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Landtag, 24. Sitzung vom 10.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 33

 

Spitälern liegen heute - und das bestätigen die Experten - über 1°000 pflegebedürftige Menschen teilweise auf den Gängen. Wir kennen die Tagsätze, die in den Spitälern vorhanden sind, wir wissen, dass man dort bis zu 460 EUR pro Tag verrechnet; und wir kennen die Tagsatzgebühren in den Pflegeheimen, die im Durchschnitt bei 110 EUR pro Tag liegen.

 

Wenn wir uns vergegenwärtigen, warum heute pflegebedürftige Menschen in den Spitälern auf den Gängen untergebracht werden müssen, dann liegt es daran, dass Sie es bis heute verabsäumt haben, im Pflegebereich dafür zu sorgen, dass es ausreichend Einrichtungen gibt und dass Sie in Wien auch verstärkt private Anbieter mit Öffentlichkeitsrecht zulassen. Da würde ein Riesenpotential dahinter stehen, da wäre ein Einsparungspotential vorhanden. Ich rechne Ihnen das nur an ein paar Zahlen einmal vor.

 

460 000 EUR pro Tag werden allein für die 1°000 Personen, die im Spital liegen und in Wirklichkeit Pflegefälle sind, verrechnet; das sind im Jahr 168 Millionen EUR. Wenn man jetzt die Differenzsumme der Tagsätze hernimmt, 460 EUR im Spitalsbereich auf der einen Seite und 110 EUR im Pflegeheimbereich, dann komme ich auf einen Differenzbetrag von 350 EUR pro Pflegling - wenn ich einen Pflegeplatz für ihn hätte. Da komme ich für die rund 1°000 pflegebedürftigen Menschen, die heute in den Spitälern liegen, wenn wir sie in den Pflegeheimen unterbringen könnten, auf eine Ersparnis von 350 000 EUR pro Tag, das sind 10,5 Millionen EUR im Monat, und das sind 126 Millionen EUR pro Jahr, die Sie heute zum Fenster hinausschmeißen, weil Sie in diesem Bereich versagt haben. Dieses Geld fehlt uns heute! Dieses Geld könnten wir, wenn wir es in unserer Stadt anders eingerichtet hätten, zielorientierter einsetzen, und damit könnten wir vieles an Sozialprojekten sicherstellen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber da verhandelt der Herr Landeshauptmann beziehungsweise in seinem Auftrag der Herr Finanzstadtrat Rieder wieder einmal nur in die Richtung, Gebühren zu erhöhen, wie bei der Rezeptgebühr, die auf 5 EUR erhöht werden soll, wenn es nach Ihnen und nach Ihren Verhandlungsergebnissen geht. Natürlich sind viele Bedürftige, Tausende Bedürftige in dieser Stadt da, die gerade durch so eine Politik belastet werden und oftmals auch durchs grobmaschige Netz der Wiener Sozialpolitik fallen, weil dann in Wirklichkeit Probleme dabei auftreten, sich das leisten zu können.

 

Wenn wir uns das Heilmittelverzeichnis einmal ansehen und es genau beurteilen, dann kann man sagen: Knapp 20 Prozent der angeführten Medikamente sind billiger als die Rezeptgebühr von derzeit 4,35 EUR. Konkret werden dann, sollte nächstes Jahr die Rezeptgebühr so kommen, wie Sie sie ausverhandelt haben, nämlich mit einer Erhöhung auf 5 EUR, 1 086 Produkte letztlich billiger sein, als es die Rezeptgebühr ausmacht. Es würden insgesamt 1 282 Medikamente sein, die dann billiger wären, als es die Rezeptgebühr ausmacht, und das zeigt mir schon, dass da etwas von Ihrer Verhandlungsseite her nicht richtig definiert wurde.

 

Natürlich begrüße ich die schon lange geforderte und nun endlich beschlossene Senkung der Rezeptgebühr für Generika. Das ist etwas Positives, und das ist ein wichtiges Signal an die Patienten. Aber Sie wissen - zumindest wir haben es uns durchgerechnet, ich weiß nicht, ob Sie das wissen -, dass in Österreich 30,5 Prozent aller Arzneimittel als Generika verordnet werden könnten. Könnten! Das würde bedeuten, dass 54,5 Millionen von insgesamt 178,4 Millionen Packungen, die heute verschrieben werden, sozusagen Generika-Produkte sein könnten. Die tatsächliche Verordnungsmenge von Generika liegt aber lediglich bei 25 Millionen Packungen, das sind 13 Prozent des Gesamtmarktes.

 

Da kann man einhaken, da kann man Überlegungen anstellen, und da wäre es wünschenswert gewesen, wenn der Landeshauptmann - vielleicht auch gemeinsam mit seinem Freund, dem niederösterreichischen Lhptm Pröll - auf den gemeinsamen neuen Freund Karl-Heinz Grasser ein bisschen mehr Druck gemacht hätte, in Richtung der Pharmaindustrie Überlegungen anzustellen und dort auch Einsparungspotentiale zu nützen. Aber es hat offensichtlich dem ehemals starken Mann der SPÖ, nämlich Lhptm Häupl, nicht wirklich Spaß gemacht, das dem Finanzstadtrat Rieder auf den Weg mitzugeben, und er hat sich auch bei seinem Bundesvorsitzenden Gusenbauer leider - aus Ihrer Sicht, leider - nicht durchgesetzt. (Abg Heinz Hufnagl: Ihre Profilierungsabsicht kennen wir!) Aber deshalb stecken wir ja heute in dem Pallawatsch. (Abg Heinz Hufnagl: Ich will Sie aber nicht stören!) - Sie stören mich ja nicht. (Abg Johann Driemer: Eine lustige Geschichte ...!)

 

Aber ich möchte auch Ihre fehlende Glaubwürdigkeit oder Ihr Glaubwürdigkeitsproblem aufzeigen, das aktuell sichtbar wird. Es ist keine lustige Geschichte: Sie nehmen den Wienerinnen und Wienern in vielen Bereichen durch Steuererhöhungen im kommunalen Bereich viel, viel Geld weg. Sie greifen in vielen Bereichen tief in die Taschen der Wienerinnen und Wiener, und wir erkennen auch hier Ihr Papier von Genossen Matznetter, der ja nicht wirklich als ein Entlastungskaiser, sondern eher als Belastungskaiser bekannt geworden ist mit seinem Papier, das er auf den Tisch gelegt hat.

 

Aber wenn ich mir anschaue, dass Herr Gusenbauer jetzt versucht, sich als Rächer der Enterbten darzustellen - Herr Gusenbauer versucht jetzt sozusagen das, was Sie an Belastungen ausverhandelt haben, durch sein Overrulen wieder zurückzunehmen -, dann ist das eine Katze, die sich in den Schwanz beißt. Das ist ja Ihr Verantwortungsbereich gewesen! Das ist Ihr Verantwortungsbereich gewesen, und das war die Forderung des Herrn Finanzstadtrats. Wollen Sie das vergessen? Wollen Sie einfach beiseite schieben, dass es auch in den Protokollen der Verhandlungen so festgemacht wurde, dass das Ihr Finanzstadtrat Rieder zum Besten gegeben hat? Warum hat er sich nicht vorher mit Gusenbauer akkordiert? - Das ist die Frage, die man stellen sollte. (Abg Godwin Schuster: Ihnen geht es nur um Populismus! Nicht einmal in der Regierung zeigen Sie Verantwortung!)

 

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