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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 07.09.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 68

 

derner Verkehrspolitik muss ein Gesamtangebot anbieten aus „Car2Go“ - also „free floating"-Systemen, um es jetzt sozusagen abseits der konkreten Firma zu formulieren -, aus fixem Carsharing an fixen Standorten, aus gut ausgebauten, leistbaren öffentlichen Verkehrsmitteln und aus Investitionen in den Radverkehr beziehungsweise Verbesserungen für Fußgänger und Fußgängerinnen, damit wir zu 100 Prozent davon ausgehen können, dass sich möglichst viele dafür begeistern lassen, dass sie entweder das eigene Auto verkaufen, weil sie es ganz einfach nicht mehr brauchen, oder sich gar nicht erst eines zulegen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 1. Zusatzfrage wird von Herrn GR Dr Aigner gestellt. - Bitte schön.

 

9.27.45

GR Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Guten Morgen, Frau Vizebürgermeisterin! Vielen Dank für die Beantwortung. Ich weiß jetzt nicht, ob es Aufgabe einer kommunalen Verkehrspolitik ist, die Menschen dazu zu bringen, gar kein Auto zu kaufen, denn die wirtschaftlichen, volkswirtschaftlichen Implikationen angesichts dessen, dass die Automobilindustrie noch eine europäische Schlüsseltechnologie ist, lassen Sie auch außer Acht. Ob man die Studien aus anderen Städten, dass sich dort das Carsharing so bewährt, dass weniger Autos gekauft werden, eins zu eins auf Wien umlegen kann, weiß ich auch nicht. Das ist auch erst einmal eine Behauptung, und ich möchte schon die Hoffnung aussprechen, dass das auch tatsächlich evaluiert wird.

 

Das Einzige, was jetzt einmal fix ist, ist, dass wiederum auch in dicht verbautem Gebiet, wo ja fixe Carsharing-Plätze errichtet werden, Parkplätze wegfallen. Also das ist die Tatsache, die einmal außer Streit zu stellen ist. Wie viele Parkplätze man sich insgesamt dann einspart, das weiß man ja noch nicht. - Also das ist einmal fix.

 

Und noch ein Weiteres: Es werden ja sehr wohl auch in den dicht verbauten, öffentlich gut angebundenen Bezirken wie der Josefstadt fixe Stellplätze gemacht. Da könnte man sich überhaupt die Frage stellen: Braucht man dort wirklich das Carsharing? Kann man da nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren?

 

Daher meine Frage: Ist das jetzt ein Modellversuch, der auch objektiv evaluiert wird, oder ist das wiederum Ausfluss der von den GRÜNEN propagierten Antiautoideologie?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeister!

 

VBgmin Mag Maria Vassilakou: Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Ganz im Gegenteil! Also zunächst einmal: Es gibt keine Antiautoideologie. Worum es in der Verkehrspolitik, die wir in Wien, so hoffe ich, alle verfolgen, geht, ist, dass man bewusst und verantwortungsvoll und sensibel mit dem Verkehrsmittel Auto umgeht, sprich, eine Selbstverständlichkeit: Wenn man ein Auto braucht, wird man eines nutzen – no na -, wenn man aber eine Fahrt auf anderem Weg erledigen kann, also zu Fuß oder mit dem Rad oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, ist man sozusagen aufgerufen, vielleicht diesen umweltverträglicheren Weg zu wählen, anstatt unbedingt Auto zu fahren, obwohl man es nicht bräuchte - weil das gut ist für die Gesundheit, weil es gut ist für die Allgemeinheit und weil das auch gut ist, und das will ich an dieser Stelle auch betonen, für die anderen Autofahrer. Denn wenn jeder von uns unnötige Autofahrten meidet, bedeutet das zugleich auch Staureduktion, und es bedeutet, dass diejenigen, die mit dem Auto unterwegs sind, weil sie mit dem Auto unterwegs sein müssen, zu einem bestimmten Zeitpunkt schnell ans Ziel kommen. - So viel einmal zum Hintergrund der Philosophie.

 

Jetzt geht es darum, Menschen einmal mehr nicht „dazu zu bringen“, sondern dazu zu motivieren, darüber nachzudenken: Ja, gut, wenn ich ab und zu Auto fahre, aber nicht täglich auf das Verkehrsmittel Fahrzeug angewiesen bin, also wenn ich ab und zu ein Auto brauche, aber nicht täglich, muss ich denn unbedingt ein Auto besitzen?

 

Ich glaube, dass diese Überlegung eine sehr gute ist. Es ist zunächst einmal eine finanziell sehr kluge Überlegung für den Einzelnen, denn eines ist klar: Autobesitz ist teuer. Ein Auto ist teuer in der Anschaffung, es ist teuer in der Erhaltung, es ist teuer im Zusammenhang mit den Spritkosten, es ist teuer im Zusammenhang mit dem Garagenplatz, den man dafür benötigt, und vieles Weitere mehr. Das heißt, wenn eine Familie zum Beispiel auf das Zweitauto verzichtet, dann handelt es sich dabei auch um eine Kostenersparnis für diese Familie, die nicht ohne ist.

 

Ich weiß, dass natürlich Sie jetzt sagen werden, na ja, wie sieht es aus mit den Arbeitsplätzen in der Autoindustrie? - Ich sage lediglich, erstens, diese ersparten Mittel, die eine Familie monatlich mehr zur Verfügung hat - denn wir sprechen hier durchaus von ein paar Hundert Euro monatlich mehr, die man zur Verfügung hat -, fließen ja dann eins zu eins in die Wiener Wirtschaft. Denn wenn die Kaufkraft einer Familie auf diese Art und Weise steigt, dann sichert das auch Arbeitsplätze, und es tut der Stadt auch volkswirtschaftlich gesehen gut.

 

Andererseits, à la longue und in die Zukunft gedacht, wissen wir alle, dass es das Gebot der Stunde ist, viele Arbeitsplätze, die heute in der Autoindustrie gesichert werden - und das ist auch gut so -, à la longue weiterhin zu sichern, etwa durch massive Investitionen in die öffentlichen Verkehrsmittel, die ja genauso Arbeitsplätze brauchen und sichern. Ich glaube, dass ein sehr gutes Beispiel in diesem Zusammenhang etwa die Bombardier-Werke in Wien sind, wo mehrere Arbeitsplätze und darüber hinaus viele, viele Lehrlinge derzeit gesichert werden, die ein Betrieb sind, der gut vorankommt, also der floriert, und die im Übrigen Garnituren für die U-Bahn herstellen, also etwa für die U6, die nicht nur auf der ganzen Welt zur Anwendung kommen, sondern ganz besonders auch hier in Wien. Das heißt, ich meine, dass diese Rechnungen niemals eins zu eins herzustellen sind, und man muss das alles in einem größeren Kontext sehen.

 

Jetzt konkret zu Ihrer Frage. Worum es geht, ist: Gerade im dicht verbauten Gebiet, wo Menschen für ihre täglichen Wege ein sehr gutes Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln vorfinden, das heißt, wirklich nicht auf

 

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