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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 27.06.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 103 von 115

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die Redezeit war 9 Minuten. - Darf ich jetzt noch wissen, welchen Antrag Sie zurückziehen? (GRin Viktoria Spielmann, BA: Ich habe es eigentlich schon gemeldet!) Ja, wir haben 150 Anträge vor, vielleicht können Sie ihn mir dann nur zeigen. - Die Restredezeit für die GRÜNEN ist 6 Minuten. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr. Gorlitzer, selbstgewählte Redezeit ist 7 Minuten, Fraktionsredezeit ist 27 Minuten. Bitte schön.

 

20.36.18

GR Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren!

 

Wir haben heute in der Früh vom Herrn Finanzstadtrat gehört, dass die Gesundheitsmetropole Wien ein zentrales Thema hier in Wien ist. Warum aber ist die Wiener Medizin eigentlich so berühmt? Das basiert vor allem auf den hervorragenden Persönlichkeiten und Leistungen, die diese Persönlichkeiten auch machen, die international bekannt und gut vernetzt sind.

 

Das Wiener Gesundheitssystem ist auch deswegen so gut, weil es so viele engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den verschiedenen Gesundheitsberufen gibt, Ärztinnen und Ärzten, Pflegeberufe, technische Assistenten, Fachgehilfen, Reinigungspersonal und auch administrative Dienste. Die Gesundheitsmetropole ist deswegen gut, weil es diese Leute gibt und sicher nicht deswegen, weil es diese Stadtregierung gibt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Das Gesundheitsbudget beträgt ein Drittel des Gesamtbudgets, und ich muss Ihnen leider sagen, diese Idee der Gesundheitsmetropole bröckelt zunehmend. Leider zeigten sich gerade in den letzten Jahren eher falsche Entwicklungen. Personalmangel, das hören wir dauernd, leerstehende OP-Säle, katastrophale Zustände in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Engpässe in den Pflegeeinrichtungen sind evident.

 

Es vergeht eigentlich kein einziger Tag, an dem wir Wienerinnen und Wiener nicht lesen, welche Verschlechterung der Gesundheitsversorgung zu Tage tritt. Das sehen wir, Kollege Seidl hat es schon gesagt, an den zahlreichen Gefährdungsanzeigen. Wir sehen das jetzt auch im Rahmen des Warnstreiks in der Klinik Ottakring, wozu der Herr Stadtrat letzte Woche sehr wortreich zahlreiche Falschaussagen getätigt hat. Wir haben heute einige davon schon gehört.

 

Die Zahl der Oberärzte stimmt nicht, auch die Zahl der Nebenbeschäftigungen stimmt nicht. Es ist halt nicht so einfach, wenn man dort arbeitet und einen Patienten zwei Stunden einfach liegen lassen muss, der möglicherweise einen Herzinfarkt hat, weil zu wenig Ressourcen da sind. Das frustriert einen extrem und es frustriert die Mannschaft, das Personal noch mehr, wenn hier im Gemeinderat von einem Stadtrat alles andere als wertschätzend mit dem Personal umgegangen wird, indem man ihm sagt, ihr habt zu viele Nebenbeschäftigungen und ihr hackelt eh nichts, weil nur 30 Rettungen pro Tag ankommen. Das ist nicht Wertschätzung.

 

Daher verstehe ich auch, dass zahlreiche Personen aus dem öffentlichen Gesundheitssystem fliehen. Das sagen auch 82 Prozent der Spitalsärztinnen und -ärzte. Die finden nämlich, dass die aktuellen Rahmenbedingungen im Spital zu einem anhaltenden und nachhaltigen Qualitätsverlust vor allem in der medizinischen Ausbildung führen. Bei unserer Anfrage stellte sich heraus, dass 18 Prozent der Ausbildungsstellen für Ärzte und Ärztinnen in Wiener Spitälern gar nicht besetzt sind. Dazu kommt noch, dass 40 Prozent der Spitalsärzte, und ich werde einer davon sein, in den nächsten 10 Jahren in den Ruhestand gehen. Was macht der Wiener Gesundheitsverbund? Was macht man in dem Fall? - Also eine Idee wäre, einen Arbeitskreis zu machen.

 

Nein, sie machen etwas viel Besseres, Kollegin Korosec hat es schon gesagt, sie beauftragen einen externen Berater - das kostet wieder ein bisschen mehr -, der die Anzahl der Ausbildungsstellen evaluieren soll und wie das weitergehen soll. An sich müsste das jedes Personalbüro auf Knopfdruck haben, aber in den Wiener Spitälern passiert das offensichtlich nicht. Diese Probleme, die wir in den Wiener Spitälern haben, basieren auf falschen oder unzureichenden Personalbedarfsberechnungen. Das sieht man auch daran, dass 25 Prozent der ÄrztInnen die gesetzlichen Ruhezeiten gar nicht einhalten können, und 89 Prozent - 89 Prozent - der Ärztinnen und Ärzte ihre Arbeit eigentlich nur dann fertig machen können, wenn sie zum Teil immense Überstunden machen.

 

Viele Probleme im Gesundheitsbereich sind hausgemacht, und verantwortlich gemacht werden vom Herrn Stadtrat: die Ärztekammer, die Bundesregierung, Europa, manchmal verschwört sich ja die ganze Welt gegen die Wiener Spitalslandschaft. Wir stellen halt viele Anfragen, Entschuldigung dafür, dass wir viele Anfragen stellen, aber viele Anfragen werden halt beantwortet, und wir sehen dann, dass da eine frappante Ahnungs- und Planungslosigkeit herrscht. Deswegen stellen wir auch heute den Antrag, dass wir eine vorausschauende, verlässliche und ehrliche Personalplanung für die nächsten Jahre im Wiener Gesundheitsverbund brauchen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Zudem werden wir einen weiteren Antrag zur Ausbildungsoffensive für Medizinerinnen und Mediziner stellen, auch da eine langjährige Forderung, dass auch ältere Kolleginnen und Kollegen freiwillig weiterarbeiten können und sich mit den Ausbildungsplänen beschäftigen. Wir brauchen auch eine gescheite Entlohnung für Ärztinnen und Ärzte je nach Ausbildungsstand, und als Erstes gehört eigentlich auch eine Stabstelle für ärztliche Ausbildung im Wiener Gesundheitsverbund eingerichtet.

 

Neben der wertschätzenden Unternehmenskultur, die uns hier im Gemeinderat wirklich frappant abhandengekommen ist, besteht natürlich auch eine Unzufriedenheit mit dem Gehalt und der Entlohnung. Sie brauchen nur Ihren Kurzzeitparteichef und jetzigen Landeshauptmann im Burgenland anschauen, der das ein bisschen anders gelöst hat.

 

In Wien hat Kollege Meidlinger die Gehälter für die Gesundheitsberufe hervorragend verhandelt, nämlich nicht einmal 7 Prozent. Das ist die geringste Lohnsteigerung fast aller Branchen, abgesehen jetzt von Politikerinnen und Politikern, aber nicht einmal 7 Prozent Lohnsteigerung entspricht einem Nettoeinkommensverlust gerade

 

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