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Landtag, 4. Sitzung vom 01.04.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 13 von 49

 

verbot geschaffen, allerdings mit Verordnungsermächtigungen für die Gemeinden zur Einrichtung sogenannter Erlaubniszonen. Dies ist notwendig geworden auf Grund des Urteils des Verfassungsgerichtshofs in der Causa Fohnsdorf, das ja nicht eine inhaltliche Entscheidung, sondern eine formalrechtliche Entscheidung war, weil eine Gemeinde eine derartige ordnungspolitische Maßnahme nicht setzen kann. Dies ist als verfassungswidrig erkannt und aufgehoben worden. Man ist nun der Auffassung, dass man mit einer landesgesetzlichen Regelung und dieser Verordnungsermächtigung für die Gemeinden diese Fragestellung im Sinne der Verfassungskonformität gelöst hat.

 

Ich habe mit Herrn Lhptm Franz Voves in dieser Frage keine Meinungsverschiedenheit. Auch er sieht das so. Auch er ist der Auffassung, dass genau so differenziert vorgegangen wurde, wie die Situation differenziert ist, und wird mit Sicherheit auch dort, wo er Einfluss darauf hat, darauf achten, dass ziemlich analoge Maßnahmen wie in Wien dazu gesetzt werden. Das heißt, in der Praxis wird sich das nicht unterscheiden.

 

Es lohnt sich also allemal immer ein zweiter Blick. Dann würde man erkennen, dass nichts so schön ist, wie man es selbst glaubt.

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann. Die 2. Zusatzfrage stellt Herr Abg Dr Ulm. – Bitte.

 

10.03.52

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!

 

Ich möchte auf eine neue Problematik im Zusammenhang mit der Bettelei aufmerksam machen, und zwar ist das das Betteln mit Zeitschriften: Es kommt in jüngerer Zeit immer häufiger vor, dass pro forma mit Zeitschriften gebettelt wird, es aber gar nicht darum geht, diese Zeitschriften tatsächlich zu verkaufen, sondern das nur zum Vorwand zu nehmen, um zu Erbetteltem zu kommen. Man wird auf Gehsteigen angesprochen, und ganz besonders stark kann man dieses Phänomen vor Supermärkten feststellen. Das gab es vor zwei Jahren noch nicht. Mittlerweile stehen vor sehr, sehr vielen Supermärkten Personen, die pro forma Zeitschriften zum Verkauf anbieten. Und da sage ich jetzt ganz ausdrücklich, damit ist nicht der „Augustin" gemeint! Leider Gottes gibt es da Zeitschriften, die einen anderen Hintergrund haben und die eigentlich nur dazu dienen, auszuweichen vor den mittlerweile schon recht umfassenden gesetzlichen Bestimmungen im Wiener Landes-Sicherheitsgesetz.

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann, bitte.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Meines Wissens ist bei Zeitungsverkäufern eine ähnliche Regelung in Kraft wie bei Blumenverkäufern, das heißt, man kann das nur lizenzierterweise machen. Falls ich mich da irren sollte, bin ich natürlich bereit, mich zu korrigieren. Aber es ist sicher kein Zufall, dass gerade die „Augustin"-Verkäufer alle mit einem entsprechenden Ausweis und sohin auch nachvollziehbar dieses Zeitungsprodukt anbieten.

 

Mir ist dieses Phänomen noch nicht untergekommen, wiewohl jeder weiß, dass ich mich eigentlich primär außerhalb des 1. Bezirks aufhalte, und auch in Ottakring gibt es Supermärkte. Aber ich nehme das einmal so zur Kenntnis, werde mich sowohl bei Wirtschaftstreibenden als auch bei der Polizei erkundigen, ob das nun tatsächlich ein Problem sei, und dann werden wir versuchen, gemeinsam auch dahin gehend Lösungen zu finden. Denn ob der nun eine Zeitung in der Hand hat oder nicht, es gilt dasselbe Prinzip, das ich vorhin zum Ausdruck gebracht habe: Armen soll man helfen, und organisierte Kriminalität bekämpfen.

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann. Die 3. Zusatzfrage stellt Frau Abg Hebein. - Bitte.

 

10.06.35

Abg Birgit Hebein (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!

 

Ich begrüße Ihre Haltung und teile sie selbstverständlich, dass man armen Menschen helfen soll, und auch, dass Sie hier differenzieren. Nur muss ich Ihnen sagen, dass sich auf meinem Schreibtisch Strafanzeigen gegen Bettler und Bettlerinnen, die aus ihrer Not heraus handeln, stapeln. Ich habe hier auch eine Stellungnahme zum Beispiel von der Polizei, wonach die angezeigte Bettlerin vorbeigehende Passanten in keinster Weise auf das Gröbste um Geld anpöbelte, aber sie wurde mehrmals an einem Ort gesichtet, und daher wurde sie wegen gewerblicher Bettelei angezeigt.

 

Insofern meine Frage - und das meine ich wirklich sehr ernst -: Wo ist denn für Sie die Grenze zwischen einem Bettelverbot und einem Verbot der gewerblichen Bettelei? Wie können wir es hier wirklich schaffen, dass es nicht die Menschen trifft, die betteln müssen - ohne dass wir jetzt diskutieren müssen, ob Autoverkäufer auch Autos „verbetteln" oder ob das bei anderen Konsumgütern auch zutrifft, um auf dieser Ebene zu bleiben -, wo auf Menschen, die ohnedies schon am Boden liegen, herabgeschaut wird? Wo sehen Sie da wirklich den Unterschied?

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Bitte, Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Frau Abgeordnete!

 

Sie sprechen da natürlich einen noch differenzierter zu sehenden und, so würde ich es formulieren, auch heiklen Punkt an. Ich verkenne nicht die Situation, dass juristisch zwar diese Trennlinie ganz klar gezogen ist. Das ist im Prinzip auch gut so. Die Frage ist, wie sich dies in der Realität des Alltags dann in der Tat auch umsetzt. Auch ich habe hier den Eindruck, dass wir hier noch einen Feinjustierungsbedarf haben, damit man nicht tatsächlich arme Leute erwischt. Das ist überhaupt nicht meine Intention, sondern man soll ihnen helfen.

 

Da, sage ich allerdings, ist auch noch ein Verbesserungspotenzial drinnen, nicht so sehr im Hilfsangebot - ich denke, das ist in Wien sehr stark und sehr dicht -, sondern eher dahin gehend, Motivation und Bewusstsein zu schaffen, dass man diese Angebote auch annimmt. Denn ich darf Ihnen da aus eigener Erfahrung sagen, da ich die, sagen wir einmal, Angewohnheit - juristisch ist das ja ein Schattenwesen - meines Vorgängers übernommen habe und Menschen, die ich auf der Straße bettelnderweise angetroffen habe, eingeladen habe, bei der Stadt Wien zu arbeiten, und zwar am nächsten Mon

 

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