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Landtag, 18. Sitzung vom 22.11.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 74

 

Christoph Peschek.)

 

Das ist nicht zum Lachen, Herr Kollege. Ungesichert - denn wenn einer der Vertragsstaaten nicht in der Lage ist, diesen Beitrag, der ihm auferlegt wird, zu zahlen, zahlen alle anderen mit! Dann zahlen alle anderen mit. Und da gibt es ein paar von den Vertragsstaaten, die bröseln, und auch etliche, die schon erklärt haben aus ihrer eigenen wirtschaftlichen Lage heraus, vor allem kleinere: Wir werden nicht mitmachen! (Abg Ernst Nevrivy: ... erklären! Sie verstehen das nicht ...) Mein Gott, der Kollege Nevrivy, der Finanzmann in Reinkultur da hinten! (Abg Barbara Novak: Der Herr Jung ist ein Finanzfachmann?) Also ein bisschen mehr als der Nevrivy verstehe ich, das traue ich mir zu. (Abg Barbara Novak: Das glauben Sie! - Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Nun denn, es sei. - Diese Situation ist gegeben: Wenn die nicht zahlen können, zahlen wir mit.

 

Nächster Punkt und nächstes Problem: Diese Grundeinlage von 700 Milliarden kann - so steht es im Vertrag - im Gefahrenfall endlos - endlos! - nach oben erhöht werden. Es gibt keine Obergrenze, und auch hier können die Parlamente umgangen werden. Das wissen alle, die sich damit befasst haben, da (in Richtung SPÖ) dürften es ja relativ wenige sein, bei den GRÜNEN vielleicht ein bisschen mehr. Alle, die sich damit befasst haben, wissen, dass hier keine Obergrenze besteht und dass man am Parlament vorbei, quasi mit Notverordnungen durch die Gouverneure, eine Erhöhung ... (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Das stimmt ja nicht! - Weitere Zwischenrufe.)

 

O ja, Herr Kollege! Jetzt kommen Sie mit dem alten Schmäh. Man kann auch mit dem Gouverneursrat und an den Parlamenten vorbei eine Erhöhung in einem unbegrenzten Ausmaß beschließen, das ist die Realität. Die Parlamente können - ich sage nicht, dass sie es tun, aber die Möglichkeit ist da. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

 

Jetzt frage ich Sie, weil Sie lachen: Wer von Ihnen würde denn einen solchen Vertrag unterschreiben, wo die Summe jederzeit erhöht werden kann, ohne dass Sie ein Mitbestimmungsrecht haben? Wenn Sie sagen, ich, na, dann danke schön, liebe Frau Kollegin! Ich würde das als Familienvater sicherlich nicht wollen, einen derartigen Vertrag zu unterschreiben, meine Damen und Herren.

 

Das ist eine Problematik von unzähligen. Dazu kommt, dass die Herren, die diese Verträge verwalten, völlige Immunität auf Lebenszeit haben. Der Herr Kollege Strasser hat einen Fehler gemacht, er hätte dort hingehen sollen ins Management. Völlige Immunität auf Lebenszeit und Geheimhaltung sämtlicher monetärer Vorgänge - und das unterzeichnen Parlamente, meine Damen und Herren! Das unterzeichnen Parlamente, die zur Kontrolle der Regierungen da sind. Das ist ja schon schlimmer als bei uns in Wien, wo man nur auslagert, damit wir nicht kontrollieren können, meine Damen und Herren. So ist die reale Situation! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Weil Sie bezweifelt haben, dass Staaten ausfallen können: Vom IWF und von der OECD gibt es bereits offizielle Warnungen vor solchen Ausfällen auch größerer Eurostaaten. Damit ist Frankreich gemeint - und wenn irgendjemand von Ihnen es in den Zeitungen mitverfolgt hat: Frankreich hat man vorgestern das Triple-A entzogen. Das ist nicht so ohne, das heißt, die Kredite für Frankreich werden teurer, und Frankreich als zweitgrößter Einzahler ist im Schleudern. (Abg Dipl-Ing Omar Al-Rawi: Das hat nichts damit zu tun!)

 

Herr Kollege Al-Rawi, das hat nichts damit zu tun? Das Triple-A hat nichts mit den Zinsen zu tun? Jetzt hören Sie aber bitte auf! Das glaube ich Ihnen nicht, dazu sind Sie zu intelligent, Herr Kollege Al-Rawi. (Abg Marianne Klicka: Was Sie für Auslegungen haben! - Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist nicht der Fall.

 

Meine Damen und Herren! Dazu kommen natürlich ein paar kleinere Sachen, die bei den großen Beträgen nichts mehr ausmachen, wie etwa die steuerfreien Phantasiebezüge der rund 100 Mitarbeiter. Die Chefs verdienen mehr als die deutsche Kanzlerin, sogar mehr als unser Bundeskanzler, denn der bekommt ja mehr. Sie haben, wie gesagt, die totale Immunität und die Verschwiegenheitspflicht. Und: Der ESM soll zusätzlich - denn auf ein paar Milliarden kommt es ohnehin nicht mehr an - die Verpflichtungen und Haftungen aus dem EFS übernehmen.

 

Weiters problematisch, meine Damen und Herren: Die EZB, die Europäische Zentralbank, kauft weitere faule Staatsanleihen. Das ist ja nur ein Verstoß gegen das No-Bail-out-Abkommen, das ist ja wurscht! Bei uns wird jeder kleine Händler belangt. Aber wenn dort mit Milliardenbeträgen (Abg Mag Dietbert Kowarik: ... versteht er ja nicht! Und Peschek auch nicht!) klar über die Verträge drübergegangen wird, sich niemand darum schert - ja wo ist denn der Protest? Wo sind die Leute, die sich dagegen wenden? Wo sind Sie, meine Damen und Herren Sozialdemokraten und Sie von der ÖVP, die sonst auf Vertragseinhaltung pochen? Nichts - nichts hört man! Das ist zutiefst unmoralisch und ein mieses Vorbild für den normalen Bürger. Das kann nicht bestritten werden. Es gibt im Übrigen mittlerweile schon über 60 Vertragsverletzungen bei der ganzen Geschichte.

 

Es gibt auch wiederum Zusagen in Massen, und es gibt Ableugnungen dann, wenn es kritisch wird. Nur halten tut das Ganze nicht. So hat unsere Finanzministerin ja noch im Juli gesagt: keine Zustimmung zu gemeinsamer Haftung für Schulden und Risiken. - Na ja!

 

Was geschieht hier jetzt wirklich, wiederum aus lauter Verzweiflung? Die Bremsen für die Pleiteländer werden gelockert, neue Schulden zeichnen sich ab. Warum? - Weil die Regierungen dem Druck der Straße nicht standhalten oder nicht standhalten können.

 

Jetzt gibt es noch etwas, das ist ganz neu. „Frankfurter Allgemeine“ mit gestrigem Datum: „Nach der Herabstufung Frankreichs durch die Rating-Agentur warten Investoren an den Kapitalmärkten darauf, ob in Kürze nun auch die Europäische Finanz-Stabilisierungs-Fazilität, also der EFSF, und der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM von Moody's herabgestuft werden.“ - Und dann geht das weiter. (Zwischenruf von Abg Ernst Nevrivy.)

 

Wissen Sie, Herr Kollege Nevrivy, was das bedeutet?

 

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