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Landtag, 19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 49

 

Diskriminierung verantworten!) Die Diskriminierung wollen wir natürlich nicht, aber wir wollen eines nicht, nämlich eine Diskriminierungsrichtlinie, die es wagt, eine umgekehrte Beweislast einzuführen, denn das ist etwas, was eines Rechtsstaates unwürdig ist. Und ich möchte sagen, dass hier die Europäische Union einen Fehlgriff sondergleichen getan hat, der dann vom Österreichischen Nationalrat nachvollzogen wurde und vom Wiener Gemeinderat genauso, wo man nur sagen kann, hier ist ein echter und massiver Fehler und ein Eingriff in die garantierten Rechte der Bürger erfolgt. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Jetzt noch kurz zur aktuellen Situation. Ich glaube, dass die Zusammenarbeit der SPÖ und ÖVP in der großen Koalition die Bevölkerung mit ihren Darbietungen einfach nur in starres Staunen versetzt hat. Ich glaube, dass ein totales Umdenken der herrschenden politischen Elite notwendig ist, weil sonst die jetzt schon überbordende Politikverdrossenheit und Demokratiemüdigkeit weiter zunehmen wird. Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland eine groß angelegte Studie gehabt, wo 30 Prozent der Bevölkerung sich bereits von der Demokratie verabschiedet haben - in ehemaligen Gebieten der DDR sind es mehr - und in einer Jugendstudie Wien und Österreich betreffend konnten wir lesen, dass diese Tendenz auch in Österreich vorhanden ist.

 

Wenn wir das nicht stoppen, wenn wir keine Verbindung mit den Bürgern herstellen, dann wird es in zentralen sozialen Fragen keine Änderung geben, und wenn es die nicht gibt, wird die Zufriedenheit der Bürger mit Staat und EU nicht funktionieren.

 

Lösungen hiefür hat es in der Regierung keine gegeben. Wenn man kurz anschaut, was zusammengebracht wurde, so sind es ausgeweitete Polizeibefugnisse, Flexibilisierung des Kindergeldes, Abschaffung der Erbschaftssteuer, Korrekturen an der Rentenreform, ein Kompromiss beim Rauchverbot, die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre und die Ausweitung der Legislaturperiode auf fünf Jahre.

 

Was wird bleiben? Die fünf Jahre natürlich, auch wenn das ein Treppenwitz ist, weil bereits nach eineinhalb Jahren wieder gewählt wird, auf der anderen Seite die 16 Jahre, worüber völlige Übereinstimmung in sämtlichen Parteien geherrscht hat, und dann wird wirklich bleiben die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer, die ja, wie ich glaube, ein lang gehegter Wunsch der Sozialistischen Partei gewesen ist. Damit haben Sie sich auch durchgesetzt, wie ich glaube.

 

Ich darf nur abschließend darauf hinweisen, dass Ralf Darendorf, der ehemalige EU-Kommissar, nunmehriges Mitglied des Oberhauses in London und altbewährter Streiter für Liberalismus, ein neues Europa verlangt. Er will haben, dass praktisch dieses Europa einen neuen Bund bekommt, dass man versucht, die alten Verhältnisse von Brüssel über Bord zu werfen, und dass man einen Bund europäischer Demokratien aufbauen sollte, einen Bund, der die großen Fragen von Frieden und Freiheit zu lösen imstande ist. Dazu gehören Außenpolitik, Verteidigungspolitik, Entwicklungspolitik und die innere Politik, diese allerdings nur, wie er sagt, so sie die Fragen der Verfassung der Freiheit betreffen.

 

Dieser Demokratiebund in einer neuen Allianz muss nicht die Institutionen der EU zerstören, sagt er, aber allerdings würde er den Erfindern des neuen Weges raten, einen klaren Blick auf den Europarat und die mit ihm verbundenen Institutionen zu lenken.

 

Das wird nicht so bald geschehen, ja, vielleicht gar nicht. Und wenn das nicht geschieht, dann ist es leider erwiesen, dass Brüssel stärker ist als Europa, sagt er, und es gibt eben kräftige Interessen am Monopol des Hallstatt- und Monetweges, also der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft alter Form. Wenn das nicht geschieht, werden diese Interessen obsiegen, dann bleibt die irische Frage auf der Tagesordnung, nämlich so gesehen als technische Frage, wie man das richtige Volk für Abstimmungen findet, oder auch als politische Frage, wie dieses Europa, ein wirkliches, ein erhofftes Europa, verwirklicht werden kann.

 

Daher, meine Damen und Herren, bemühen wir uns auch im Sinne Darendorfs, ein neues Europa zu bauen, ein föderales, eines, das auf die Bürger zugeht und ein bürgernahes Europa sein soll. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Heinz Hufnagl: Als nächster Redner hat sich Herr Abg Schreuder zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

Abg Marco Schreuder (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bürgermeister!

 

Ich habe bei Ihrer Rede, einer sehr brillanten Rede, sehr aufmerksam zugehört und es gab unzählig viele Momente, wo ich auch geklatscht habe, nebenbei bemerkt, oder auch klatschen hätte können. Sie haben vollkommen recht in dem meisten, was Sie gesagt haben. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass eine der wesentlichsten Fragen nicht berührt worden ist. Sie haben gesagt, es gibt die Frage, ob Europa - und das haben Sie als die Kernfrage dargestellt -, ein ökosoziales Europa wird oder ein neoliberales Europa. Und es gibt, glaube ich, eine zusätzliche Komponente, die man nicht außer Acht lassen soll, die immer noch ein Schreckgespenst in Europa ist für viele Leute, vor allem für die Leute einer Generation, die noch den Zweiten Weltkrieg erlebt hat, nämlich das nationalistische Europa. Und der Nationalismus ist aus meiner Sicht und aus unserer Sicht noch nicht überwunden, und Europa ist das Projekt für Frieden und das Projekt, das den Nationalismus überwinden kann.

 

Und die Freiheitliche Partei spielt genau auf dieser Klaviatur, und die „Kronen Zeitung“ spielt genau auf dieser Klaviatur, und zu dieser Klaviatur hat sich die SPÖ nun auch dazugesellt und spielt mit. Das ist das, was wir ablehnen und wo wir sagen, wenn eine Europadiskussion auf Leserbriefspalten der „Kronen Zeitung“ reduziert wird, wenn es in einer Europadiskussion nicht um die Inhalte geht, wie eine Europäische Union gestaltet werden soll - und nächstes Jahr haben wir einen Europawahlkampf -, da werden wir uns sehr intensiv damit auseinandersetzen. Und Sie haben recht, Europa soll auch ein Europa der unterschiedlichen Meinungen und

 

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