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Landtag, 26. Sitzung vom 27.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 75

 

jetzt ist, reicht es nicht aus. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Diese mangelnde inhaltliche Determinierung ist ein Grund, warum wir diesem Landesgesetz heute nicht zustimmen werden. Ein zweiter Grund ist, dass die Unternehmen der Gemeinde Wien, nämlich auch die, die im privaten Bereich tätig sind, ausgeschlossen sind von diesem Spekulationsverbot. Heute ist ein Antrag eingebracht worden – wir werden diesem Antrag auch zustimmen –, dass diese Unternehmen, nämlich auch die, die im privaten Bereich tätig sind, unter bestimmten Bedingungen sehr wohl in das Spekulationsverbot aufzunehmen sind. Das ist ein großer Kritikpunkt auch vom Präsidenten des Staatsschuldenausschusses, der sinngemäß Folgendes sagt: Was passiert, wenn diese Unternehmen spekulationsbedingt ein Defizit haben oder ein Minus machen? Wer zahlt das dann? Ja, der Steuerzahler zahlt es am Ende, wir alle zahlen es! Und aus diesem Grund sind auch öffentliche Unternehmen, die im privaten Bereich tätig sind, in das Spekulationsverbotsgesetz aufzunehmen.

 

Ein dritter Punkt, um nicht zu sagen, ein Hauptpunkt, warum wir diesem Gesetz nicht zustimmen können, ein ganz fundamentaler und wichtiger Punkt ist, dass dieses Gesetz ohne ein entsprechendes Haushaltsrecht, das Vermögen und Schulden in einer entsprechenden Form aufzeigt, zahnlos ist. Wir haben einen Antrag auf Übernahme des neuen Haushaltsrechtes des Bundes nach „international public sector accounting standards“ bereits im Dezember des letzten Jahres eingebracht. Wir haben das damals gut begründet und Sie haben unseren Vorschlag abgelehnt. Ganz abgesehen davon, dass unsere Fraktion auch schon vorher Anträge für ein Spekulationsverbot eingebracht hat, die von Ihnen abgelehnt wurden. - Aber bitte, ich gestehe Ihnen zu, das heute vorliegende Spekulationsverbot ist ein erster positiver Schritt, ein Schritt in die richtige Richtung, wenngleich nicht weitreichend genug und nicht entsprechend klar definiert.

 

Dennoch, der wesentliche Kritikpunkt von unserer Seite bleibt das Haushaltsrecht. Die Gemeinde Wien hat derzeit das Haushaltsrecht der Kameralistik, das nicht mehr als eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung ist, also ein Soll-Ist-Vergleich budgetierter Einnahmen und Ausgaben. Dieses Haushaltsrecht ist nicht ausreichend, um einen entsprechend aussagekräftigen Überblick über die tatsächliche Vermögens- und Schuldenlage der Gemeinde zu geben. Zur Erläuterung dazu darf ich den Rechnungshofbericht 2010/6, Finanzierungsinstrumente der Gebietskörperschaften, Schwerpunkt Wien, heranziehen. Ich zitiere aus diesem Rechnungshofbericht über die mangelnde Eignung der Kameralistik für die Haushaltssteuerung:

 

„Die Kritik an der Kameralistik gibt es unter anderem, weil sie über die tatsächliche finanzielle Lage einer Gebietskörperschaft, das heißt, über den Jahreserfolg beziehungsweise die tatsächliche Höhe von Vermögen und Schulden einschließlich der ausgegliederten Organisationseinheiten, keine hinreichenden Informationen liefert. Darauf basierende politische Entscheidungen stützen sich deshalb vielfach auf eine unzureichende ökonomische Grundlage. Es besteht die Gefahr, dass mehr Lasten an zukünftige Generationen weitergegeben werden, als in den kameralistischen Darstellungen transparent gemacht werden.“

 

Das genau ist der Grund, warum man raus muss aus diesem System der Kameralistik und hinein in ein modernes System der Haushaltsrechnung, das übrigens auch von der Europäischen Union so vorgesehen ist und das auch der Bund mit 1.1.2013 bereits umgesetzt hat. (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Das stimmt nicht!) Die Gemeinde Wien braucht eine neue Haushaltsrechnung, ein transparentes und übersichtliches System der Haushaltssteuerung, wo es einen Ergebnishaushalt, einen Finanzierungshaushalt und einen Vermögenshaushalt gibt, wo es umfangreiche Ansatz- und Bewertungsvorschriften gibt und jedes Jahr ein Jahresabschluss gelegt wird. Ebenso braucht Wien eine mehrjährige Finanzplanung.

 

All das sieht die EU vor, all das lebt uns jetzt auch der Bund vor, nur in Wien wird es leider nicht umgesetzt, und deshalb können wir diesem Gesetz heute auch nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg Mag Duzdar. – Bitte schön.

 

14.11.00

Abg Mag Muna Duzdar (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Wir haben heute ja schon viel über Europa gehört, und ich glaube, jeder und jede von Ihnen können bezeugen, welche Bereicherung das Rederecht der europäischen Abgeordneten für diesen Wiener Landtag ist. Europa ist ein Thema, das uns alle beschäftigt, und ich glaube, mit dem Rederecht der europäischen Abgeordneten zeigen wir auch einmal mehr, wie wichtig es ist, dass Abgeordnete auf den verschiedensten Ebenen zusammenarbeiten und kooperieren, weil wir auch sehen und wissen, wie weit weg Europa für viele Menschen ist, und weil wir auch wissen, wie komplex eigentlich die Europäische Union ist und wie schwer es manchmal ist, diese komplexen Abläufe zu durchschauen und zu erkennen, wie sehr sich die Europapolitik auch auf die Kommune auswirkt. Und insofern, glaube ich, setzt der Wiener Landtag ein sehr, sehr wichtiges Zeichen mit dem Rederecht der europäischen Abgeordneten.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Sie ja wissen, beschließen wir heute ein Landesgesetz – der Name wurde schon genannt: risikoaverse Finanzgebarung –, und hier möchte ich auch in aller Deutlichkeit sagen, dass Wien immer einen sicheren Weg der Finanzgebarung gegangen ist, dass Wien im Umgang mit der Veranlagung von Geldmitteln stets restriktiv gewesen ist. Und wenn wir heute dieses Gesetz beschließen, dann nur, um den bisherigen Weg zu bestätigen und um ein Bekenntnis zum Spekulationsverbot von öffentlichen Geldern abzulegen.

 

Anlass für dieses Gesetz ist, wie Ihnen bekannt ist, natürlich auch die Finanzkrise, die deregulierte Finanzwirtschaft und die deregulierten Finanzmärkte, die uns ja

 

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