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Landtag, 19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 25 von 49

 

Konzepte sein, es ist ja ein demokratisches Europa. Aber ein Projekt, das als Friedensprojekt gestartet ist, wieder dort zu kommunizieren, wo Nationalismus im Vordergrund steht, dem muss man entgegentreten, und das muss man auch als Regierungspartei machen, und das ist etwas, was wir von der Sozialdemokratie und überhaupt von allen Parteien in diesem Land auch erwarten. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Sie haben auch - und das habe ich ebenfalls mit großer Aufmerksamkeit gehört - sehr viele Bereiche der multinationalen europäischen Politik, die auch auf kommunaler Ebene kommuniziert werden können und auch mitgelöst werden können. Wir haben sehr oft Debatten hier im Landtag über den Klimawandel geführt und wir haben immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass eine Haltung wie „das müssen die da oben, oder das müssen irgendwelche supranationale Organisationen lösen, wir in Wien können das nicht“ falsch ist, und wir haben immer gesagt, nein, gerade in der Kommune selbst kann man sehr viel erreichen. Wenn es eine Bürger- und Bürgerinnennähe gibt, wenn man sie irgendwo findet, dann ist es sicher auf der kommunalen Ebene. Wenn man etwas ganz gezielt lösen kann, dann ist es sicher auf der kommunalen Ebene. Das schließt nicht aus, dass man das auf der internationalen Ebene nicht tun soll, aber es gibt hier auch für Wien einen ganz klaren Auftrag in der Europapolitik. Das haben Sie in Ihrer Rede gesagt, und haben sehr interessante Vorschläge unterbreitet, wie auch wir als Politiker und Politikerinnen in Wien das den Bürgerinnen und Bürgern näherbringen können.

 

Es gibt eine Institution in Wien, das ist die Europakommission. Ich bin da Mitglied, ich habe mich, als sich der Gemeinderat und Landtag 2005 konstituiert hat, sofort gemeldet und gesagt, dass ich dort dabei sein möchte, weil ich mich prinzipiell sehr für Europapolitik interessiere, und mich schon sehr damit beschäftigt habe. Und ich bin jetzt voller Freude und Energie in diese Kommission gegangen, aber ich sage Ihnen, was in dieser Kommission, in diesem Haus, passiert:

 

Dort wird etwas vorgestellt, was Wien schon getan hat. Wir dürfen Fragen stellen, und dann dürfen wir das gut finden oder nicht gut finden, und das ist die einzige Sache, die in dieser Europakommission in diesem Haus passiert.

 

Wenn es nun tatsächlich der Wunsch ist, dass es mehr Demokratie, mehr Diskussion, mehr Bereitschaft, europäische Themen hier im Haus zu diskutieren, gibt, dann muss man sich bei dieser Europakommission wirklich was einfallen lassen. In den meisten Landtagen in Österreich oder in vielen Landtagen in Österreich ist die Europakommission ein Ausschuss. Das ist etwas, das fordern wir schon seit Langem, dass die Europakommission nicht nur ein reiner Diskutierklub ist, dass er sozusagen für sich existiert und keine einzige Auswirkung nach außen hat, sondern, dass es hier in den Landtag mündet, in Beschlüssen mündet, dass man Positionen Wiens vorher demokratisch diskutiert, bevor in den Netzwerken, in denen Wien ja vertreten ist, eine Haltung Wiens kommuniziert wird. Es gibt ungefähr 30 Netzwerke, europäische Netzwerke, in denen Wien drinnen ist.

 

Sie haben schon ein paar genannt, es gibt den Ausschuss der Regionen, es gibt die Eurocity, es gibt die Union der Hauptstädte der EU, es gibt den Rat der Gemeinden und Regionen Europas, also 30 solcher europäische Netzwerke. Wir wissen oft gar nicht, was die Position Wiens ist, wir haben keine Ahnung, wir bekommen keine Information, wir haben keine Kontrollrechte, wir haben keine Demokratie zur demokratischen Auseinandersetzung über die wichtigen Themen, denn eines ist klar, auch das, was in Europa beschlossen wird, hat direkte Auswirkungen auf die Kommunalpolitik.

 

Also, wenn der Wunsch da ist nach mehr Demokratisierung, dann sollte man vielleicht nicht anfangen, Leserbriefe zu schreiben, sondern man sollte hier im Haus anfangen, genau zu überlegen. (Lhptm Dr Michael Häupl: Ich habe ihn nicht geschrieben!) Gut, Sie haben den Leserbrief nicht geschrieben, das ist mir schon klar. (Lhptm Dr Michael Häupl: Ich habe noch nie einen Leserbrief geschrieben!) Sie haben noch nie einen Leserbrief geschrieben. Es ist ja manchmal ganz interessant, das zu machen, aber das sollte man vielleicht doch dann nicht machen, wenn man eine 180 Grad Schwenkung in der eigenen politischen Position bekannt gibt.

 

Aber prinzipiell kann man sich hier vieles überlegen, und wir haben auch deswegen einen Antrag betreffend Schaffung eines Wiener Europaausschusses vorbereitet.

 

„Der Landtag wolle beschließen, es soll ein Europaausschuss im Landtag eingerichtet und landesverfassungsrechtlich verankert werden, der europapolitische Fragen diskutiert, die Vertretung Wiens in stadtaußenpolitischen Netzwerken vorbereitet und über Angelegenheiten der Netzwerke informiert sowie die Mitglieder der Landesregierung nach dem Vorbild des Hauptausschusses des Nationalrates binden kann.

 

In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung.“

 

Wir haben noch einen zweiten Antrag vorbereitet betreffend die Umweltpolitik und die Maßnahmen der Europäischen Union gegen die steigenden Lebensmittelpreise. In Wahrheit sind das die Themen – seien wir uns ehrlich – die die Bürgerinnen und Bürger nicht nur Österreichs, sondern ganz Europas weit mehr bewegen als Leserbriefe. Da sind wir uns, glaube ich, einig. Die steigenden Lebensmittel- und Energiepreise auf europäischer und globaler Ebene beschäftigen nicht nur die BürgerInnen, sondern sie bedrohen diese existenziell. Wahrscheinlich sind diese Probleme der größte Grund, dass die Bürgerinnen und Bürger Europa gegenüber skeptisch eingestellt sind, weil sie da auch Antworten erwarten und verlangen.

 

Die Ursachen sind vielfältig, (Lhptm Dr Michael Häupl: Jawohl!) die steigenden Energiepreise und die steigenden Grundnahrungsmittelpreise, die wechselnden politischen Situationen in vielen erdölexportierenden Ländern, und auch viele Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte in der Landwirtschaft haben die

 

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