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Landtag, 17. Sitzung vom 29.06.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 63 von 67

 

Wiener Stadtregierung führen und tunlichst vermeiden, Missstände medial aufzuzeigen und zu bringen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Nun zu einem großen Thema im Bericht, das auch in Ihrem Vorwort aufgegriffen wird. Das hat heute noch niemand angesprochen, das ist die unzureichende Versorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Das ist ein ganz großes und wichtiges Thema, das ist schon jahrelang ein Thema. Die FPÖ bringt das immer wieder und thematisiert es. Es wird leider zu wenig aufgegriffen, warum auch immer.

 

Die Mangelversorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie hat mehrere Ursachen. Zum einen haben sich die stationären Betten und die ambulanten Strukturen über Jahre hinweg nicht verändert, vor allem auch nicht im Jahr 2016, nicht einmal unter gemeinsamer Anstrengung der Volksanwaltschaft, der Wiener Patientenanwaltschaft und dem Vertretungsnetz ist es hier gelungen, im Jahr 2016 in diesem Bereich einen Erfolg zu erzielen. Was bedeutet das? - Im Jahr 2016 mussten 163 Kinder und Jugendliche auf der stationären Erwachsenenpsychiatrie aufgenommen werden. In Wien gibt es derzeit nur 56 Betten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Es sind einfach über Jahre hinweg nicht genügend Betten da, und die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen mit psychisch erkrankten Erwachsenen ist eine massiv belastende Situation, meines Erachtens eine extrem unzumutbare Situation, denn es fehlen hier nicht nur altersgerechte Betreuung, pädagogisches Angebot, die Gesellschaft Gleichaltriger, sondern mit der derzeitigen Praxis wird auch geltendes Recht verletzt. Es werden die Rechte der Kinder und Jugendlichen missachtet. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Das wird auch in Ihrem Bericht klar und deutlich aufgezeigt, dass laut aktueller Rechtsprechung des Landesgerichts Wien Minderjährige ein Recht auf getrennter Behandlung in einer Spezialabteilung haben, und es wird auch mit den aktuellen Urteilen der UNO-Kinderrechtskonvention und dem Vorrang für das Kindeswohl begründet, das auch in unserer Verfassung festgehalten ist. Der Oberste Gerichtshof stellt auch weiters klar, dass die Unterbringung in der Erwachsenenpsychiatrie nicht mit Personal- oder Ressourcenmangel gerechtfertigt werden kann. Daher werden die Rechte der Kinder und Jugendlichen massiv verletzt, und es wundert mich, dass die Stadt Wien sich immer als die Menschenrechtsstadt präsentiert, offensichtlich dürfte es Ihnen nicht aufgefallen sein, dass Kinderrechte Menschenrechte sind. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Es wäre von der Frau Landesrätin wünschenswert, möglichst schnell Sorge dafür zu tragen, dass ein rascher Ausbau bei den Bettenkapazitäten stattfindet, auch ein Ausbau der tagesklinischen und ambulanten Versorgung. Eine weitere Aufstockung der Ausbildungsplätze für Kinder- und Jugendpsychiater wäre hier ganz wichtig.

 

Es sind weitere erschreckende Berichte, auf die ich jetzt aus zeitlichen Gründen nicht mehr weiter eingehen möchte, es haben ja schon die Kollegen einige genannt, vor allem der Herr Dr. Koderhold.

 

Abschließend möchte ich mich trotzdem bei der Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft für Ihre Arbeit bedanken, weil auch die Inanspruchnahme der WPPA immerzu steigt. Immer mehr Menschen nehmen das in Anspruch, und es ist ganz wichtig, dass es sie gibt, und ich würde mir wünschen, dass die Frau Patientenanwältin hier ein bisschen medialer in den Vordergrund geht. - (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsidentin Veronika Matiasek: Unsere Rednerliste ist somit erschöpft.

 

Ich gebe der guten Ordnung halber noch bekannt, dass sich ab 15.40 Uhr Herr Abg. Wiederkehr bis Ende der Sitzung aus dienstlichen Gründen für verhindert erklärt hat.

 

Frau Patientenanwältin, ich nehme an, Sie werden das Wort ergreifen.

 

15.54.14

†Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwältin Dr. Sigrid Pilz|: Frau Präsidentin! Frau Landesrätin! Geschätzte Abgeordnete!

 

Herzlichen Dank für diese ausführliche und ins Detail gehende Debatte, die Sie hier zu meinem Bericht abgeführt haben. Ich freue mich auch ganz besonders, dass es den Dank an mein Team gibt, den ich sehr gerne weitergebe. Ich freue mich über die Wertschätzung unserer Arbeit, und ich sehe an den Wortmeldungen, die es gab, dass der Bericht gelesen wurde, vielleicht nicht von jedem, aber jedenfalls von den Abgeordneten, die sich schon im Gesundheitsausschuss damit beschäftigten. Die Anregungen und die Kritikpunkte, die gekommen sind, nehme ich sehr ernst.

 

Ich beginne bei Ihnen, Herr Abg. Gara, kognitive Dissonanz: Ein guter Einstieg in die Kritik, und Sie haben gemeint, die Prioritäten, die ich gesetzt hätte, wären nicht die gewesen, die Sie setzen würden. Sie haben zu Recht darauf verwiesen, dass man Strukturprobleme in den Mittelpunkt stellen muss, bei der Mehrklassenmedizin die soziale Ungerechtigkeit und die entsprechenden Mängel bei der Kindermedizin. Ja, Sie haben recht, das ist ein Thema, das mich beschäftigt, wo alle Schritte unternommen werden müssen, um hier eine Entwicklung abzustellen, die mir Sorge macht.

 

Bei der Mehrklassenmedizin sehe ich eine Tendenz der Verstärkung, Privatmedizin, die es möglich macht, dass die, die genügend Geld haben, sich auch wirklich gute und kundenorientierte beste Versorgung kaufen können. Wir dürfen es nicht dulden und nicht akzeptieren, dass sozusagen dem öffentlichen System die Last der schwierigen, der anstrengenden, der chronischen Erkrankungen, der teuren Behandlungen verbleibt und sich in der Privatmedizin sozusagen das schnelle, gute, profitorientierte Behandlungssystem etabliert. Was über das hinaus noch dringend abzulehnen ist, ist, dass auch Menschen, die es sich nicht leisten können, gezwungen sind, die Privatmedizin in Anspruch zu nehmen, weil es schlicht und einfach nichts vor Ort gibt. Sie haben darauf hingewiesen, wenn man keinen Kinderarzt im 10. und 11. Bezirk findet, das sind nicht vor allem die Leute, die sagen: Ist eh egal, zahl ich halt den Hausarzt fürs Kind, bis es 15 ist, selber. Diese Tendenzen sind also abzustellen, und da ist es für mich schwer zu verstehen, dass die Ärztekammer Projekte wie zum Beispiel das Kin

 

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