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Landtag, 7. Sitzung vom 30.09.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 27

 

Abg Wolfgang Ulm zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

11.13.27

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Stadträtin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Wir haben jetzt ein Geschäftsstück zu debattieren, bei dem wir, glaube ich, sehr sachlich und fachlich, in einer ruhigen und besonnen Art und Weise argumentieren können, wie es auch zur Entwicklung des Unabhängigen Verwaltungssenats Wien passt.

 

Dieser hat allerdings seit seiner Gründung Anfang der 90er Jahre auch schon unruhigere Zeiten erlebt, aber nunmehr scheinen die Kinderkrankheiten erledigt zu sein, und es ist sehr erfreulich, dass wir geordnete und sehr versierte Berichte bekommen, und zwar zu einem passenden Zeitpunkt: Der Tätigkeitsbericht konnte nämlich am 11. Mai des Folgejahres in der Vollversammlung des Unabhängigen Verwaltungssenats beschlossen werden, und wir können diesen jetzt in der Septembersitzung des Landtages debattieren. Auch das war in der Vergangenheit nicht immer so. Ich kann mich erinnern, dass es auch schon Dezember geworden ist oder der Bericht gar erst im übernächsten Jahr vorgelegt wurde.

 

Umso erfreulicher ist es, dass der UVS jetzt in einer ruhigen und sehr attraktiven Art und Weise für die Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt seine Arbeit verrichtet. Das ist nicht immer leicht mit den Kapazitäten und mit dem Personal, das man dieser Behörde zur Verfügung stellt, noch dazu dann, wenn die Kompetenzen des Senates zunehmen, was sehr erfreulich ist, weil die Kompetenzen beim Senat gebündelt werden sollten. Es gibt eine Kompetenzzunahme in den Bereichen des Wiener Tierzuchtgesetzes, des Wiener Frühförderungsgesetzes, des Fischereigesetzes und des Jagdgesetzes. Der UVS muss aber mit dem gleichen Personal auskommen, was natürlich bei einer Zunahme der Geschäftsfälle und bei einer Zunahme der anfallenden Fälle nicht ganz leicht ist.

 

Ich möchte trotzdem die Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, darauf hinzuweisen, dass auch das Vergaberecht ein sehr geeignetes Feld wäre, um eine Kompetenz für den UVS Wien vorzusehen. Ich hätte sehr gerne, dass der Unabhängige Verwaltungssenat anstelle des Vergabekontrollsenates in Vergabesachen entscheidet. Ich glaube, dass das ein noch höheres Maß an Rechtsschutz und Rechtstaatlichkeit gewährt. Ich halte es einfach für besser, wenn drei unabhängige Verwaltungsrichter entscheiden, anstatt Beamte der Stadt Wien oder Interessenvertreter. So schnell wird diese Zuständigkeit im Vergaberecht aber sicherlich nicht kommen, wenn es jedoch so weit ist, dann muss selbstverständlich der Behörde das entsprechende Personal zur Verfügung gestellt werden.

 

Der UVS ist eine parteienfreundliche Einrichtung im Sinne einer bürgerfreundlichen Einrichtung. Man erkennt das sehr oft an Kleinigkeiten. Es ist zum Beispiel etwas in diesem Bericht angeführt, was auch ich selbst in meiner beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt immer wieder feststellen kann: Es ist keine Selbstverständlichkeit für Anwälte und Verfahrensparteien, dass einem gleich nach der Verhandlung ein Verhandlungsprotokoll in die Hand gedrückt wird und dass man dafür noch dazu nichts bezahlen muss. Es gibt nämlich auch bundesstaatliche Einrichtungen, wo eine Kopie 1 EUR kostetet und man auf die Kopien tage- oder wochenlang warten muss. Das ist beim UVS Wien nicht der Fall.

 

Es konnten im Jahr 2010 sage und schreibe 11 520 Verfahren enderledigt werden. Ich glaube, das ist eine sehr beachtliche Zahl! Noch beachtlicher ist aber, dass von diesen 11 000 Verfahren lediglich 26 Verfahren verjährt sind. Das freut natürlich den Berufungswerber und den Rechtsanwalt nicht unbedingt, ist aber natürlich der Sache dienlich, und es ist politisch sehr erfreulich, dass die Behörde so gut arbeitet, dass hier die Verjährungen im Promillebereich liegen. Wir hatten einen Verjährungsanteil im Jahr 2003, der noch bei 4.8 Prozent gelegen ist. Heute liegt er nur noch bei 0,2 Prozent.

 

Den Unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen, kann für den Bürger durchaus Sinn machen, und zwar nicht, weil er auf eine Verjährung hoffen bräuchte, denn das wird wohl nicht der Fall sein. In immerhin 19,2 Prozent der Fälle gibt es aber eine Stattgebung, und in immerhin 28,1 Prozent der Fälle erfolgt lediglich eine teilweise Abweisung, gibt es also eine teilweise Stattgebung.

 

Ich würde empfehlen – das ist aber eigentlich meine einzige Kritik an diesem Tätigkeitsbericht –, in Zukunft statt von teilweisen Abweisungen von teilweisen Stattgebungen zu sprechen. Das bedeutet ganz genau das Gleiche, ist aber aus Sicht der Partei beziehungsweise des Bürgers formuliert und weniger aus der Sicht des Magistrats.

 

Wie gut der Unabhängige Verwaltungssenat arbeitet, sieht man auch daran, wie stark seine Entscheidungen vor dem Verfassungsgerichtshof halten. In 72 Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist nur eine einzige Entscheidung des UVS Wien aufgehoben worden. Selbstverständlich sieht es beim Verwaltungsgerichtshof anders aus, das liegt in der Natur der Sache. Dort gab es 279 Beschwerdeverfahren gegen Bescheide des UVS, und es wurden immerhin 68 Entscheidungen aufgehoben, das heißt, die Bürger sind mit 68 Entscheidungen beim Verwaltungsgerichtshof durchgedrungen. Das bedeutet nicht, dass der UVS Wien schlecht arbeiten würde, das bedeutet nur, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich funktioniert.

 

Es freut mich auch sehr, dass in dem Bericht darauf hingewiesen wurde, wo man in erster Instanz, wie zum Beispiel bei der Sozialhilfe, noch etwas besser machen kann. Es hat ja das Mindestsicherungsgesetz einen erweiterten Kreis von Anspruchsberechtigten gebracht, und in diesem Zusammenhang ist sicherlich noch etwas an der Behördenpraxis zu verbessern. Es kann nun in erster Instanz nicht mehr unmittelbar beim persönlich zuständigen Referenten vorgesprochen werden, es gibt nur noch sogenannte Servicezentren, bei denen eine eher abstrakte Hilfeleistung geboten wird. Alle Anträge und Eingaben sind schriftlich einzubringen, und das überfordert bisweilen die Antragsteller, weil man ja noch dazu berücksichtigen muss, dass diese Personen rechtlich nicht versiert und im Umgang mit Behörden nicht geübt sind.

 

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