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Landtag, 6. Sitzung vom 31.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 18 von 37

 

gemeinsamer Außenfeind. Und das erlebt man in der Debatte ja auch wieder sehr oft, dass diese Konstrukte in Kampagnen, teilweise in politischen Reden nun teilweise zur Identitätsstiftung herangezogen werden. Da geht es um das Ausspielen bestimmter Bevölkerungsgruppen oder vielleicht auch einen dominierenden Sozialversorgungskonsens.

 

Ich glaube, diese Krise hier jetzt oder diese Diskussion zum islamischen Kindergarten böte auch eine Riesenchance, nämlich tatsächlich einen Diskurs über die Frage des Verhältnisses zwischen Religion und Staat zu führen. Das wäre eines.

 

Das Zweite ist, die Frage nach unserer eigenen Identität zu stellen. Wir verlangen natürlich eine Neutralität, eine gewisse Neutralität gegenüber Religionen, gegenüber Weltanschauungen und Philosophien, insbesondere dann, wenn die öffentliche Hand Geld in die Hand nimmt. Und diese Neutralität gehört auch im Wiener Bildungsplan verankert und zwar explizit verankert. Was Sie im Moment verankert haben, ist das Ziel einer multireligiösen und multikulturellen Gesellschaft. Das ist aber kein Ziel, das ist ein Faktum. Das Ziel muss sein, Brücken zu bauen. In diesen unterschiedlichen Milieus, Kulturen, Religionen, wie sie Städte immer schon hatten, müssen Brücken gebaut werden. Das geht aber nur, wenn man auch eine Debatte darüber führt, wo eigentlich die Fundamente sind. Und ich unterscheide hier ganz explizit Laizismus gegenüber Säkularismus. Eine säkulare Gesellschaft passiert. Die kann auch nicht verordnet werden. Laizismus ist aber etwas, was man als Grundprinzip verankert könnte. Wir haben hier keine Tradition, das muss man bedenken. Es gehört sozusagen in die Verfassung, und es müsste eine wirkliche Tradition geben.

 

Aber man hat jetzt verschiedene Möglichkeiten, und auch weil Sie die Frage gestellt haben, die Abschottung im 19. Bezirk, okay. Jetzt sagen wir, behandeln wir also alle Religionen gleich. Sagen wir, das ist uns eigentlich egal, das sind unterschiedliche religiöse Träger. Das ist natürlich eine Möglichkeit, okay. Eine andere Möglichkeit ist, und das höre ich auch immer wieder, da kommen dann Menschen und sagen, eigentlich gehören islamische Symbole in Kindergärten und Schulen verboten. Viele, die das Argument anführen, spüren schon, dass das möglicherweise grundrechtlich schwierig wird und hängen sich dann ein laizistisches Mäntelchen um. Da gibt es ja offensichtlich jetzt ein „window of opportunity“ neu zu diskutieren.

 

Aber ich möchte hier schon einen Gedanken noch mitgeben. Es stellt sich die Frage, ob man nicht schon zumindest beim Thema Kontrolle unterschiedliche religiöse Träger unterschiedlich auch behandeln kann und soll, und zwar aus folgendem Grund: Wir haben hier, und das ist mein Wertekorsett und mein Grundkonsens und meiner Meinung nach der Grundkonsens in unserer Gesellschaft, natürlich eine säkulare Gesellschaft am Boden der Aufklärung, am Boden des Humanismus, eine liberale, offene Gesellschaftsordnung basierend auf den Grundprinzipen der Antike von Demokratie, aber auch auf den Grundprinzipien und sozusagen der Prägung einer christlich-jüdischen Kultur. Das Ergebnis ist eine gewisse Akzeptanz in diesen Religionen einer Relativität, das heißt, kein Absolutheitsanspruch. Das betrifft auch viele muslimische Strömungen. Ich werfe hier nicht alle in einen Topf. (Zwischenruf von Abg. Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi.) Bitte? Was?

 

Nein, schauen Sie, es gibt natürlich in der Allgemeinheit einen gewissen Grundkonsens einer Relativität der Religion. Und jetzt gibt es manche, und ich sage, wirklich nur manche, weil ich will das nicht in einen Topf werfen, muslimische Gruppierungen, die diesen Relativitätsanspruch nicht verankert haben, sondern natürlich einen Absolutheitsanspruch. Aus unseren eigenen Werten und Fundamenten müssen wir ableiten, dass wir denen nicht mit Toleranz begegnen, weil sie unsere Grundwerte damit in Frage stellen. (Aufregung bei Abg. Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi.) Diesen Diskurs will ich differenziert führen und den müssen wir differenziert führen. Nicht so, wie es die FPÖ macht und der schwarze Appendix (Beifall bei den NEOS.), aber auch nicht so, wie Sie es teilweise machen und sagen, es ist nicht zulässig, so einen Diskurs zu führen. (Abg. Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi: Was Sie sagen, das ist generell!)

 

Was ich damit sagen möchte, ist: Ich will, dass eine stärkere laizistische Idee im Bildungsplan explizit verankert wird. Und ich will selbstverständlich, dass dann, wenn Gelder der öffentlichen Hand zur Hand genommen werden und Trägern gegeben werden, auch kontrolliert wird, ob das eingehalten wird. Ich glaube, das ist das Mindeste, was wir tun müssen. Ich sehe ja auch, dass da was passiert, das ist ja keine Frage. Aber die Augen davor zu verschließen, dass wir das haben, das ärgert mich. Das ist ein sehr schwieriges Terrain, ein rechtlich schwieriges Terrain, ein deshalb auch schwieriges Terrain, weil eine solche differenzierte Debatte, die notwendig wäre, natürlich einer politisch medialen Logik auch heute hier im Landtag oder nicht nur in den Boulevardzeitungen nicht zugängig ist. Aber wenn wir das nicht tun, wenn Sie da nicht hinschauen, wenn Sie diesen Diskurs nicht führen, dann überlassen Sie das Feld diesen Rechtspopulisten und den aktuellen Epigonen der ÖVP! Und das mache ich Ihnen zum Vorwurf! Das ist der Vorwurf, den ich mache. Schauen Sie hin und nicht aus Bequemlichkeit oder aus anderen Gründen, falsch verstandene Toleranz, weg und überlassen Sie dieses Feld einer ganz differenzierten Aufarbeitung, basierend auf dem Fundament der Aufklärung, der liberalen Gesellschaftsordnung, den Grundprinzipien der Demokratie und der Laizität, die in verschiedenen Staaten unterschiedlich ausgeprägt sein kann, wo es eine verschiedene Tradition gibt, und nicht den Rechtspopulisten! Vielen Dank! (Beifall bei den NEOS.)

 

Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächste Rednerin ist Frau Abg. Schwarz zu Wort gemeldet.

 

10.42.54

Abg. Sabine Schwarz (ÖVP)|: Vielen Dank, Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Stadträtinnen!

 

Ich möchte gerne ein wenig auf das Thema Kindergarten auch im Hinblick und auf die Sichtweise zurückkommen, warum wir denn jetzt diese Situation haben und auch die Situation, dass es uns in den Wiener Kin

 

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