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Landtag, 18. Sitzung vom 22.11.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 74

 

die Kredite gegeben und damit auch gut verdient, sogar sehr gut verdient haben, herangezogen. Es werden die Staaten herangezogen, wenn man jetzt den Schuldenschnitt propagiert. Das heißt, wir zahlen, wir zahlen wieder! (Abg Ernst Nevrivy: Ihr Parteiobmann ...)

 

Herr Kollege, ich weiß nicht, ob Sie es begreifen, wie das mit dem Schuldenschnitt ausschaut. Aber vielleicht lassen Sie sich einmal einweisen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Nein, das geht nicht immer alles mit dem Messer und mit dem Rausrennen. Schauen und lesen Sie einmal nach, Herr Kollege! (Abg Christoph Peschek: Kärnten!) Es ist aber interessant, dass sich die SPÖ da zum Bankenverteidiger aufschwingt. Ihr habt ja eure meisten Banken schon verwirtschaftet, wenn ich an die BAWAG denke. (Beifall bei der FPÖ. - Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Unsere Bundesregierung spielt dabei mit. Nicht, weil sie - nehme ich zumindest an - so begeistert darüber wären, sondern weil sie nicht wissen, was sie tun sollen, um vielleicht noch über die Runden zu kommen, so wie auch in Deutschland die schwarze Bundesregierung hofft, über die Runden zu kommen, bevor die Wahlen sind. Ich fürchte, es wird Ihnen nicht gelingen. (Abg Kathrin Gaal: Na, schauen wir einmal!) Ja, wir werden schauen, sehr richtig! Der Bürger wird entscheiden, und ich bin da recht zuversichtlich. (Abg Kathrin Gaal: Genau! Nicht Sie, ja!)

 

Wir kommen aber zum Vertragsinhalt selbst. Das Ganze läuft ja seit Juni 2010, als man gemerkt hat, dass sich die Staatsschuldenkrise keineswegs gelöst hat, sondern fortsetzt, und vor allem auch - neben Griechenland - damals Irland und Portugal betroffen waren. Wegen des frühen Auslaufens des EFSF, über den wir ja schon gesprochen haben und der jetzt zum Problem wird, weil er im Frühjahr 2013, im Juni 2013, glaube ich, ausläuft, muss man andere Wege finden. Da hat man den ESM als, wie es hieß, Ausdruck der Solidarität innerhalb der Europäischen Union eingeführt, was de facto zu einer Vergemeinschaftung der Schulden führt.

 

Was heißt das: Vergemeinschaftung der Schulden? Alle Schulden in einen Topf, und alle zahlen. Fünf oder sechs Nettozahler zahlen für zehn oder zwölf, und wenn es schlimm wird, für noch mehr andere. (Abg Kathrin Gaal: Damit für uns alle!)

 

Welche Auswirkungen könnte das haben, meine Damen und Herren von der SPÖ, aber auch von der ÖVP? Stellen Sie sich vor, Griechenland geht in die Pleite - und das schreiben schon viele! Vorige Woche waren wir in Brüssel, da haben schon europäische Zeitungen über die Griechenland-Pleite geschrieben. Unsere Haftungen aus dem ESM würden schlagend: 18,5 Milliarden schlagend! Die müssten wir unmittelbar auf dem Kreditmarkt aufnehmen; aber nicht nur die Österreicher: die Deutschen 190 Milliarden, die Franzosen 52 Milliarden, glaube ich, und so weiter. Ja, was glauben Sie, was auf dem Kreditmarkt passieren würde? Die Zinsen würden ins Unendliche hinaufschnalzen, Herr Kollege Nevrivy. (Heiterkeit bei Abg Christoph Peschek.) Das ist eine Problematik, ja, begreifen Sie das vielleicht einmal! Beschäftigen Sie sich einmal ein bisschen mit etwas anderem als mit Mitgliedsbeiträgen bei der Gewerkschaft, die immer weniger werden, weil weniger Leute zu Ihnen hingehen. (Beifall bei der FPÖ. - Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Mit dem ESM sollen zahlungsunfähige Mitgliedsstaaten der Eurozone finanziell, heißt es, unter Einhaltung wirtschaftspolitischer Auflagen - Art 13 im Vertrag - mit Krediten der Gemeinschaft unterstützt werden; wesentliche Instrumente: Notkredite, Bürgschaften und so weiter. Diese Länder - wäre Voraussetzung Art 12 -: ein makroökonomisches Anpassungsprogramm umzusetzen und tiefgehende Analysen über die Nachhaltigkeit ihrer Staatsschuldensituation zu unternehmen.

 

Wie ernst das gemeint ist, sehen wir jetzt ja genau in Griechenland, wo sie von einer Verhandlung mit der Troika zur anderen hinüberhoppeln, wo man am Anfang davon geredet hat: Ja, die Auflagen müssen erfüllt werden, streng erfüllt werden, wir werden kontrollieren, ob zum Beispiel diese Kündigungen von unzähligen Staatsdienern - Sie müssen einmal anschauen, wie viele Staatsdiener in Griechenland auf eine Person kommen und wie viele in anderen Staaten - durchgeführt werden. - Nichts hört man mehr davon, nichts mehr! Es wird aufgeweicht und nur noch nach Wegen gesucht, wie man das Ganze vielleicht doch noch bis ins nächste Frühjahr hinüberschupfen könnte.

 

Die Problematik ist natürlich mordsmächtig groß, weil dadurch neue Schulden entstehen, und zwar nicht nur diese 33 Milliarden, die durch eine Verlängerung entstehen würden - und 33 Milliarden sind ja gar nichts, nicht?, nämlich zusätzlich 33 Milliarden! -, sondern auch noch viel mehr aus den Folgekosten, meine Damen und Herren! (Abg Kathrin Gaal: Dann will jetzt der Herr Jung Europa retten! Sagen Sie das einmal!)

 

Liebe Frau Kollegin! Erstens einmal: Ich will nicht Europa retten, ich will Österreich retten! Das einmal voraus. (Zwischenruf von Abg Kathrin Gaal.) Nummer 2, Frau Kollegin, haben Sie seit ewigen Zeiten in der Bundesregierung dieses Land ja ohnehin schon in die miese Situation von über 80 Prozent Staatsverschuldung hineingetrieben, dass wir mit uns selber schon genug zu tun haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist die Realität: Wir zahlen ja schon Zinsen über Zinsen, Frau Kollegin! (Anhaltende heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Präsident Johann Herzog (unterbrechend): Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich ersuche um Beruhigung der Situation.

 

Abg Mag Wolfgang Jung (fortsetzend): Sie können ja die Frau Finanzministerin ablösen. Vielleicht sind Sie in der Bundesregierung richtig, Frau Kollegin. (Abg Kathrin Gaal: Aber Sie machen das! Sie machen das! - Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Woher kommt jetzt das Geld? Grundausstattung des ESM: 700 Milliarden, davon sind etwa 500 Milliarden EUR operativ. Die Eurostaaten zahlen anteilig; Österreich - das habe ich schon erwähnt - 19,5 Milliarden, davon heuer noch 890 Millionen EUR. 890 Millionen, die wir heuer, auch wenn Griechenland nicht pleitegeht, schon einmal einzahlen müssen. Einzahlen, aber ungesichert, meine Damen und Herren! (Heiterkeit bei Abg

 

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