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Landtag, 10. Sitzung vom 28.06.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 17 von 98

 

Sinne der Begabungsförderung. Da besteht die Möglichkeit, in der zweiten Klasse schon einmal mit dem Lehrbuch der dritten Klasse zu arbeiten, wenn man in einem Fach besonders gut ist, und im anderen vielleicht gefördert zu werden, wo man nicht so stark ist, und zwar im gemeinsamen, im gleichen Klassenverbund.

 

Die, die das erlebt haben, haben ein positives Bild von diesen Versuchen, und man muss ja auch sagen, dass es funktioniert, dass hier eine innere Differenzierung funktioniert, dass pro Kind eben eine individuelle Förderung gegeben ist, und damit meine ich natürlich die Förderung der Schwachen, aber durchaus auch Begabungsförderung, wofür es ja auch eine eigene Stelle im Staatschulrat gibt, um Begabungen entsprechend zu fördern und voranzubringen.

 

Aber wenn die Volksschule vorbei ist, dann wird es schwieriger, dann geht es los, denn am Ende der Volksschule kommt ja der Zwang, sich mit neuneinhalb Jahren, also schon nach dem Halbjahreszeugnis zu entscheiden: In welche Schule gehe ich, welche Schulkarriere strebe ich an? Und das ist nach Meinung der Eltern, aber auch aller Pädagogen eigentlich zu früh. Diese Entscheidung nimmt sehr viel vorweg, obwohl sich die Talente und die Interessen noch wandeln, noch verändern und darauf dann im Nachhinein kaum mehr oder nur mit großen Schwierigkeiten Rücksicht genommen werden kann.

 

Die Schulwahl in Wien zwischen AHS und KMS, muss man sagen, ist auch sozial selektiv, obwohl Wien – und ich kann es mir nicht ganz verkneifen, das hier darzustellen – da die besten Zahlen hat, sowohl, was Arbeiterkinder in den AHS, als auch, was Migrantenkinder in den AHS betrifft. Da haben wir ja 25 Prozent, also Wien ist auch hier österreichweit Spitze. Hurra! Stadtluft macht frei!

 

Nur, wir sind hier ambitionierter, wir wollen natürlich in Bezug auf die Gesamtbevölkerung die tatsächlichen Prozentsätze erreichen. Und das, glaube ich, geht nur, indem auch die Schulorganisation verändert wird. Diese Schulorganisation müssen wir uns daher auch anschauen, und momentan gibt es eben die Unzufriedenheit aller Beteiligten, wenn man in die Mittelstufe kommt,

 

Da ist zum einen die Unzufriedenheit der Lehrer, auch der Lehrer in der AHS vor allem, denn die haben ja die Idee vom Lehrplan her, 25 Prozent sind begabt und kommen zu mir. In Wien sind es weit über 50 Prozent, in den Bezirken 1, 4, 7, 8, 13, 18, 19 über 70 Prozent, in Hietzing über 90 Prozent. Dort ist man wirklich schon in dem Sinn, wie ich immer gesagt habe, Einheitsschule, das ist dann tatsächlich eine Einheitsschule, nur können sie nicht differenzieren. Also erstens haben sie es nicht gelernt, aber das meine ich gar nicht so, die können auch nicht differenzieren, weil es keine Leistungsgruppen und keine innere Differenzierung gibt. Die haben keine Möglichkeit dazu, die stehen mit dem Rücken zur Wand.

 

Und in den KMS sind dann die restlichen Schüler. Die dürfen zwar, die müssen jetzt sogar, weil sie kaum eine innere Differenzierung durchführen können, drei Leistungsgruppen machen, und es ist ja faktisch eine Leistungsgruppe weggebrochen. Daher gibt es auch hier natürlich Unzufriedenheit. Die Eltern sind unzufrieden, weil sie Nachhilfe zahlen müssen, denn in diesem bunten Treiben strömt alles in die AHS, in der ja gar nicht alle mitkommen können, weil es eben keine Differenzierung gibt, weil es eben nicht möglich ist, auf das einzelne Kind einzugehen. Also die zahlen die Nachhilfe und sind unzufrieden. Die Schüler sind unzufrieden, die Schüler sind überfordert, sind unterfordert ohne Begabtenförderung, denn auf Begabungen kann niemand mehr eingehen.

 

Dieses System, das ja in allen Großstädten beobachtbar ist, ist demnach auch in Wien beobachtbar, daher müssen wir uns auch schulorganisatorisch hier etwas überlegen.

 

Die Industriellenvereinigung kritisiert übrigens auch diese frühe Selektion. Die behaupten – da gibt es jetzt Diskussionen, sind es 19,5 oder 23 Prozent, ich sage jetzt einmal, es sind rund 20 Prozent –, etwa 20 Prozent könnten besser, könnten höher beschult werden. Und die Wirtschaft macht das natürlich nicht nur aus humanistischen Gründen, die macht das sozusagen aus handfesten Gründen der Gewinnmaximierung, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und die 20 Prozent besser ausgebildeten Fachleute dann auch in die Wirtschaft zu bekommen.

 

Nur in der Frage, muss man sagen, ist die ÖVP merkwürdigerweise, obwohl sie sich ja sonst durchaus als Wirtschaftspartei versteht, eigentlich sehr hartherzig und vor allem im Bund sehr zögerlich und überhaupt nicht auf der Wirtschaftslinie. (Widerspruch bei der ÖVP.) Dann versucht einmal etwas. Es gibt ja jetzt auch Modellregionen in Österreich.

 

Ich sage, wir haben genug geforscht, gesucht, wir haben 30 Jahre Schulversuch Anton-Krieger-Gasse hinter uns, wir haben die IGS, wir haben den Schulverbund, wir haben die KMS, wir haben die innere Differenzierung. Das alles ist begleitet, ist evaluiert, also wir wissen genau, was jeweils herausgekommen ist. Man muss das nur einmal zusammenführen.

 

Man soll also nicht immer neue Versuche, Versuche, Versuche bis zum bitteren Ende durchführen, sondern es geht darum, das zusammenzuführen. Dafür brauchen wir auch Ressourcen. Wir haben 1 400 Lehrer verloren, 700 schon zurückverhandelt, die 700, die wir noch fordern, bräuchten wir aber auch, um gerade in einer gemeinsamen Schule von zehn bis vierzehn auch die innere Differenzierung zu schaffen. Denn das ist natürlich auch eine Frage der Ressourcen.

 

Seitdem wir es von einer neuen Ministerin fordern, ist ja, wie das Leben so spielt, auch die Opposition geneigt, das vehement mit Wien zu fordern. Soll sein, ist auch gut so, denn das ist eine wichtige Forderung. Wir fordern ja auch nicht nur, sondern wir zeigen auch, dass wir es können. Beim Campusmodell geben wir auch eine bauliche Antwortung darauf, wie die äußere Form so einer Schule ausschauen soll.

 

Der Gemeinderat – also wir alle – hat ja den

 

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