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Landtag, 46. Sitzung vom 25.06.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 79

 

Da sind wir ganz, ganz weit und da sind wir weit davon entfernt, dass man irgendein Medikament versteigert oder dass man sich, falls es im niedergelassenen Bereich wäre, denkt: Jetzt will ich mir den Patienten aber behalten, ich kann keine Chemotherapien verabreichen, aber ich tu den jetzt noch ein bisschen Pulverl schlucken lassen und schau ma mal. - Das ist alles nicht gut. Und die Gefahr droht. In Deutschland gibt es zwei Schienen, da gibt es die onkologische stationäre und teilstationäre Schiene und die Niedergelassenen. Und da weiß ich nicht genau, wo es besser ist. - O ja, ich weiß es schon, im niedergelassenen Bereich besteht schon die Gefahr, dass aus vielleicht pekuniären Gründen mit einer Therapie zu lange zugewartet wird, bevor man diese wechselt und die Patienten in ein onkologisches Zentrum überweist. - Das unterstelle ich einmal, das gibt es immer wieder.

 

Das, was ich schon auch neben den Tumor-Boards für wichtig halte, ist, dass man eine Dokumentation hat. Diese soll in einer Hand sein, damit man immer sehen kann, was derjenige schon gehabt hat, wann das war, ob die notwendigen Untersuchungen gemacht wurden - zum Beispiel muss man bei Trastuzumab alle drei Monate eine Herzechountersuchung machen, um zu schauen, dass keine kardialen Schäden sind, sonst muss man mit dem Medikament aufhören oder ein anderes geben. Das kann ich, wenn ich eine Dokumentation habe, einheitlich ablesen: Wann war das? Wann ist die nächste, und so weiter. Wenn das im niedergelassenen Bereich ist, bin ich mir nicht sicher, was da nicht alles - wir wissen es ja, wie es so läuft - nicht absichtlich, aber unter dem Teppich verschwindet und man weiß nicht mehr, was da los ist.

 

Außerdem müssen natürlich auch die Therapiefortschritte oder -nichtfortschritte dokumentiert werden, und es muss auch regelmäßig geschaut werden, ob derjenige angesprochen hat oder nicht. Das sollte natürlich immer im gleichen Röntgen sein, dass man Vergleichsbilder hat, und so weiter, und so fort. Bei Nichtansprechen muss man halt eine Zweitlinie, Drittlinie, Viertlinie, Fünftlinie - wir haben, Gott sei Dank, auch schon 20 Linien. Menschen mit einem Darmkrebs, die 17 Jahre bei guter Lebensqualität leben, das ist zwar die Ausnahme, aber wunderbar, metastasierter Darmkrebs, das gibt es schon, Gott sei Dank.

 

Da stellt sich für mich schon die Frage, wo da der Benefit sein soll bei einer Auslagerung von einzelnen Verabreichungen in einen nichtdefinierten niedergelassenen Bereich, nämlich bei uns, denn niedergelassene Onkologen gibt es nicht auf kassenärztlicher Basis. Bei den niedergelassenen Onkologen, und da sind wir wieder, da bin ich jetzt ein bisschen böse, beim Vienna Cancer Center, könnte es sein, dass da welche sind, die Geld dafür verlangen, die das privat machen, meistens neben ihrer professoralen Tätigkeit, und das finde ich nicht gut. Ich würde keine zum Spritzen von Trastuzumab in eine private Praxis schicken und in eine allgemeinmedizinische Praxis schon gar nicht, nicht weil die das Spritzen nicht können oder weil das vielleicht ein anderes medizinisches Personal nicht kann, sondern weil die eh überfüllt sind. Wir haben einen Mangel in Wien. Da werden wir nicht noch die Trastuzumab-Patientinnen dort hin verlagern. Außerdem weiß ich aus Erfahrung, dass sehr viele sehr böse werden, wenn wir sagen würden, zur Verabreichung der Spritze müssen sie dort und dort hingehen. Die wollen das größtenteils nicht, denn man kann mit einer guten Planung auch die Wartezeiten sehr verkürzen, indem man zum Beispiel die Trastuzumab-Patientinnen sich mittags auf einmal bestellt, alle spritzt und auf Wiedersehen. Das ist eine gute Planung. Ich glaube nicht, dass man onkologische Therapien sowie in Wirklichkeit auch andere Erkrankungsgruppen, die so kompliziert sind, nach draußen verlagern sollte, auch nicht vorübergehend.

 

Ich möchte in diesem Zusammenhang ein Best-Practice-Modell vorstellen, das wir in Wien schon haben und das den Anforderungen einer evidenzbasierten hämatoonkologischen Betreuung entspricht. Das ist der Hämatologie Gesundheitsverbund, der von der seinerzeitigen Wiener Gebietskrankenkasse und der Stadt Wien gemeinsam etabliert wurde. Die seinerzeitige Wiener Gebietskrankenkasse ist jetzt die ÖGK, Landesstelle Wien - nur zur Information. In diesem Verbund arbeiten Onkologinnen und Onkologen aus dem Hanusch-Krankenhaus stationär, ambulant und in den Gesundheitszentren der Österreichischen Gesundheitskasse eng vernetzt zusammen. Da ist alles gegeben, was ich jetzt beschrieben habe: Erstabklärungen, die auf Grund der vorhandenen Zuweisung und Befundkonstellation - also zum Beispiel sieht man schon, da ist wahrscheinlich ein Eisenmangel, muss also nicht unbedingt als dringend eingestuft werden - einen Termin in den Gesundheitszentren bekommen. Das sind sehr viele, die sich die Spitalsambulanzen ersparen, nämlich alle. Auch aus dem KAV, und deswegen machen wir es auch gemeinsam, SMZ-Ost, AKH, Wilhelminenspital, die gehen nicht dort dann in die Ambulanz, sondern gehen in ein Gesundheitszentrum der Gesundheitskasse, werden dort erstabgeklärt und weiterbehandelt, weil Eiseninfusionen dort gegeben werden können. Niedergelassene machen das nicht.

 

Im Hanusch-Krankenhaus werden natürlich jene sofort abgeklärt, bei denen man sieht, o je, das könnte eine Leukämie oder ein sonstiger Tumor sein oder sonst etwas Schlimmes, die Niere ist schlecht oder so. Da muss gleich etwas geschehen, die werden gleich stationär aufgenommen oder in der Ambulanz abgeklärt und weiterbehandelt. Dadurch macht man auch Platz frei, um im großen Ausmaß, und da sind wir jetzt wieder beim Trastuzumab, Chemotherapien verabreichen zu können, im spitalsambulanten Bereich evidenzbasiert, und wir haben in diesem Gesundheitsverbund eine gemeinsame Dokumentation. Das heißt, ich schaue hinein, es kommt jemand neu aus dem Gesundheitszentrum, der hat sich verschlechtert, muss jetzt bei uns behandelt werden. Dann habe ich die gesamte Geschichte, nämlich die einzelnen Einträge im Block und bin gleich informiert, was bisher geschah. Damit ist eine gute Qualität möglich. - Also das ist wahrlich ein Best-Practice-Modell.

 

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