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Landtag, 4. Sitzung vom 30.03.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 42

 

die zweite Änderung bezieht sich auf den Bestellungsmodus des Kollegiums im Stadtschulrat.

 

Ich möchte zunächst zu diesen beiden Änderungen kurz Stellung beziehen und dann noch einige Worte zum Wiener Schulgesetz an sich sagen, das ja mittlerweile ein pädagogisch in einigen Punkten sehr antiquiertes Gesetz ist.

 

Ginge es nur um den Bedienstetenschutz, dann wäre die Sache sehr einfach. Dann könnten wir zustimmen. Da gibt es eine Verbesserung, die vor allem dann relevant sein wird, wenn nicht nur auf dem Papier Verbesserungen vorgenommen werden, sondern tatsächlich in der Praxis. Wenn die Sicherheitsvertrauenspersonen gut arbeiten und das, was sie tun, tatsächlich Sinn macht, wenn die Sicherheitsfachkräfte gut arbeiten und eifrig in Anspruch genommen werden und auch die Arbeitsmediziner das Ihre dazu leisten, dann könnte sich die Arbeitswelt der Lehrerinnen und Lehrer um ein gutes Stück verbessern. Dazu könnten wir gerne Zustimmung geben.

 

Nun zum zweiten Punkt betreffend das Kollegium. – Da wird eine Veränderung vorgenommen, die ebenfalls in sich und an sich logisch ist, so man überhaupt der Meinung ist, dass das Kollegium in seiner heutigen Form eine adäquate und sinnvolle Einrichtung zur Lenkung des Wiener Schulsystems auf dieser politischen Ebene ist. Ich habe dazu schon in Pressekonferenzen Stellung bezogen und Änderungsvorschläge gemacht. Ich bin nicht der Meinung, dass das Kollegium eine sinnvolle und brauchbare Einrichtung ist.

 

Um es auf den Punkt zu bringen und mich sehr kurz zu fassen – denn ins Detail möchte ich nicht gehen –: Ich bin der Meinung, dass alles, was sozusagen zentrale Materie ist, was Gesetze, Verordnungen und so weiter betrifft, vom Landtag erledigt werden könnte, wie er es ja auch in Bezug auf Gesetze tut; das kann auch im Ausschuss besprochen werden. Alles andere aber, was die Schulen selbst betrifft, sollte meiner Meinung nach in die Autonomie der Schulen übergehen. Es ist relativ lächerlich, wenn zum Beispiel im Kollegium beschlossen wird, wohin irgendeine Schule fährt, beziehungsweise wenn Dinge beschlossen werden, die im Grunde genommen nur Sache eines einzelnen Schulstandortes sind, noch dazu, da das Kollegium kaum die Übung der Debatte, der Diskussion und der Auseinandersetzung pflegt. Das gibt es dort im Wesentlichen nicht, was mit einer sehr restriktiven Geschäftsordnung zusammenhängt, welche die Rechte der Kollegiumsmitglieder in großem Ausmaß eingeschränkt hat.

 

Ich habe jetzt nicht mehr in Erinnerung, ob Sie, Herr Abg Vettermann, auch dort waren. Jedenfalls gab es in der Arbeiterkammer kürzlich einen hoch interessanten Vortrag von Dr Jens Henrik Haahr vom dänischen Technologieinstitut. Meiner Meinung nach war dieser Vortrag deswegen so interessant, weil im Grunde genommen eine riesengroße Datenmenge auf Grund der zahlreichen Untersuchungen, die es gegeben hat, so auf den Punkt gebracht wurde, dass man den einzelnen Ländern auch Rat geben kann. Und auch Haahr ist in seinem Vortrag zu dem Schluss gekommen, dass es sinnvoll wäre, die Autonomie der Schulen auszubauen, sodass sehr viel mehr Entscheidungen an den Standorten fallen könnten und nicht zentral in irgendwelchen Ausschüssen oder Kollegien, die eigentlich mit den Entwicklungen am Standort nichts zu tun haben.

 

Ich erwähne einen weiteren Punkt, der mir am Herzen liegt, obwohl ich natürlich weiß, dass das nicht ursächlich von den Sozialdemokraten kommt. Auch das ist sozusagen in sich kollegiumslogisch gedacht: Es macht überhaupt keinen Sinn, dass die LandesschülervertreterInnen nur mit beratender Stimme und nicht mit beschlussfassender Stimme im Kollegium vertreten sind. Ich weiß, dass da ein Bundesgesetz den Takt vorgibt, was mich jetzt aber natürlich nicht daran hindert zu sagen, dass das mir – und wahrscheinlich auch Ihnen – nicht passt und dass das geändert werden sollte!

 

Ich möchte nicht lang werden und jetzt nur auf zwei Punkte in diesem Schulgesetz hinweisen, die mich veranlasst haben, zu Beginn meiner Rede zu sagen, dass das Schulgesetz antiquiert ist und eigentlich nicht den pädagogischen Anforderungen entspricht.

 

Erstens ist im Wiener Schulgesetz das geteilte, selektive Schulsystem vorgeschrieben und gibt sozusagen den Takt vor. Für die sechs- bis zehnjährigen Kinder gibt es eine Volksschule und daneben auch eine allgemeine Sonderschule für jene Kinder, die man als zu schwach einschätzt, um eine normale Volksschule besuchen zu können. Weiters gibt es neben der im Schulgesetz festgeschriebenen Hauptschule für die Zehn- bis Vierzehnjährigen ebenfalls eine entsprechende allgemeine Sonderschule. Dass es daneben auch noch eine AHS gibt, steht nicht darin, aber das wissen wir. – Das ist dieses erfolglose und, wie ich meine, antiquierte geteilte System, und ich verweise in diesem Zusammenhang noch einmal auf den Arbeiterkammer-Vortrag von Herrn Haahr, der das aufgegriffen hat.

 

Der sozioökonomische Hintergrund der SchülerInnen wirkt sich jedenfalls und immer auf die Leistungen aus, und in geteilten, selektiven Schulsystemen ist dieser Einfluss größer als in Gesamtschulsystemen. Das heißt, wir hätten guten Grund, ein Gesamtschulsystem einzuführen. Das höre ich auch immer wieder von sozialdemokratischer Seite, und ich bin sehr froh darüber, dass dazu eine gemeinsame Meinung vorherrscht. Das müsste dann aber natürlich auch in einem Wiener Schulgesetz anders ausschauen. Klarerweise bin ich mir der Abhängigkeit von Bundesgesetzen bewusst. – Jedenfalls ist aber das, was ich jetzt ausgeführt habe, für die GRÜNEN mit ein Grund, warum es von unserer Seite her dazu keine Zustimmung geben kann.

 

Ein weiterer Punkt, der im Schulgesetz enthalten ist und von uns kritisiert wird – nur einer von vielen, den ich noch anführen möchte –, betrifft die strikte Einteilung der Einheiten: Eine Schulstunde hat 50 Minuten, in Ausnahmefällen 45 Minuten. Es ist jedoch pädagogisch durch nichts zu begründen, warum in diesen starren Einheiten gearbeitet werden soll. Ganz im Gegenteil: Bei Projektarbeiten und fächerübergreifenden Arbeiten kommt man mit einer derartigen Einteilung natürlich nicht aus.

 

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