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Gemeinderat, 34. Sitzung vom 04.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 99

 

Angebot an Radverkehrsanlagen zu verbessern, damit man bis 2008 mit rund 30 Millionen EUR den Radverkehrsanteil wird verdoppeln können.

 

Der zweite wichtige Bereich bei einem sinnvollen, vor allem ökologisch sinnvollen Modal Split ist meiner Ansicht nach der öffentliche Verkehr. Hier muss uns bewusst sein, dass wir zwei verschiedene Zustände haben. Im städtischen Bereich, im Kernland Wien, funktioniert die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs hervorragend, es wird laufend an der Attraktivierung gearbeitet, und diese schlägt sich auch beweisbar in den steigenden Fahrgastzahlen der Wiener Linien und in Wien nieder. Anders ist es in der Region und im Umland, dort stagniert leider Gottes die Entwicklung. Aber auf die Entwicklung im Umland sind wir als Wiener auch sehr stark angewiesen, wenn man an die großen Pendlerströme vor allem aus dem Süden, Westen und Norden in diese Stadt herein denkt. Hier geht leider nicht sehr viel voran, was die Errichtung von Park & Ride-Anlagen an den Schnellbahnstationen im Umland in der Ostregion betrifft, und hier passiert leider auch im S-Bahn- und Regionalzüge-Bereich viel zu wenig.

 

Eine dringende Sache für den internationalen Standort Wien ist der Zentralbahnhof, der, wie er jetzt heißt, Bahnhof Wien-Europa-Mitte. Der Ausbau der U-Bahn und der Straßenbahn wurde ja schon erwähnt. Dem möchte ich nur einen Hinweis auf die Straßenbahn hinzufügen: Man kann kaum sagen, dass sie nun eine Renaissance erfährt, weil die Straßenbahn in Wien immer ein wichtiges Verkehrsmittel gewesen ist, aber man wird sich nun auch im Ausbaubereich wieder stärker dieses schienengebundenen Verkehrsmittels bedienen.

 

Ein Bereich von größerer Dimension ist der generelle gesellschaftliche Umgang mit den integrierten Verkehrssystemen. Hier denke ich insbesondere an zwei Bereiche. Das eine ist, Wien verfügt im internationalen Vergleich über ein hervorragendes integriertes System des öffentlichen Verkehrwesens. Das schlägt sich nieder in steigender Effizienz, in steigenden Fahrgastzahlen und auch in einer steigenden Fahrgast-Kilometerzahl und Stationsanzahl. Es ist ein integriertes System aus U-Bahn-, Straßenbahn- und Fuß-Angebot.

 

Nur muss man hier auch sagen, dass auf europäischer Ebene die Liberalisierung in diesem Bereich diskutiert wird. Dem müssen wir als Stadt Wien vehement entgegentreten, weil wir für die Wahlmöglichkeit der Kommunen zwischen direkter Leistungsvergabe und direkter Leistungserbringung eintreten, für den erfolgreichen Weg, den Wien seit Jahrzehnten selbst geht, und den Weg des kontrollierten Wettbewerbs. Wir sind nicht dafür, dass man einer Kommune und einer Region den einen oder anderen Weg vorschreibt, und wir sind nicht dafür, dass bestehende, existierende Systeme durch blindwütige Liberalisierungspolitik unnötig zerstört werden! (Beifall bei der SPÖ.)

 

In diesem Zusammenhang sei auch der Grund erwähnt, warum das Buffet heute im Besprechungszimmer seinen Platz hat: In der Wappensaalgruppe findet die internationale Städtekonferenz LOGON statt, und dort hat gestern einer der Gastreferenten, nämlich der Europaabgeordnete Philippe Herzog - er ist der Berichterstatter zum Grünbuch Daseinsvorsorge - genau ebendiese Position vertreten. Hier zeigt sich außerdem, dass dies nicht nur für Wien gilt, sondern auch für viele andere Städte. Die Frankfurter Bürgermeisterin und Präsidentin des Deutschen Städtetages, Frau Roth - übrigens eine Christdemokratin -, vertritt zum Beispiel ebenfalls diese Meinung.

 

Ein zweiter Punkt des gesellschaftlichen Umgangs mit den Verkehrssystemen ist der Umgang der österreichischen Bundesregierung mit den Österreichischen Bundesbahnen. Ich denke, es ist an einem Tag wie heute unbedingt notwendig, noch einmal zu unterstreichen, dass wir absolutes Verständnis für die Sorgen und Ängste der Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen haben und dass wir hier auch den Weg der Gewerkschaft der Eisenbahner vollinhaltlich unterstützen! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Warum? - Es gab nämlich ein jahrelanges finanzielles Aushungern der Bahn, vor allem in der Ostregion. Ich denke nur daran, wo die Investitionen - wenn sie überhaupt geflossen sind - hingeflossen sind: Koralpe und andere sinnlose Projekte, aber nicht ins Kernland, wo die vielen Menschen sind. Eine Strategie, die hü-hott ist, vor und zurück, mit jährlichem Ministerwechsel, mit widersprüchlichen politischen Angaben und Aussagen, die es dann für ein Unternehmen nicht möglich machen, vernünftig zu wirtschaften, wenn man nicht weiß, was der Eigentümer will, und der Eigentümer einem im Halbjahresrhythmus immer wieder andere Vorgaben macht!

 

Es ist auch zu unterstreichen, dass die Österreichischen Bundesbahnen extrem wichtig für Wien und für die Ostregion sind. Es gilt aber auch, hier noch einmal zu erwähnen, dass, wenn über die Finanzierung der Bundesbahnen gesprochen wird, endlich auch einmal die Chancen-Gleichheit in der Finanzierung zwischen der Schiene und der Straße herzustellen ist. Solange hier eine Chancen-Ungleichheit herrscht, ist es extrem unfair, in diesem Zusammenhang über Finanzierungslöcher zu sprechen.

 

Wofür wir vor allem eintreten, weil die Bundesbahn für Wien so wichtig ist, ist auch, dass es eine vernünftige Unternehmensstruktur gibt. Geeignet zu sein scheint mir ein Holding-Modell, das auch eine Zeit lang vorgeschlagen war, aber jetzt von Gorbach und Kukacka nicht herangezogen wird, nämlich ein Holding-Modell, das es ermöglicht, über Gesellschaften direkt einer zentralen Steuerungsfunktion nachzukommen und so wirtschaftliche und verkehrspolitische Entscheidungen auch für ein Unternehmen zu ermöglichen. Alle anderen Strukturen, die da vier, fünf Gesellschaften vorschlagen, in denen es keine Steuerungsfunktion gibt, dienen nicht einer verkehrspolitischen Offensive, sondern nur der Zerschlagung! Daher gefährdet der Gorbach-Kukacka-Zerschlagungskurs auch die Chancen Wiens in verkehrspolitischer Hinsicht, nämlich sowohl im regionalen Nahverkehr als auch im Hinblick darauf, das Wien ein internationaler Knotenpunkt werden könnte.

 

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