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Landtag, 13. Sitzung vom 25.05.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 48 von 62

 

zu stehen. (Abg Heinz Hufnagl: Vielleicht ist die ÖVP zu lange als Raubritter auf der Straße gestanden!) Aber wir stehen mit sehr vielen Aktivisten und wir werden das schon schaffen. Aber 5 Prozent der Wahlbevölkerung für eine Volksbefragung! Stellen Sie sich das einmal umgerechnet auf das Ergebnis einer Gemeinderatswahl vor, 5 Prozent der Wahlberechtigten! Jetzt haben wir eine Wahlberechtigung von vielleicht 60 oder 70 Prozent. Das heißt, da müssen Bürger dahinterstehen, die in der Größenordnung in etwa für acht bis zehn Mandate sorgen! Das muss man sich einmal vorstellen! Eine Fraktion in der Größenordnung von acht bist zehn Mandaten müssen Bürger zusammenbringen, damit es zu einer Volksbefragung kommt! Und dann gibt es eine Volksbefragung, die noch nicht einmal verbindlich ist, so, wie Sie sich das vorgestellt haben.

 

Es ist natürlich auch völlig richtig, dass bei den Volksabstimmungen ein Beteilungsquorum von 50 Prozent viel zu hoch ist, dass das alles Demokratieverhinderungskonzepte sind, dass man für Volksbegehren die Unterstützungserklärungen nur auf dem Magistrat abgeben kann und so weiter.

 

Skeptisch, sage ich auch gleich dazu, bin ich bei der Direktwahl des Bürgermeisters. Ich glaube, dass das auch Konsequenzen nach sich ziehen kann, die nicht so erfreulich sind. Wenn ein Bürgermeister sich auf keine Mehrheit in einem Gemeinderat stützen kann, dann ist das doch eine Situation, die wir nicht kennen. (Abg Mag Dietbert Kowarik: Wie beim Bezirksvorsteher!) - Auch bei den Bezirksvorstehern ist es diskussionswürdig. Ich glaube nicht, dass man jetzt so einfach und schnell eine Antwort finden kann. Auch wenn dann die Abwahl eines Bürgermeisters im Gemeinderat nicht möglich ist, habe ich meine Bedenken.

 

Der Dringliche Antrag der Freiheitlichen ist nicht schlecht, aber der Beschluss- und Resolutionsantrag der ÖVP ist besser! Ich empfehle Ihnen, diesem zuzustimmen. (Beifall und Heiterkeit bei der ÖVP.)

 

Wir haben darin auch vorgesehen, dass die Bürger ein Petitionsrecht erhalten. Es soll zu einer zwingenden parlamentarischen Behandlung kommen, wenn die Bürger ein Anliegen haben. Dazu bedarf es der Einrichtung eines Bürgerbeteiligungs- oder eines Petitionsausschusses:

 

Wiener Bürger sollen ihre Wiener Politiker auch befragen können. Das soll bereits möglich sein, wenn es 1 000 Unterstützungserklärungen für eine solche Frage gibt.

 

Selbstverständlich soll es auch verbindlich sein, wenn das Volk gefragt wird und eine Meinung abgibt. Beteiligen sich 25 Prozent der Wahlberechtigung an einer Volksbefragung, soll das Ergebnis auch bindend sein.

 

Die Bürger sollen aber auch wissen, wer ihre Stadträte sind. Sie sollen sie kennen lernen. Die Stadträte sollen sich vorher ein Programm überlegen und sollen dieses dem Gemeinderat oder dem Landtag im Rahmen eines Regierungs-Hearings präsentieren.

 

Wir wollen die Stärkung des Persönlichkeitswahlrechtes. Wir wollen ein Wahlrecht für Zweitwohnsitzer. Wir wollen die Reform des Briefwahlrechtes.

 

Wir wollen eine gläserne Stadtverwaltung, weil die Bürger auch wissen wollen, was mit ihrem Geld passiert. Die Bürger haben auch ein Recht darauf, zu wissen, wie die Parteien finanziert werden.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie haben die Chance, mehr Demokratie in diesem Land, in dieser Stadt einzuführen, indem Sie unserem Beschluss- und Resolutionsantrag zustimmen! Nutzen Sie die Gelegenheit dazu! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächste zum Wort gemeldet hat sich Frau Abg Dr Kickert. - Ich erteile ihr das Wort.

 

13.48.29

Abg Dr Jennifer Kickert (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Besucher und Besucherinnen!

 

Meine drei Vorredner haben Angst um die Demokratie. Sie orten ein eklatantes Demokratiedefizit. Sie stellen die Existenz der Demokratie in Frage. Sie sehen die Krise des politischen Systems und in der direkten Demokratie eine Möglichkeit. Ich gebe Ihnen recht, es ist eine Möglichkeit. Ein wesentlich wichtigerer Anteil an der Krise des politischen Systems hat aber die Art und Weise, wie Vertreter und Vertreterinnen dieser beiden Parteien in der repräsentativen Demokratie das Ansehen der Demokratie seit Jahr und Tag mindern. (Abg Johann Herzog: Das haben Sie gestern in der Debatte bewiesen!) In der Debatte haben Sie es bewiesen! (Abg Johann Herzog: Da war es genau so, wie man es sich vorstellt!) Sie bleiben uns in der Debatte nichts schuldig!

 

Ich meine aber nicht die Debatte. Ich meine die Art und Weise, wie sich Ihre Parteien finanzieren, wie sich Ihre Parteifreunde finanzieren. Ich meine damit, wie es auch auf Bundesebene jahrzehntelangen Stillstand gibt und auch unter Ihrer Regierung gegeben hat.

 

Also, ich glaube, dass es tatsächlich notwendig ist, über eine Demokratiereform nachzudenken, zu diskutieren und zu reden. Aber dazu gehört eine wesentliche Reform unseres parlamentarischen Systems, auch das Ernstnehmen dieses Systems und das Ernstnehmen der eigenen Verantwortung durch Sie alle persönlich.

 

Sie fordern eine Reform des Wahlrechts (Abg Johann Herzog: Sie auch!) und haben heute schon mehrmals auf diesen Notariatsakt verwiesen. Wie Sie wissen, sind wir in Verhandlungen, in Gesprächen (Abg Armin Blind: Mit wem?), sowohl mit unserem Koalitionspartner als auch mit Ihnen. Es steht auch im Regierungsübereinkommen, dass es zu einer Reform des Wahlrechts kommen wird. Nun mögen Sie diesem im Koalitionsabkommen festgehaltenen Ziel genauso wenig Glauben schenken, wie wir Ihren Schalmeientönen und Ihrer Intention zur Rettung der Demokratie Glauben schenken können. Das bleibt Ihnen genauso unbelassen wie uns.

 

Das Zweite, was Sie fordern, ist eine Einführung des Petitionsrechtes. Wie Sie wissen, ist das auch in Vorbereitung. Wie Sie wissen, werden Sie auch mitdiskutieren dürfen. Das ist tatsächlich in Vorbereitung.

 

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