«  1  »

 

Landtag, 8. Sitzung vom 30.06.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 61 von 64

 

tät gestalten, wie Sie wollen, auch als normaler Arbeitnehmer. Was arbeitsrechtlich nicht geht, ist, wenn Sie in einem Fahrradgeschäft arbeiten, jemand kommt und will sich ein Fahrrad kaufen und Sie sagen als Angestellter: „Sind Sie deppert, warum fahren Sie nicht mit dem Auto?“ – Wenn Sie das machen, dann fliegen Sie zu Recht raus. (Zwischenruf von Abg. Christian Hursky.) – Sie haben so getan, als ob jemand, der privat mit dem Auto fährt, nicht in einem Fahrradgeschäft arbeiten kann. (Abg. Christian Oxonitsch: Nein, hat er nicht gesagt!) Er darf nur seine private Mobilität nicht über seine dienstlichen Interessen stellen, das ist überhaupt kein Widerspruch. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und NEOS.)

 

Insofern ist das öffentliche Dienstrecht um nichts anders als das private Arbeitsrecht. Dort, wo aber politische Kriterien hineinkommen, dort hört sich der Spaß auf. Und im öffentlichen Dienst sind wir im Bereich von Bescheiden, von Verordnungen, da landen wir auch zu guter Letzt beim Verwaltungs- und beim Verfassungsgerichtshof; und hier geht es auch um Grundrechte. Ein nicht näher definiertes gesamtstaatliches Interesse kann und darf nicht Kriterium dafür sein, dass jemand, der super arbeitet, einfach nicht mehr weiterbestellt wird. Und die Nichtverlängerung ist de facto das Gleiche wie eine Kündigung. Deswegen ist ja die Gewerkschaft auch immer gegen das Auslaufen von Befristungen. Das ist ja genau das, was Sie immer sagen, das Auslaufen möchte man gar nicht.

 

Herr Kollege Hursky, es ist traurig, dass Ihnen ein konservativer, bürgerlicher Politiker erklären muss, wie Gewerkschafts- und Koalitionsfreiheit ausschaut. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und NEOS.)

 

Aber ich mache das gerne, nicht zuletzt, weil die Schule erst morgen aus ist und ich meinen pädagogischen Auftrag auch hier im Landtag wahrnehmen möchte. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

 

Das Recht, Koalitionen zu gründen, ist ein Grundrecht, das auf der Vereinsfreiheit gründet und auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention, sogar weit über die Vereinsfreiheit hinaus, sozusagen noch extra genannt wurde. Es gibt keine offiziellen und keine inoffiziellen Gewerkschaften! (Abg. Mag. Manfred Juraczka: So ist es!) Ein Verein, der sich als Gewerkschaft definiert, muss die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen in seinen Statuten haben, dann ist er eine Gewerkschaft. Er muss auf Grund der internationalen Vorgaben – denn es hat ja in der Geschichte die sogenannten gelben Gewerkschaften gegeben, das sind die unterwanderten Gewerkschaften, die von der Arbeitgeberseite initiiert wurden, von denen man gesagt hat, es ist wie Mäzenatentum, sie sponsern irgendwelche willfährigen Arbeitnehmer – sicherstellen, dass er gegnerfrei ist. Gegnerfrei heißt, es dürfen dort keine Arbeitgeber sitzen, zumindest nicht im gleichen Bereich. Was Sie meinen, ist das typisch österreichische System, in dem die herrschende Klasse sich in den Staat und in alle privaten Bereiche hineingesetzt hat. Es ist Ihnen ja auch gelungen, die Verfassung zu ändern, dass all die Kammern, und so weiter auf einmal zu Staatsnotwendigkeiten werden, was ja an sich auch schon ein bisschen absurd ist. Was ist das für ein Selbstbewusstsein? (Beifall bei FPÖ und NEOS.)

 

Wenn ich als Kammer wirklich wichtig bin, dann brauche ich keine Verfassungsbestimmung, dann muss ich meine Mitglieder so überzeugen, dass sie gar nicht auf die Idee kommen, an meiner Existenzberechtigung zu zweifeln; aber offenkundig hapert es da.

 

Was Sie mit den offiziellen Gewerkschaften meinen, sind die vom Bundeseinigungsamt anerkannten, als Kollektivvertragspartner akzeptierten Koalitionspartner. Und wenn wir uns dann anschauen: Was ist das Bundeseinigungsamt? – Eine Organisation, in der die bestehenden roten und schwarzen Sozialpartner es sich gemütlich gemacht haben und …

 

Präsident Prof. Harry Kopietz (unterbrechend): Herr Dr. Aigner, einen kurzen Moment bitte. Ich lege die Möglichkeit, hier Thematiken zu wählen, sehr breit aus, aber schön langsam bitte ich Sie, wieder zum Gesetz zurückzukommen. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Was ist das sonst, Herr Präsident? Das ist das Thema!)

 

Abg. Dr. Wolfgang Aigner (fortsetzend): Ich repliziere: Es geht um die Koalitionsfreiheit, und ich erlaube mir nur, nachdem Sie Herrn Kollegen Hursky bei seinen großen Theorien über die Koalitionsfreiheit nicht unterbrochen haben …

 

Ich könnte mich auch zu einer tatsächlichen Berichtigung melden: Richtig ist, es gibt keine offiziellen und inoffiziellen Gewerkschaften. Es gibt Gewerkschaften, die Ihnen nicht passen, weil Sie dort nicht die Mehrheit haben. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und NEOS.)

 

Aber deswegen kann man nicht sagen, dass eine Ärztegewerkschaft, die sich außerhalb des bestehenden Systems gebildet hat, nach vereinsrechtlichen Kriterien keine Gewerkschaft ist. Und wenn jemand, und das ist menschenrechtlich unstrittig, eine Gewerkschaft gründet, dann macht er von seinem Koalitionsrecht Gebrauch. Es kann ja nicht sein, dass man nur dann vom Koalitionsrecht geschützt ist, wenn man entweder zur FSG oder zur FCG oder zu sonst jemandem geht. Er hat von seinem Koalitionsrecht Gebraucht gemacht und hat offenkundig deshalb seine Arbeitsstelle verloren. Und das ist ein Skandal! (Beifall bei FPÖ, ÖVP und NEOS.)

 

Präsident Prof. Harry Kopietz: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Ich erkläre die Verhandlung für geschlossen und erteile der Berichterstatterin das Schlusswort. – Bitte, Frau Landesrätin.

 

15.31.21

Berichterstatterin Amtsf. StRin Sandra Frauenberger|: Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Erstens einmal ist diese Dienstrechtsnovelle selbstverständlich sozialpartnerschaftlich ausverhandelt worden. Das heißt, es sind ArbeitnehmerInnenvertreterinnen und -vertreter und DienstgeberInnenvertreterinnen und -vertreter zusammengesessen und haben diese Dienstrechtsnovelle miteinander verhandelt. Danach gab es selbstverständlich eine Begutachtungszeit, diese hat vier Wochen betragen. Ich möchte auch klarstellen, dass es keine Verluste für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Lebensverdienstsumme gibt, dafür haben wir gesorgt, auch durch das Instrument der Wahrungszulage. Wir haben, und das hat Abg. Hursky auch schon ausge

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular