und von Amtsf StRin Mag Ulli Sima.)
Das bedeutet nichts anderes (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Ihr wollt sie weg... Sagt es!), lieber Herr Kollege Aichinger, als dass man sehr vielen Menschen die Möglichkeit bieten sollte, schlicht nicht ein Auto besitzen zu müssen, sondern sich zu 100 Prozent darauf verlassen zu können, dass sie eines zur Verfügung haben werden, wenn sie eines brauchen. Und mit fixem Carsharing, das man im Vorhinein buchen kann, weiß man, dass man genau diesen Menschen diese Alternative bieten kann.
Das heißt, um es auf den Punkt zu bringen: Jawohl, Carsharing an festen Standplätzen macht gerade im dicht verbauten Gebiet am allermeisten Sinn, denn genau dort findet sich die Zielgruppe derjenigen, die darauf zugreifen werden, am leichtesten, weil sie eben derzeit, wie gesagt, auch am besten von diesem Angebot profitieren kann.
Also abschließend: Nein, es ist nicht eine Phantasterei von irgendjemandem, sondern hier handelt es sich, wie gesagt, um eine Strategie, die weltweit seit vielen Jahren in sehr vielen Städten erprobt wird. Ich lade Sie alle ein, das nächste Mal, wenn Sie in Bern sind, wenn Sie in Padua sind, wenn Sie in Bremen sind, wenn Sie in Vancouver sind, wenn Sie in mehreren amerikanischen Städten unterwegs sind, wenn Sie in Paris sind, wenn Sie in London sind, sich einfach umzusehen und sich dort auch vor Ort ein Bild zu machen beziehungsweise sich mit Kolleginnen und Kollegen in diesen Städten auszutauschen, damit Sie sehen, was es dort alles gebracht hat.
Und sehr wohl kann ich Ihnen versichern, dass in Wien der Einsatz von Carsharing selbstverständlich wissenschaftlich evaluiert wird. Und anhand der Erkenntnisse, die wir erzielen, werden wir wissen, wie wir weiter zu verfahren haben. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Wir haben noch drei Zusatzfragen. Die 2. Zusatzfrage stellt Herr GR Ing Mag Dworak. – Bitte.
GR Ing Mag Bernhard Dworak (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Einen schönen guten Morgen, Frau Vizebürgermeisterin!
Abgesehen davon, dass ein Fahrrad auch 22 Stunden nicht betrieben wird, komme ich jetzt zu meiner Frage: „Car2Go“ zahlt im Jahr 2 544 EUR für das Abstellen im städtischen Raum. Egal, ob sie die Autos in Kurzparkzonen abstellen oder sonst wo, es sind 2 544 EUR. Der Vertrag mit dem Carsharing-Betreiber sieht 1 200 EUR vor. Gleichzeitig sieht der Vertrag vor, dass für die Dauer von 36 Monaten, sprich, 3 Jahren, diese Gebühr erlassen wird. Das ist eine deutliche Ungleichbehandlung von zwei Betreibern, und mir ist bekannt und ich habe gehört, dass die eine Firma gegen die Stadt Wien eine Klage vorbereitet, eben wegen dieser Ungleichbehandlung.
Wie, glauben Sie, halten Sie den Schaden von der Stadt Wien ab?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeister.
VBgmin Mag Maria Vassilakou: Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Mir ist nicht bekannt, dass eine Klage vorbereitet wird. Wir sind im besten Einvernehmen mit der Firma „Car2Go“, und ich wüsste nicht, wie gesagt, dass es diesbezüglich Überlegungen gibt. Ich glaube nicht, dass eine kommt, und dabei will ich es zunächst einmal bewenden lassen. Würde eine derartige Klage kommen, würde ich dem gelassen gegenüberstehen. Die Art und Weise, wie man hier verfährt, ist sehr wohl geprüft worden, nämlich in einer Arbeitsgruppe, die lange an den Kriterien gearbeitet hat, mit denen wir fördern möchten.
Und es sind kluge Kriterien, denn eines ist klar: Die Stadt Wien könnte kein Geld in die Hand nehmen und direkt eine Förderung an private Unternehmen leisten. Das wäre mit hohen Risiken verbunden. Insofern hat man sich eben entschlossen, den Weg zu gehen, die fixen Standorte im öffentlichen Raum zunächst kostenlos - anstatt einer anderen Förderung - zur Verfügung zu stellen und selbstverständlich nach der ersten Phase, die es braucht, um hier sozusagen wirtschaftlich gut unterwegs sein zu können, ohne eine Förderung zu benötigen, dann, nach dem dritten Jahr, die entsprechenden Gebühren einzufordern.
Ich gebe zu bedenken, dass fixes Carsharing lediglich die Gebühr für die Miete auf die Dauer von drei Jahren erlassen bekommt, aber die Kurzparkgebühren sind sehr wohl zu entrichten. Diese sind sehr wohl zu entrichten! Das heißt, der einzige Ort, an dem das Carsharing-Auto keine Gebühren im Sinne von klassischen Parkgebühren entrichtet, ist der fixe Standort. Dafür wäre allerdings, wie gesagt, der Stadt eine Miete zu entrichten, genauso wie eine Miete zu entrichten ist, wenn man zum Beispiel eine Baustelleneinfriedung macht oder wenn man einen Schanigarten aufstellt. Also dort gibt es sozusagen ganz klare Kriterien, wie Privatverträge zwischen der Stadt Wien und Privaten zur Nutzung des öffentlichen Raums abgeschlossen werden können. Aber in der Frage der Entrichtung von Kurzparkgebühren gibt es keinerlei Unterschied zwischen allen Autos, die sich in der Stadt bewegen, und somit besteht auch keinerlei
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