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Gemeinderat, 7. Sitzung vom 20.11.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 98 von 125

 

Ein Meilenstein in der Entwicklung des Gesundheitswesens ist der Beschluss des Gemeinderats vom 22. November 2000. Ab 1.1.2002 stellt der Wiener Krankenanstaltenverbund eine Unternehmung gemäß § 71 der Wiener Stadtverfassung dar. Dabei ergeben sich gemäß dem gleichzeitig beschlossenen Statut der Unternehmung geänderte Rahmenbedingungen, die im Wirtschaftsplan entsprechend berücksichtigt sind - man muss ihn nur genau lesen. Er war so zu erstellen, dass die Aufwendungen langfristig durch Erträge gedeckt sind.

 

Beispielhaft möchte ich als einige wesentliche Änderungen anführen: Die bisher übliche Abgangsdeckung wird, basierend auf einem internen Übereinkommen zur Finanzierung des Unternehmens KAV mit einer Laufzeit bis 2005, durch einen exakt festgelegten Betriebskostenzuschuss der Stadt Wien ersetzt. Das ist wichtig: Wenn die Budgetzahlen sich ändern, wenn der Staat noch mehr zugreift, dann haben wir das gleich bleibende Budget. Wir sind unabhängig von dem, was sich sonst im Wiener Budget abspielt, und das ist wichtig, denn die Spitäler sind ein großes Unternehmen.

 

Ab 2002 wird auch das Anlagevermögen im Sinne der Handelsvorschriften aktiviert und der bisherige Bruttovoranschlag wird durch den Wirtschaftsplan ersetzt. Gemäß § 15 Abs. 2 des Statuts umfasst der Wirtschaftsplan den Erfolgsplan, den Investitionsplan, den Finanzschuldenrückzahlungsplan und den Finanzierungsplan.

 

Der Investitionsplan für den KAV für das Jahr 2002 sieht eine Steigerung um 8 Prozent vor. Ich möchte hervorheben, dass wir weiter den Neubau des Geriatriezentrums Favoriten forcieren, dass es zu Investitionen im Wilhelminenspital und im Otto-Wagner-Spital sowie zu laufenden Investitionen zur Verbesserung der Bausubstanz und Neuanschaffungen von Geräten kommt. Dies stellt einen enormen Motor für die Wiener Wirtschaft dar.

 

Der Leistungsplan - und das möchte ich jetzt auch noch extra erwähnen, weil Sie das ein paar Mal angesprochen haben - des KAV sieht aber auch in den Fächern Orthopädie und Gynäkologie eine sinnvolle Konzentration von Leistungen vor.

 

Ich möchte jetzt noch etwas auf die Geburtshilfe eingehen. Wie Sie alle wissen, nimmt die Zahl der Geburten österreichweit kontinuierlich ab: in den letzten 30 Jahren von 130 000 Geburten auf nicht einmal 80 000 Geburten. Das führt natürlich zu einer geringeren Auslastung der Geburtshilfe.

 

Weiters wird im Privatbereich die Sectio finanziell wesentlich mehr gefördert als die normale Geburt. Daher haben Sie in Privatspitälern eine Sectiorate von fast 40 Prozent, im Unterschied zu den Gemeindespitälern. Auf welche Art die Frauen sich dazu entscheiden, möchte ich hier nicht näher erörtern. Ich persönlich bin nicht glücklich über diese Entwicklung, denn ich finde, gerade für eine Frau ist eine Geburt ein so großartiges Erlebnis! Natürlich soll es eine Sectio geben, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, das Kind gesund zur Welt zu bringen, aber sie als Routineeingriff durchzuführen, damit, wie manche Gynäkologen sagen, der "love channel" unversehrt bleibt, das finde ich eigentlich sehr vermessen. Ich hätte niemals aus diesem Grund bei mir eine Sectio durchführen lassen.

 

Der Präsident der Wiener Ärztekammer, dem diese Entwicklung auch nicht sehr gefällt, hat bei Verhandlungen mit der Privatversicherung erreicht, dass Sectio und normale Geburt gleich hoch abgegolten werden. Ich nehme an, er bemüht sich in einem weiteren Schritt darum, dass sich das Verhältnis umkehrt, weil die normale Geburt für einen Geburtshelfer wesentlich aufwendiger an Zuwendung zur Patientin und zeitlichem Einsatz ist als eine Sectio, bei der ich sagen kann: Kommen Sie am Samstag um 10 Uhr, um 12 Uhr holen wir operativ Ihr Kind - und er weiß, um 1 Uhr ist er wieder frei, während eine Geburt sich durch Stunden hinziehen kann und viel mehr überwacht werden muss.

 

Und diese privaten Geburten - die mehr kosten -, die finden dann in den öffentlichen Spitälern statt, weil die ständige Anwesenheit bei einer Gebärenden in Privatspitälern nicht immer möglich ist, sodass sich auf diesem Sektor wahrscheinlich einiges ändern wird. Noch kann man das alles nicht abschätzen, aber man sieht die Zahlen in den verschiedenen Spitälern. Dass sich die Verantwortlichen - und gerade die "Hera" gehört nicht in meinen Verantwortungsbereich - dazu entschließen, wenn nicht einmal mehr 200 Geburten pro Jahr stattfinden, zu sagen, damit können wir die Qualität nicht aufrechterhalten, wir verzichten auf die Geburtenhilfe und die Geburten sollen lieber woanders konzentriert werden, ist für mich medizinisch absolut verständlich. Wir werden sehen, wie sich die Geburtshilfe weiterentwickelt, und man wird sicher noch einige geburtshilfliche Betten sperren müssen; dann sieht man, wo die Frauen hingehen und muss Konsequenzen ziehen, damit der Standard erhalten bleibt. Eine andere Möglichkeit gibt es in meinen Augen nicht. 200 Geburten pro Jahr sind für ein Team für die Qualität eindeutig zu wenig.

 

Was ich schon gesagt habe und worauf auch im WIKRAF angespielt wurde, ist, dass ich ein orthopädisches Spital allein auf der grünen Wiese nicht für sinnvoll halte, wiewohl ich natürlich dafür bin, dass die orthopädische Bettenkapazität sogar ausgebaut wird. Aber gerade orthopädische Patientinnen und Patienten sind ältere Patienten, sind oft adipöse Patienten, zuckerkranke Patienten, PatientInnen mit Bluthochdruck und haben öfters schon Herzprobleme oder Schlaganfälle hinter sich. Ich würde niemals empfehlen, diese Patienten in einem Spital fernab von anderen Abteilungen zu behandeln. Ich selbst habe diese meine Klientel dann immer in das AKH oder in das SMZ-Ost überwiesen, wo ich sicher sein konnte, dass die andere Behandlung gewährleistet ist - wobei die operative Qualität in Gersthof hervorragend ist, und wenn es sonst gesunde Patienten waren, habe ich sie

 

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