«  1  »

 

Landtag, 42. Sitzung vom 28.01.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 72

 

Zustimmung zum österreichischen Bundesheer eine sehr große, und ich möchte die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, darauf hinzuweisen, wie wichtig die Arbeit des österreichischen Bundesheeres ist. Es gibt die Notwendigkeit der politisch Verantwortlichen, auch die entsprechenden Ressourcen für das österreichische Bundesheer zur Verfügung zu stellen, um auch diesen wichtigen Beitrag der Friedenssicherung zu leisten. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN sowie von Abg. Mag. Dietbert Kowarik.)

 

Ein Grund war aber sicher auch die unmittelbare Vergangenheit Österreichs. Gerade gestern haben wir den Internationalen Holocaust-Tag begangen. Dieser Tag erinnert an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz und ist damit auch eine Erinnerung an die Verbrechen des NS-Regimes, die vor allem im schrecklichsten Menschheitsverbrechen, im Holocaust, in der Shoah gemündet haben, in dem Versuch, das gesamte europäische Judentum zu vernichten, Roma und Sinti zu verfolgen, Menschen, die andere Lebensentwürfe gestaltet haben, aber auch politisch Andersdenkende.

 

Wir, das offizielle Österreich - es waren auch Landtagsabgeordnete aus Wien mit dabei - haben gestern gemeinsam mit dem Bundespräsidenten a. D. Dr. Heinz Fischer und der neuen Verteidigungsministerin Klaudia Tanner in der Roßauer Kaserne, bei einer der wichtigen Kasernen der Wiener Polizei, aber auch des österreichischen Bundesheeres, eine Ergänzung des Namens vorgenommen, nach zwei Persönlichkeiten, die im NS-Regime Widerstand geleistet haben: Zum einen nach Anton Schmid, der in Wilna als Feldwebel der Wehrmacht vielen jüdischen Menschen das Leben gerettet hat - ich kann Sie alle nur einladen, sich die Dokumentation, die der ORF zusammengestellt hat und die morgen, Mittwoch, das erste Mal ausgestrahlt werden wird, anzusehen, die daran erinnert, unter welch schwierigen Bedingungen Menschen mit großem Risiko ihren Einsatz geleistet haben, um Mitmenschen zu retten -; und zum Zweiten nach Robert Bernardis, einem Offizier der Wehrmacht, aus Österreich kommend, der am Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 beteiligt war und auf brutale Art und Weise hingerichtet worden ist.

 

Irrtümlich wurde gestern darauf hingewiesen, dass er der einzige Österreicher war, der an diesem Attentatsversuch beteiligt war. Das stimmt nicht, ich habe persönlich noch die Gelegenheit gehabt, Major Karl Sokol kennen zu lernen, der ebenfalls an zwei Versuchen beteiligt war, ein selbstständiges Österreich zu retten, zum einen am 20. Juli 1944 und zum Zweiten bei der Operation Radetzky, bei der es darum gegangen ist, die völlige Zerstörung Wiens zu verhindern. Er hat mit Zufall und Glück die Schergen des NS-Regimes austricksen können und er konnte den Zweiten Weltkrieg überleben.

 

Es ist ein Zeichen dafür, dass es Menschen gegeben hat, auf die wir uns nach 1945 berufen konnten, denn die Moskauer Deklaration, die 1943 von den Alliierten Mächten beschlossen wurde, hat vorgesehen, dass die Frage, wie mit Österreich nach Ende des Zweiten Weltkrieges zu verfahren sein wird, auch davon abhängen würde, inwieweit sich Österreich selbst an der Befreiung beteiligt hat. Es war wichtig, dass es diese Menschen gegeben hat, um darauf zu verweisen, dass Österreich auch selbstständig für ein freies - und wie sich später dann gezeigt hat, neutrales - Österreich im Herzen Europas eingetreten ist. Das sollten wir nie vergessen, und das war für viele vor allem der älteren Generation mit ausschlaggebend, sich 1994 zu entscheiden, für ein friedliches, ein gemeinsames Europa einzutreten.

 

In Europa sind Vorleistungen getroffen worden, um zu zeigen, dass Kohle und Stahl, die wichtig für die Kriegsproduktion sind - wegen ihnen sind große Auseinandersetzungen geführt worden - in eine Hand zu legen sind. Das war auch die Wurzel des gemeinsamen Europa. Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die vor allem Frankreich und Deutschland zusammengeführt hat, war in letzter Konsequenz auch mitentscheidend dafür, dass diese wichtigen, kriegswichtigen Kohle- und Stahlsektoren nicht im Kampf gegeneinander eingesetzt werden, sondern im Miteinander für ein gemeinsames Europa.

 

Wir haben dann die Entwicklung verfolgt, die zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft EWG und zur Europäischen Atomgemeinschaft geführt hat. Das waren zweifellos Meilensteine auf dem Weg zu einem Vertrag über die Europäische Union. Und wenn heute junge Menschen, vor allem auch jene, die nach der Jahrtausendwende geboren worden sind, in einem freien, gemeinsamen Europa fernab von kriegerischen Auseinandersetzungen aufwachsen, ist das zweifellos auch auf diesen friedlichen Entwicklungsprozess der Europäischen Union zurückzuführen. Es ist eine Europäische Union, die geprägt ist durch vier Grundfreiheiten, die den Binnenmarkt in der Europäischen Union neu definiert haben, nämlich der freie Warenverkehr, der freie Personenverkehr, der freie Dienstleistungsverkehr und der freie Kapital- und Zahlungsverkehr. Das schafft Möglichkeiten, sich in einem gemeinsamen Europa frei zu bewegen und im Rahmen von Erasmus-Programmen das Miteinander nicht nur zu propagieren, sondern auch zu leben.

 

Trotzdem war neben der Frage der Friedensgestaltung die Themenstellung des internationalen Wettbewerbs wichtig, denn wenn der Anteil der Europäischen Staaten an der Gesamtbevölkerung der Welt zurückgeht und auch die Wirtschaftsleistung Europas im internationalen Vergleich zurückgeht, dann sehen wir, wie wichtig es ist, dass wir auch gemeinsam in den verschiedensten Wirtschaftsbereichen zusammenarbeiten, um in diesem internationalen Wettbewerb bestehen zu können.

 

Trotzdem sollte man nicht verhehlen, dass es auch Rückschläge in diesem Prozess gibt. Der wahrscheinlich gravierendste Rückschritt im Bereich der europäischen Integration ist der sogenannte Brexit, der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Wenn man die Diskussion, die seit 2016 läuft, verfolgt, sieht man, dass es nie darum geht, was der Brexit Großbritannien oder der Europäischen Union bringt, sondern es geht im Wesentlichen darum, darüber zu diskutieren, wie eine Schadensbegrenzung zu erfolgen hat. Das ist, wie ich meine, schon ein Zeichen dafür, dass es eine Entwick

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular