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Landtag, 6. Sitzung vom 31.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 17 von 37

 

Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abg. Mag. Meinl-Reisinger zu Wort gemeldet. Ich darf darauf hinweisen, dass ab jetzt eine Redezeit von 15 Minuten gilt. Bitte, Frau Abgeordnete.

 

10.30.36

Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS)|: Danke, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich möchte an einiges anschließen, was gesagt wurde, auch und ganz besonders von meinem Vorredner. Nun ja, also es ist natürlich eine rhetorische Taktik, einem Argument nicht oder einer Aussage nicht argumentativ zu begegnen, sondern die Grundlagen in Zweifel zu ziehen. Ich gebe Ihnen völlig recht, natürlich hat eine qualitative Untersuchung Schwächen, vor allem nämlich in quantitativer Hinsicht, dass es darüber keine Aussagen gibt, wie groß jetzt das Problem ist. Aber es ist eine qualitative Untersuchung. Und ich möchte Ihnen auch was anderes kurz vorlesen, weil ich glaube, der Florian Klenk ist unverdächtig, auch bei Ihnen, immerhin Chefredakteur der linksliberalen Stadtzeitung „Falter“. Und er berichtet von seinen Beobachtungen, das heißt, nach Ihrer Aussage würde das eigentlich auch kein Thema sein oder kein Problem darstellen, weil es ja nicht wissenschaftlich erwiesen ist. Er hat gestern gepostet: „Immer wieder beobachte ich es beim Warten auf den Zug, Wickel, Raufereien, unangenehme Übergriffe, Anzüglichkeiten gegenüber Frauen und durchaus professionell auftretende Polizisten und Securities. Am Westbahnhof und am Gürtel braucht es vor allem in den späten Abendstunden ziemlich dringend offensive Straßensozialarbeit für eine wachsende Zahl von offensichtlich fadisierten und alkoholisierten afghanischen Jungs. Eine fortschrittliche Stadtpolitik sollte dieses Problem und den öffentlichen Raum nicht der Law-and-Order-Fraktion und den Chronik-Reportern der „Krone“ überlassen, sondern sich etwas einfallen lassen.“

 

Warum ich das jetzt hier sage, ist, weil das eigentlich ein genau ähnliches Thema ist bei den islamischen Kindergärten. Wir haben ein Problem, und das wissen wir nicht erst seit der Aslan-Studie. Wenn Sie mit Volksschuldirektorinnen gesprochen haben, ich kenne eine, ich habe mit ihr gesprochen in einem migrantischen Bezirk in Wien, die sagt schon lange, sie weiß es, bei ihr im Bezirk gibt es zwei, drei Kindergruppen oder Kindergärten, und sie hofft jedes Jahr, dass keine Kinder aus diesen Kindergruppen oder Kindergärten zu ihr in die Volksschule kommen, weil sie weiß, dass die Kinder nicht genug Deutsch sprechen und dass sie dort tendenziell abgeschottet werden von der allgemeinen Gesellschaft. Diese Aussagen sind da. Ist auch nicht wissenschaftlich belegt. Aber nur weil es jetzt sozusagen der Wissenschaftlichkeit einer quantitativen Untersuchung nicht zugänglich ist, heißt es nicht, Herr Kollege Gremel, dass wir kein Problem haben. (Beifall bei NEOS. - Abg. Mag. Marcus Gremel: Das habe ich nicht gesagt!) Na ja, schon, das ist eine Taktik, eine rhetorische Taktik. Sie diffamieren sozusagen den Studienautor. Das kann man machen, muss man aber nicht machen. Man kann auch sagen, okay, wir haben hier ein Thema und wir müssen etwas tun. Da bin ich ja ganz bei Ihnen. Wir müssen etwas tun. Und ich bin auch ganz bei Ihnen, dass ich bis auf die Aussage oder eigentlich das Zitat des Herrn Fellner, nämlich den Islam zu verbieten, keine Lösungen von der FPÖ gehört habe. Und ich stelle genauso wie mein Vorredner unserer Fraktion, der Christoph Wiederkehr, die Frage, was eigentlich Ihr Wertefundament ist, wenn Sie sich hier hinstellen und von einer liberalen Gesellschaftsordnung auf dem Boden der Aufklärung sprechen und sich sozusagen freigeistig geben und im gleichen Atemzug aber eine Religion verbieten wollen, dann passt das wirklich nicht zusammen. (Abg. Dominik Nepp: Da haben Sie nicht zugehört! - Beifall bei den NEOS.)

 

Dass wir in den Kindergärten ein qualitatives Thema neben dem quantitativen Thema haben, das es natürlich nach der Einführung des Gratiskindergartens gegeben hat, das ist auch nicht neu. (Aufregung bei Abg. Heinz Vettermann.) Und das Thema ist weiter, als es den islamischen Kindergarten betrifft, ausgelöst natürlich durch den Gratiskindergarten, und das haben sehr wohl auch die beiden Stadtrechnungshofberichte, Herr Kollege Juraczka, im Jänner eindeutig gezeigt. Da ging es um die Anstoßfinanzierung, und da ist mehr oder weniger gesagt worden, dass in der Goldgräberstimmung nach der Einführung des Gratiskindergartens wirklich jeder, so hat man das Gefühl gehabt, teilweise sogar über Telefon eine Anstoßfinanzierung - (Abg. Heinz Vettermann: Na ja, nein!) na das steht im Rechnungshofbericht drinnen - bekommen konnte. Und das ist natürlich nicht in Ordnung. Dass jetzt sozusagen in der vielleicht schönen, heilen Welt mancher Eltern die Idee einer elterngeführten Kindergruppe eine feine Sache ist, ist auch keine Frage. Aber dass das natürlich in der Realität beispielsweise in Favoriten eine Chance auf Abschottung bietet, ist, glaube ich, auch durchaus zu diskutieren. Es wurde ganz offensichtlich zu wenig kontrolliert. (Abg. Mag. Rüdiger Maresch: Warum in Favoriten und nicht im 19., zum Beispiel?) Okay, das ist eine interessante Frage, auf die gehe ich dann gerne ein. Ganz offensichtlich wurde zu wenig kontrolliert. Und ich sage Ihnen hier auch: Ein Schelm, der auf die Idee käme, dass hier die Verwaltung mitgespielt hat, warum auch immer.

 

So, jetzt haben wir den Salat. Jetzt haben wir natürlich eine Hetze und Panikmache, wie wir sie immer erleben. Aber es hat die gleiche Mechanik der Diskussion, die eben auch Florian Klenk hier aufgreift. Städte in der Geschichte waren immer schon ein Magnet für Menschen verschiedenster kultureller Prägungen und auch verschiedener Religionen. Der Common Sense von Städten war: Stadtluft macht frei. Das heißt, es gibt vielleicht einen gemeinsamen Leitgedanken, eine gewisse Nutzengemeinschaft rund um einen Markt und der Freiheit von Obrigkeit. Aber es gab natürlich immer schon in diesem gemeinsamen Leitgedanken unterschiedlichste soziale und kulturelle Milieus. Aber es ist die Frage nach einem Grundkonsens auf Identität zu stellen, und da frage ich mich, ob nicht diese Debatte, wie sie geführt ist, auch nicht Ausdruck dessen ist, dass uns dieser Grundkonsens auf Identität ein Stück weit verloren gegangen ist. Es fehlt möglicherweise ein soziales Ziel oder ein

 

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