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Landtag, 6. Sitzung vom 13.09.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 18 von 34

 

gegriffen. In Summe bekommen 75 Prozent der Volksschulen und Mittelschulen Mehrstunden. Viele bleiben gleich, haben die gleichen Stunden wie im vorigen Jahr bekommen, und bei einigen fällt etwas weg.

 

Sie haben gesagt, die Übergangsstunden sind jetzt für dieses Jahr. Das stimmt nicht, das ist für zwei Jahre fix. Der Chancenindex: Ich habe es genauso erwähnt, wie Sie es gesagt haben: Wir brauchen für die Zuteilung der Schulstunden einen Chancenindex für ganz Österreich. Jetzt wurde er für diese Corona-Stunden herangezogen, das ist aber etwas, was wir in Summe brauchen.

 

In Summe wurde hier jetzt noch einmal betont, warum wir so unterschiedliche Ansätze haben. Es geht wieder nur um Beispiele, um Einzelfälle, nie um das große Ganze. Jede Indexschule, die irgendeine Stunde verliert, verliert sie, weil weniger SchülerInnen da sind oder weil Klassen zusammengelegt worden sind. Aus keinem einzigen anderen Grund!

 

Es sind 75 Prozent der Schulen, die mehr bekommen, weil es genau darum geht: Jene Schulen mit einem Chancenindex und auf Grund ihrer sozialen Herausforderungen besser zu bedenken als andere Schulen, die jetzt um Projekte kämpfen, um Projekte, die sie jetzt vielleicht nicht mehr bekommen. Danke. (Zwischenrufe.)

 

Präsident Ing. Christian Meidlinger: Es gelten hier Regeln, und es wurden Zahlen noch einmal dargestellt, die zuerst angezweifelt wurden. Daher war es in meinem Verständnis eine tatsächliche Berichtigung.

 

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Klika. Ich erteile es ihr.

 

10.51.53

Abg. Julia Klika, BEd (ÖVP)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Als Lehrerin an einer Mittelschule in Wien liegt mir das heutige Thema besonders am Herzen, denn es betrifft nicht nur mich, sondern auch einige Kolleginnen und Kollegen von mir. Doch statt einen Rahmen für Schülerinnen und Schüler und unsere Pädagoginnen und Pädagogen zu schaffen, denen es zustehen würde, sorgt Herr Bildungsstadtrat Wiederkehr für immer mehr Unmut, Chaos und Unsicherheit an einigen Bildungseinrichtungen.

 

Heute startet in Wien die zweite Schulwoche, und das sollte eigentlich auch etwas Schönes sein, doch leider wird sie von Unsicherheit überschattet. An vielen Standorten begann das aber auch schon kurz vor den Sommerferien. Denn zwei Wochen vor Schulschluss - und das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: zwei Wochen vor Schulschluss - wurden Schulen mit einer neuen, angeblich transparenten Lehrerverteilung konfrontiert und überrollt. Durch Stellenkürzungen an manchen Standorten mussten Lehrerinnen und Lehrer um ihre Stelle bangen, und das ist definitiv nicht lustig. Lehrerinnen und Lehrer, welche von Kindern, Eltern, Kollegen und den Direktoren geschätzt werden, sich mit vollem Elan an ihren Standorten einsetzen und ihren Job lieben, wurden einfach mit einer Unsicherheit in den Sommer geschickt. Viele mussten sich die Frage stellen: Sehe ich meine Klasse im nächsten Schuljahr wieder oder muss ich mich auf einen neuen Standort einstellen? Ich will mir das wirklich absolut nicht vorstellen, denn ich weiß nicht, wie ich mich dabei gefühlt hätte.

 

Lehrerin zu sein, ist nicht nur ein Beruf, es ist eine Berufung - das kann ich auf Grund meiner persönlichen Erfahrung sagen. Eine Pädagogin oder ein Pädagoge ist nicht nur ein Wissensvermittler, wir sind Bezugspersonen, wir sind Animateure in viel zu vollgestopften Klassen, Freizeitgestalter, Medienprofis, Streitschlichter, Trostspender und vieles mehr. Daher muss die Wiener Stadtregierung - und vor allem Sie, Herr Stadtrat - endlich ein Anreizsystem für Lehrerinnen und Lehrer schaffen. Denn was Sie aktuell machen, ist ja eher ein Vertreibungssystem. Es kommt ja nicht von irgendwo, dass wir in Wien einen Lehrermangel haben oder dass Lehrer in andere Bundesländer abwandern. Aber das haben wir schon von meinem Kollegen Harald Zierfuß gehört. Wien muss mittlerweile Lehrerinnen und Lehrer einstellen, die noch nicht einmal annähernd mit der Ausbildung fertig sind, und das ist schon ein Wahnsinn.

 

Dazu kommt auch noch die enorme Mehrbelastung für Lehrerinnen und Lehrer durch die aktuelle Situation. Klar, die Corona-Situation war für uns alle nicht einfach, und auch Lehrer mussten sich ständig neuen Herausforderungen stellen. Im letzten Schuljahr mussten sich viele Kolleginnen und Kollegen neuen digitalen Aufgabenbereichen widmen, wobei sie von außen kaum unterstützt worden sind. Auch ich habe mir teilweise, obwohl ich sagen würde, dass ich noch relativ jung bin, bei den neuen Plattformen teilweise echt schwer getan. Auch die regelmäßigen Testungen, welche wir natürlich befürworten und die unglaublich wichtig sind, sind ein großer Aufwand und nehmen wichtige Zeit des Unterrichts in Anspruch. Wenn ich mit einer Klasse nur 1 Geographiestunde in der Woche habe und 20 Minuten aufs Testen draufgehen, bleibt dann von meiner Stunde einfach nicht mehr viel übrig. Doch anstatt den Lehrerinnen und Lehrern dafür zu danken, was sie tagtäglich leisten, und sie zu unterstützen, wird ihnen das Schulleben einfach wirklich noch schwerer gemacht.

 

Das zeigt natürlich die aktuelle Aktion der NEOS, welche weder für mich noch für hunderte Lehrerinnen und Lehrer und auch nicht für die Eltern nachvollziehbar ist. Hat man da überhaupt nachgedacht? Man muss sich vorstellen: Verschiedenste Förderangebote sind gefährdet, die in Wien so wichtig für die Schüler wären. Eine besondere Herausforderung gibt es in den Inklusionsklassen, wo es durch die Änderung ja nicht mehr möglich ist, ein Kind mit sozialpädagogischem Förderbedarf doppelt zu zählen, was wiederum dazu führt, dass die Klasse nicht mehr klein gehalten werden kann, sondern wieder größer wird. Und das ist ein Wahnsinn, denn das wäre für die Kinder, aber auch für die Lehrer, die dort unterrichten, wirklich so wichtig.

 

Wir müssen den Lehrerberuf wieder attraktiver machen, Anreize setzen, unsere Lehrer in Wien halten, ihnen Sicherheit geben und ihnen ein sorgenfreies Unterrichten ermöglichen. Unsere Pädagoginnen und Pädagogen gehören zu den wichtigsten Personen in unserem Sozialstaat, denn sie bilden und fördern unsere Zukunft.

 

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