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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 87 von 122

 

Film- und Medienbereich, in Richtung urbane Verantwortung unserer Stadt in Europa oder etwa auch, was die längst überfällige gesetzliche Grundlage für Kunst im öffentlichen Raum betrifft.

 

Meine Damen und Herren! Wir bitten Sie, das jetzt einmal zur Kenntnis zu nehmen. Gleichzeitig sind wir aber, gerade weil wir uns jetzt hoffentlich wieder auf die Kulturpolitik in dieser Stadt konzentrieren können, zu jeder Form der Mitarbeit bereit, und ich würde mich freuen, wenn in diesem Klima in Zukunft auch die Kulturpolitik in dieser Stadt diskutiert würde. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächste Rednerin gelangt Frau GRin Dr Vitouch zum Wort. (Die an das Rednerpult tretende GRin Dr Elisabeth Vitouch - auf das die Redezeit anzeigende Lämpchen weisend -: Es blinkt noch immer rot? Kann man das ...? - Na gut, soll sein!)

 

GRin Dr Elisabeth Vitouch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Frau Vorsitzende! Verehrter Herr Kulturstadtrat! Meine Damen und Herren!

 

Ab und zu sollten wir auch jene, die nichts Gutes an uns finden, maßlos enttäuschen. Ich möchte das gerne tun, und zwar nicht, indem ich noch einmal das historisch höchste Kulturbudget oder die satten Steigerungen auch für das nächste Jahr erwähne, sondern ich möchte nur sagen: Wien ist Kultur, ist Vielfalt, ist Innovation - während ich auf Bundesebene leider Perspektivenlosigkeit und Minimalismuspolitik vorherrschen sehe, selbst bei der Josefstadt, bei der Volksoper, beim Volkstheater. Wien hingegen hat mit dem Beginn einer Neustrukturierung der Wiener Theaterlandschaft eine sehr wichtige Investition in die Zukunft gesetzt. Die Umwandlung des Theaters an der Wien in ein Opernhaus ab 2007 ist ein Meilenstein in der Wiener Kultur, zugleich aber auch ein weiterer Baustein des Kulturraums Karlsplatz, der gemeinsam mit dem ausgegliederten und neu besetzten Historischen Museum, mit der Sezession, mit dem Künstlerhaus, dem Konzerthaus und der Kunsthalle/"project space" den Karlsplatz als einzigartigen Kunstplatz im Herzen Wiens - neben dem Museumsquartier - etablieren soll.

 

Das Kulturleben in Wien - Sie alle wissen es - ist bunt und vielfältig. Hier ist niemand wegen seiner politischen Neigung irgendeinem, und sei es auch nur finanziellen Druck ausgesetzt. Im Gegensatz zur restriktiven und rückwärts gewandten Politik der schwarz-blauen Bundesregierung hat Wien auch innovative und gesellschaftskritische Projekte gefördert, die ein offenes Klima für alle Kulturschaffenden in dieser Kulturmetropole kreieren, und zwar auch im Hinblick auf europäische und internationale Perspektiven. Während die ÖVP vor allem auf Eventkultur setzt, hat die Sozialdemokratie mit der Themensektion Kunst und Kultur einen ständigen Arbeitskreis (Ironische Heiterkeit und Zwischenruf des GR Dr Andreas Salcher.) mit Nachhaltigkeit eingerichtet.

 

Wenn Herr Staatssekretär Morak, der nicht umsonst der "Grasser der Kultur" genannt wird, damit prahlt, dass er sein Budget im vergangenen Jahr um fast 40 Prozent erhöht hat, dann sollte er auch dazusagen, dass es sich bei den 30 Millionen halt leider nur um einmalige Sonderfinanzierungen handelt; und zwar fließen 90 Prozent davon allein in die Kulturhauptstadt Graz! Wollen wir es den Grazern gönnen, aber Wien hat dafür vom Bund seine Kunstfördermittel drastisch gekürzt bekommen, nämlich um 14,5 Millionen EUR, das sind immerhin 12 Prozent! Die Wiener Theater leiden unter 7,2 Millionen Bundeskürzung, und die Filmförderung - das tut mir persönlich Leid - muss mit 40 Prozent weniger vorlieb nehmen. Ist da noch jemand verwundert, wenn die Ankündigung der schwarz-blauen Regierung, Film zu einem ihrer Schwerpunkte zu machen, von uns als gefährliche Drohung aufgefasst wird? (Heiterkeit der GRin Inge Zankl.)

 

Während Sie, Herr StR Dr Marboe, uns mit Kindermuseum, mit Kindertheater und mit Theater in den Bezirken etliche schöne, aber nicht finanzierte Wunschträume hinterlassen haben, haben wir diese Projekte jetzt ausfinanziert und damit auch realisiert. Es gibt ansehnliche Erhöhungen für schon bestehende Einrichtungen wie das Filmmuseum, das Künstlerhaus, die Sezession, Public Netbase, basis wien, Depot, kosmos.frauenraum, Rabenhof, Porgy & Bess und, und, und - um einige nur exemplarisch zu nennen.

 

Damit bin ich auch schon bei meinem Lieblingsthema Kino. "Wien hat es geschafft, das Kino zur schützenswerten Kulturinstitution zu machen." - Wo habe ich dieses Zitat gelesen? - Im neu gestylten "Wiener Journal" - politisch unverdächtig. Dort meint man weiter: "Wer hätte das gedacht, dass ausgerechnet beim Kino erst eine Begriffsklärung notwendig war ...?", nämlich dass Film ein Kulturgut ist, genauso wie Theater, Tanz oder Musik. - Das Zitat lautet weiter: "Klassische Wiener Kaffeehäuser genießen diesen Status schon etwas länger; für zwei Innenstadtkinos, Metro und Gartenbau, ist das mit der Kulturinstitution ein Neuzustand." - Zitat Ende.

 

Nach dem Viennale-Trubel, wo man erstmals mehr als 70 000 Besucher zählte, wurden die Erwartungen der neu gegründeten Betreibergesellschaft Entuziasm GesmbH schon am ersten Wochenende des normalen Spielbetriebs weit übertroffen, als nämlich 1 500 Besucher Karten für Aki Kaurismäkis "Mann ohne Vergangenheit" in Originalfassung im Gartenbau-Kino wollten, das leider nur 736 Plätze hat.

 

Apropos Vergangenheit: Soeben hat auch das Metro-Kino, die neue Spielstätte des Filmarchivs Austria, die Verlängerung einer erfolgreichen Retrospektive bekannt gegeben. Nach mehr als 4 000 Besuchern in den ersten vierzehn Tagen rechnet man bis Ende November, also dieser Tage, mit 7 000 Fans des am 13. November 1922 in Wien geborenen Oskar Josef Bschließmayer, Ihnen allen besser bekannt als Oskar Werner. Also gibt es von 7. Dezember bis 6. Jänner neben den Kinoarbeiten wie "Jules et Jim", "Fahrenheit 451", "Das Narrenschiff" oder "Der Spion, der aus der Kälte kam" auch noch eine kleine Ausstellung mit Fotos und Plakaten des genialen Oscar-Preisträgers. Flyer mit dem genauen Programm

 

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