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Landtag, 2. Sitzung vom 28.06.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 74

 

Fragen und Informationen über das Kraftwerk Temelin und über die Umweltverträglichkeitsprüfungen stattgefunden. Schon im Vorfeld haben die SPÖ und die GRÜNEN gesagt, sie werden daran nicht teilnehmen und lehnen dieses Hearing ab.

 

Halten Sie eine Informations- und Diskussionsverweigerung bei diesem durchaus schwierigen Problem, wo sicher noch sehr viele Fragen offen sind und wahrscheinlich auch viele nicht ordnungsgemäß beantwortet werden konnten, für den richtigen Weg im Umgang mit unseren tschechischen Nachbarn beziehungsweise mit Temelin?

 

Präsident Johann Hatzl: Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Grundsätzlich halte ich Diskussionsverweigerungen für nicht gut und Gespräche sollten immer geführt werden, denn es ist ja innerhalb Europas, so hoffe ich, für alle Zukunft der einzige Weg, Konflikte auch aufzulösen, insbesondere natürlich auch solche Konflikte, die über ganz entscheidende Zukunftsfragen Europas und gerade auch Mitteleuropas abgehen.

 

Ich habe auf der anderen Seite aber auch Verständnis dafür, dass man angesichts einer Diskussionsverweigerung von der anderen Seite her - und wenn man sich die Unterlagen angeschaut hat, die hier vorgelegt wurden, so würden die ja nicht einmal die erste Minute einer tatsächlichen UVP nach österreichischem Recht überstehen - hier entsprechende Maßnahmen setzt. Ich habe auch keine besondere Freude damit - das verhehle ich nicht -, wenn Grenzübergänge blockiert werden. Aber ich habe ein gewisses Verständnis dafür, dass man angesichts dessen, wie von der anderen Seite hier mit dem Diskussionsrecht umgegangen wird, hier auch Aktionen im Rahmen der Gesetze setzt - selbstverständlich bei Einhaltung der Gesetze -, die darauf aufmerksam machen, dass man hier eigentlich auch jedenfalls nach unserem Recht, wenn ich das UVP-Rechtsgehwerk hernehme, Gesetz bricht.

 

Ich denke, dass es nunmehr auf das Fingerspitzengefühl von allen ankommt, dass man hier gewaltfrei und im Dialog und im Gespräch und in der Überzeugungsarbeit letztendlich diesen Konflikt auch aufarbeitet. Am Ende des Tages kann sicherlich nur stehen, dass Kernkraftwerke wie dieses in Temelin geschlossen werden. Aber wir haben ja auch noch mit anderen zu tun, wenn ich beispielsweise an Mochovce oder an Krsko denke, die mit ähnlichen Problemen behaftet sind und diese Auseinandersetzung zurzeit ja eine symbolhafte ist, um derartige Kernkraftwerke ebenso zu schließen, wie dies nach dem Zusammenschluss der ehemaligen DDR mit der BRD, also in den so genannten neuen Bundesländern, ja auch passiert ist, wo eine Reihe von Kernkraftwerken geschlossen wurde.

 

Meine Hoffnung gilt natürlich einer kernkraftfreien Zukunft, eine Position, die sich auch durch mein ganzes persönliches, politisches und sachliches Leben zieht. Aber wir sind Gott sei Dank in einer Entwicklung in diesem Europa, wo man durch Gespräche und Überzeugungsarbeit ein solches Ergebnis erzielen muss und nicht durch Gesprächsverweigerung oder gar Gewaltaktionen.

 

Präsident Johann Hatzl: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abg Mag Maresch.

 

Abg Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Bürgermeister!

 

Ich schätze Ihr Engagement in diesem Punkt. Aber was werden Sie unternehmen, um Alternativen in den EU-Beitrittswerberländern zu unterstützen und möglicherweise auch finanziell zu fördern?

 

Präsident Johann Hatzl: Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Ich habe vor geraumer Zeit so etwas wie einen Energiemarshallplan für die Beitrittsländer der Europäischen Union vorgeschlagen, aber auch darüber hinaus. Dieser Energiemarshallplan hat allerdings in seinem Vorschlag nicht nur beinhaltet, dass Österreich finanzielle Mittel in Europa auftreibt, in Europa finanziellen Mitteleinsatz kritisiert und hinterfragt oder auch Eigenmittel beibringt, die der Stromerzeugung dienen, sondern es ist ein Energieversorgungsgesamtplan zu entwickeln, der den Ländern insbesondere auch hilft, Energie effizient einzusetzen.

 

Denn ähnlich wie dies für uns vielleicht leichter nachvollziehbar beim Trinkwasser ist, so gilt dies auch etwa im Energiebereich, dass sehr viel Energie - ebenso wie bei Wasser - beim Transport verloren geht und am Ende in den entsprechenden Umsetzungsgeräten natürlich eine Menge von Energie ich sage jetzt verschwendet wird, wiewohl das einen negativen Beigeschmack hat. Sie haben ja vorläufig jedenfalls noch nicht jenen Wirkungsgrad in den Geräten, der bei uns an sich Stand der Technik ist, aber auch nicht überall eingesetzt wird, aber wo nichtsdestotrotz jedenfalls die Möglichkeit dazu besteht. Es ist also ein Gesamtplan zu entwickeln, der vom effizienten Energieeinsatz bis zur tatsächlichen Energieproduktion auch reicht.

 

Da komme ich nicht umhin, hier insbesondere auch den finanziellen Mitteleinsatz, sei es der Weltbank, aber sei es insbesondere auch der Europäischen Bank für Wiederaufbau, zu kritisieren, denn mit einem wesentlich geringeren Teil jener Mittel, die zum Bau von Temelin zugeschossen wurden, hätte man die gesamten kalorischen Kraftwerke im Norden der Tschechischen Republik auf einen technischen Stand bringen können, der den Stand der Wiener kalorischen Kraftwerke, sowohl was die Energienutzung, den Wirkungsgrad als auch die ökologischen Auswirkungen betrifft, tatsächlich auch hätte erreichen können. Mit einem Bruchteil der Mittel, die für Temelin eingesetzt wurden!

 

Diese Diskussion muss man auch insofern einmal führen, um die gesamteuropäische Verantwortung dabei zu betonen. Es liegt nicht alleine in der Verantwortung der Tschechischen Republik, sondern auch in der Verantwortung der Europäer, die mit Geld eine bestimmte Energiepolitik gerade auch in den ehemaligen kommunistischen Ländern finanziert haben und

 

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