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Landtag, 19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 49

 

Spekulationen auf den Finanzmärkten und die Preise in die Höhe schießen lassen. Dazu kommt natürlich auch, dass es weltweit eine Offensive gibt, Benzin und Diesel durch so genannte Agrotreibstoffe zu ersetzen, die zusätzlich den Druck auf die Nahrungsmittelpreise erhöht haben. Eine verfehlte weltweite Politik in Landwirtschaft und auch im Wirtschaftsverkehrs- und Energiebereich treibt Menschen auch in Wien in eine Armutsfalle. Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen sind von den Preisanstiegen existenziell bedroht, betroffen, und das hat politische Auswirkungen, wie wir das soeben auch aktuell diskutieren. Besonders in den Entwicklungsländern und in den Schwellenländern ist die Situation äußerst bedrohlich.

 

Das sind Tatsachen, die die Europäische Union vor neue Herausforderungen stellt, und diese Herausforderungen brauchen strukturelle Maßnahmen. Die Energieeffizienz zu fördern oder die Bestrebungen, diese Energieeffizienz zu fördern, sind notwendig. Die Welt steckt in einer Finanzkrise, und die steigenden Energiepreise, die steigenden Nahrungsmittelpreise, bedürfen regulierender Maßnahmen auf den Finanzmärkten, und sie brauchen vor allem die Einführung einer Finanztransaktionssteuer.

 

Daher werden wir - ich werde das jetzt abkürzen, ich habe nicht mehr so viel Zeit, wie ich bemerke - in all diesen Bereichen auf Änderungen dringen. Wir brauchen ein Ökostromgesetz, wir brauchen eine Reduktion der Treibhausemissionen, wir brauchen ganz klare, von der Europäischen Union beschlossene Richtlinien der CO2-Reduzierung, nicht nur auf 20 Prozent, sondern wir brauchen 30 bis 40 Prozent Reduktion.

 

„Der Landtag wolle beschließen“, so lautet mein Antrag,

 

„1. Die rasche Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene.

 

2. Die EU-weit verbindlichen Ziele für den Anteil von Agrokraftstoffen, 10 Prozent bis zum Jahr 2020 sind zu korrigieren, der Einsatz von gentechnisch veränderten Energiepflanzen ist abzulehnen.

 

3. Wir fordern Ernährungssicherheit insbesondere in den Entwicklungsländern. Diese muss klare Priorität vor der Produktion von Agrosprit haben. Und um dieses Ziel zu erreichen, muss die Eigenversorgung der Entwicklungsländer durch ländliche Entwicklungsprogramme gegenüber der bisherigen Exportorientierung gestärkt werden. Die EU soll einen Fonds für die ländliche Entwicklung in den ärmeren Ländern einrichten.

 

4. Den EU-weiten Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel. Bei der Modernisierung des Verkehrssystems soll die Verbesserung und der Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel im Vordergrund stehen. Die Förderung so genannte Gigaliner, Eurocom und überlanger Lastkraftwagen, ist abzulehnen.

 

5. Die vollständige Erfüllung des 0,56 Prozent-Zieles für Ausgaben der Entwicklungszusammenarbeit in allen EU-Mitgliedsstaaten bis 2008. Jeder Staat, auch Österreich, muss noch vor Ende 2009 einen Plan vorlegen, mit welchen budgetären Mitteln dieses Ziel konkret zu erreichen ist.

 

6. Die Europäische Union muss sich dazu verpflichten, ihre Treibhausgasemissionen um 30 Prozent bis 2020 zu reduzieren.

 

7. Strenge CO2-Grenzwerte für effiziente Autos und eine zukunftsfähige Automobilindustrie. Der Verkehr ist der einzige Sektor Europas, in dem die Kohlendioxidemissionen nach wie vor ungehindert ansteigen. Ein wichtiger Schritt, um diesen Trend zu stoppen, sind effizientere Autos für Europas Straßen. Der Kohlendioxidausstoß von Neuwagen muss im Durchschnitt auf 120 Gramm CO2 pro Kilometer bis 2020 und 80 Gramm bis 2020 für die europäischen Neuwagen, begrenzt werden.

 

8. Keine EU-Forschungsgelder für die Kernspaltung.

 

In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung.“

 

Ich habe noch zweieinhalb Minuten Zeit. Ich musste die Anträge schnell los werden, damit ich noch auf die Europadiskussion hinweisen kann. Erlauben Sie mir zum Schluss noch, zuerst einmal festzuhalten, dass Europa eine Frau ist. Europa war ein Flüchtling aus Asien. Das ist schon einmal interessant, weil es auch sehr viel von der europäischen Geschichte erzählt. Rein geographisch gesehen, wenn man streng ist, liegt dieses Europa ja auf einer Halbinsel und zwar anhängend an Asien. Niemand weiß so genau, wo eigentlich Europa endet und wo Asien anfängt. Das ist eine lange Diskussion, die man immer wieder führt, ob nun im Fußball, beim Songcontest oder tatsächlich die Geographen und GeologInnen.

 

Aber Europa ist vor allem eine Frau. Europa war so schön, dass Göttervater Zeus sie entführt hat, und aus dieser griechischen Mythologie hat dieser Kontinent einen Namen bekommen. Es heißt nicht „das Europa", es ist „die Europa", Aufbauend auf die griechische Mythologie und einem römischen Rechtssystem hat Europa vor allem eines geschafft, und zwar unabhängig von einer Europäischen Union: Europa ist eine zivilisatorische und kulturelle Errungenschaft, ist eine wirkliche Errungenschaft.

 

Die Renaissance ist eine europäische Errungenschaft, Mozart ist ein europäischer Künstler, Europa ist viel mehr als nur ein Zusammenschluss nationaler Staaten. (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Die Aufklärung!) Die Aufklärung ist ganz wichtig. Der Aufklärung haben wir auch die Presse zu verdanken, zum Beispiel, und der Aufklärung haben wir die Trennung von Kirche und Staat zu verdanken, womit sich manche Parteien auch hier im Haus noch immer sehr schwer tun. Diese Diskussion über Europa auf das Niveau der Leserbriefspalten der „Krone“ abzusenken, ist historisch unwürdig und wir sollten alle darüber nachdenken, was Europa bedeutet für uns persönlich, für die Parteien, und dann sollten wir einen Wahlkampf führen, der Europa dort hinstellt, wo es hingehört, nämlich in einen historischen Prozess in der Frage, was ist Europa, in der Identitätsfindung Europas, und wir Grünen werden weiter dafür stehen. Wir waren immer kritisch gegenüber Europa, und wir waren immer überzeugte Europäerinnen und Europäer. Dafür stehen die Grünen, auch im September. (Beifall bei den

 

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