«  1  »

 

Landtag, 30. Sitzung vom 23.05.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 64

 

Größe zu. Es wurde kaum geduscht. Monatelang gab es für manche Bewohner und Bewohnerinnen keine Dusche und Liegegeschwüre wegen unzureichender Pflege und - so Dr Vogt - es gab keine Antidekubitusmatratzen.

 

Dr Vogt erwähnt auch zwei ganz besonders unerträgliche Fälle:

 

Eine Patientin wäre nach einem Oberschenkelhalsbruch zwei Tage unversorgt geblieben und hätte in diesen zwei Tagen vor Schmerz geschrien.

 

Ein Patient wäre unbemerkt gestorben und wäre erst 48 Stunden später von seinem Sohn gefunden worden. Das Personal hat es nicht bemerkt. Die Gattin des Verstorbenen, die zu Lebzeiten ihres Mannes von ihm gepflegt und versorgt wurde, hat nach seinem Ableben das Frühstück erst um 13 Uhr bekommen. Begründung: Mangel an Pflegekräften.

 

Eine Lungenentzündung wäre unbemerkt und unbehandelt geblieben. Man hätte weiterhin dem Betroffenen oral Nahrung verabreicht und die Folge wäre ein qualvoller Tod durch Erstickung gewesen.

 

Pflegeombudsmann Dr Vogt hat aus diesen Verdachtsmomenten den dringenden Verdacht der fahrlässigen Körperverletzung, des Quälens und Vernachlässigens wehrloser Personen und in einem Fall den Verdacht der fahrlässigen Tötung erhoben und hat die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. So weit, so schlimm.

 

Ich habe gesagt, dass die Behörde geprüft hat. Die Behörde ist meiner Kenntnis nach zumindest seit Februar 2003 in diesem Haus aus und ein gegangen und hat ihrer vorgesetzten politischen Führung an Klarheit nicht zu überbietende Berichte gelegt. Da war bereits im Februar 2003 die Rede von „Mangel an fachlich qualifiziertem Personal seit Inbetriebnahme des Hauses“. Da ist die Rede davon, dass für die Bewohner und Bewohnerinnen Fremdpersonal für ständig neue Bezugspersonen verantwortlich ist, dass für die Mängel aber zufälligerweise immer gerade die verantwortlich sind, die zur Zeit der Kontrolle außer Dienst sind, dass die Pflegedokumentation nicht zuordenbar ist und dass der Personalstand so gering ist, dass 24 Pflegepersonen zuständig sind, wo 46 nötig wären. Und zum Zeitpunkt Februar 2003 gab es 110 Bewohner und Bewohnerinnen, die mit dem Personal, das für 46 das Auslangen zu finden hätte, gepflegt wurden.

 

Die Beamten und Beamtinnen der MA 47 haben damals auch festgestellt, dass das Ergebnis von Befragungen einiger Pflegepersonen das notwendige Fachwissen nicht erkennen ließ. Da waren Leute am Werk, die nicht wussten, wie gute Pflege geht. Und, das muss auch den Krankenanstaltenverbund interessieren, es gab freiberufliche Pflegemitarbeiter und -mitarbeiterinnen in dem Haus, so die MA 47 in ihrem Prüfbericht, die anderswo 40 Stunden angestellt waren. Das ist vielleicht ein anderes privat geführtes Heim oder sind aber die Häuser des Krankenanstaltenverbunds, wo jemand aus dem Nachtdienst müde in den Tagdienst in seiner privaten Einrichtung wankt.

 

Die Hygienemaßnahmen wären schlecht. Verschmutzte Verbandswagen werden von Zimmer zu Zimmer geschoben. Wörtlich aus dem Prüfbericht der MA 47: „Es wird in der Praxis keine Kontaminationsmöglichkeit ausgelassen. Man verträgt die Keime systematisch. Arztberichte sind dürftig oder fehlen. Die Bewohner sind selten sauber und gekämmt und gepflegt angetroffen worden."

 

Schlussendlich sagt der Prüfbericht 2003: „Das Ergebnis aus zahlreichen behördlichen intensiven Überprüfungen: Es muss von einem Pflegenotstand ausgegangen werden." - Das war der erste aus einer Reihe von Prüfberichten der MA 47, dann der MA 15, die völlig klar Konsequenzen einmahnen.

 

In der Folge gab es eine behördlich verordnete Reduzierung des Belags. Man hat eingesehen, 110 Bewohner und Bewohnerinnen sind dort zu viel. Im Moment leben etwas mehr als 65 Menschen in diesem KURSANA Tivoli-Heim. Die Stadt Wien, die Frau StRin Pittermann und dann Frau StRin Brauner, hat sich darauf beschränkt, die Zustände, die dort herrschen, für etwas weniger Menschen katastrophal sein zu lassen, aber sie haben nicht grundlegend die notwendigen behördlichen Maßnahmen ergriffen.

 

Warum sage ich das? Ich sage das deshalb, weil die Anzeige an den Staatanwalt seitens des Herrn Pflegeombudsmanns Vogt nicht das einzige Dokument ist, das beweist, wie schlimm dort die Verhältnisse sind. Seit Februar 2005 liegt der Frau StRin Brauner und dem Fonds Soziales Wien der Tätigkeitsbericht des Pflegeombudsmanns vor. Er liegt vor und, Frau StRin Brauner, Sie haben es verabsäumt, diesen Bericht irgendeiner Kommission im Gesundheitsbereich weiterzugeben. Weder hat die Geriatriekommission davon Kenntnis erhalten noch wurde der Tätigkeitsbericht im Fonds Soziales Wien mit dem Beirat besprochen bislang noch war er im Gesundheitsausschuss Thema. Man weiß, wie Sie mit Berichten umgehen, die vor lauter rosarotem Licht gar nicht aufhören zu glänzen, wie zum Beispiel dem Frauengesundheitsbericht. Da wird im Frauengesundheitsbeirat lange und ausführlich diskutiert, da muss man sich nicht vor den Ergebnissen fürchten. Anders ist es beim Tätigkeitsbericht des Herrn Dr Vogt. Da müssen Sie sich offene, deutliche, unbequeme Kritik gefallen lassen, Frau Stadträtin! Damit Sie das nicht von der Opposition erfahren müssen, haben Sie ihn gleich gar nicht vorgelegt.

 

In diesem Tätigkeitsbericht steht nämlich, ich zitiere wörtlich: „Noch immer herrscht in Teilen der öffentlichen und noch mehr in privaten Pflegeeinrichtungen regelrechter Pflegenotstand." - Dr Vogt, Februar 2005. - „Es gibt mehr in privaten als in öffentlichen Einrichtungen skandalöse, weil gefährliche und schlechte Pflege. Wenn sie sichtbar wird, ist sie zu beseitigen, sind derartige Einrichtungen zu schließen." - Kann man es deutlicher sagen als Dr Vogt in seinem Bericht?

 

Dr Vogt geht auch speziell auf die Situation der KURSANA ein. Er stellt fest, dass sich 14 Prozent der dortigen Bewohner beschwert haben. Im Vergleich zu den öffentlichen Heimen, wo es 1,9 Prozent sind, ist das eine unfassbar hohe Zahl, die auf Missstände hinweist.

 

Ende 2004, das hat die Pflegeombudsstelle

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular