«  1  »

 

Gemeinderat, 40. Sitzung vom 27.06.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 115

 

chen aber auch psychologische Unterstützung, psychologische Versorgung, und zwar da, wo sie sind, in den Schulen beziehungsweise im öffentlichen Raum. Deshalb bin ich sehr froh, dass Bundesminister Rauch gerade in den letzten Tagen die Aktion „Gesund aus der Krise“ aufgestockt hat. Das heißt, es gibt mehr psychologische Beratungsplätze für Kinder und Jugendliche. Die Jugendlichen brauchen auch Räume für einen Austausch darüber, wie es Ihnen in der Pandemie ergangen ist, was Ihnen gefehlt hat und warum sie sich sorgen, damit sie mit Zuversicht und mit eigenem Zutrauen in eine gute Zukunft in Wien gehen können, liebe Kolleginnen und Kollegen.

 

Und wie geht es eigentlich den Kindern in der Stadt, die sich auf Grund der Klimakrise jedes Jahr weiter aufheizt, in der es im öffentlichen Raum immer noch viel zu wenige Möglichkeiten für Abkühlung gibt. Kinder und Jugendliche - das wissen wir - brauchen Räume in der Stadt, in denen sie sich selbstständig bewegen können, und diese Orte werden im Moment weniger als mehr. Kinder brauchen Sicherheit, sie brauchen Bewegungsfreiheit, sie brauchen sichere Schulwege, die sie leicht zu Fuß, mit dem Roller oder mit dem Rad zurücklegen können. Sie brauchen verkehrsberuhigte Schulvorplätze, verkehrsberuhigte Straßen.

 

Paris geht da gerade mit extrem guten Beispiel voran. In Paris werden gerade alle Straßen, wo es Schulen gibt, in ganz unkomplizierter Art und Weise gesperrt, und zwar in der Zeit, in der Unterricht ist. Da braucht es keine teuren Umbauten. Das geht ganz einfach. Man macht einfach temporäre Sperren, und dort, wo Schulen sind, können sich Kinder ohne Autos frei bewegen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Kinder und Jugendliche haben auch ein Recht darauf, eine Bildungspolitik zu erleben, die nicht zwischen Verlierern und Gewinnern unterscheidet oder diese gegeneinander ausspielt. Gerade im Bereich der Bildung ist in Wien leider vieles gar nicht so lebenswert. Denken wir etwa an die LehrerInnenzuteilung. In vielen Schulen sind keine LehrerInnen in den Klassen gestanden, als wir sie gebraucht haben. Denken wir an die Gehälter, die nicht rechtzeitig ausbezahlt wurden. Denken wir an den verschleppten Förderskandal und an die fehlenden Kontrollen, wie man leider sagen muss. In einer lebenswerten Stadt muss auch im Bildungsbereich auf Chancengerechtigkeit geschaut werden und darauf, dass diese wirklich für alle Kinder lebenswert ist. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Die gleiche Frage betreffend Lebensqualität kann man auch im Hinblick auf den Wirtschaftsbereich stellen. Schauen wir uns doch einmal an, für welche Art des Wirtschaftens und für welche Art von Unternehmen Wien besonders attraktiv ist. Welche Unternehmen werden besonders gefördert und vor den Vorhang geholt? Es sind Wiens klimasoziale Unternehmen, die Wien immens bereichern, die attraktive Arbeitsplätze im Bereich der Kreislaufwirtschaft schaffen. Noch immer sind aber klimasoziale Kriterien - und diese gibt es in der Vergabepolitik der Stadt Wien - keine fixen Kriterien, und das ist angesichts der Herausforderungen, vor denen wir stehen, wirklich fahrlässig, weil das ein einfaches und wirkungsvolles Instrument ist, um die Vergabepolitik der Stadt in Richtung klimasoziale Politik zu fördern und zu stärken. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich habe seit Anfang dieses Jahres eine Tour durch die Welt der klimasozialen Unternehmen gemacht und habe dort phantastische Beispiele kennen gelernt. Ich nenne etwa das Baukarussell, die Radstation oder Wien Work. All das sind großartige klimasoziale Unternehmen, und diese Unternehmen könnten noch viel mehr beitragen. Sie könnten noch viel mehr Arbeitsplätze schaffen, sie könnten einen Beitrag für eine echte, umfassende Kreislaufwirtschaft in der Stadt leisten. Etwas hat sich bei allen Tourterminen bestätigt. Die Unternehmen erzählen alle Ähnliches: Was fehlt, sind maßgeschneiderte, adäquate Förderungen und die Möglichkeit für Pilotprojekte. Außerdem werden diese Unternehmen nicht in eine zukünftige und nachhaltige Wirtschaftsrate der Stadt mitgedacht, indem zum Beispiel auf klimasoziale Vergabekriterien Rücksicht genommen und eingegangen wird. Wir könnten diese klimasozialen Unternehmen beziehungsweise die Unternehmen der Kreislaufwirtschaft beherzt mit einer öffentlichen Auftragsvergabe stärken und sie zu wirklichen Flaggschiffen für eine zukunftsfähige, nachhaltige Wirtschaftspolitik in Wien machen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Noch ein letzter Punkt: Ist Wien die lebenswerteste Stadt der Welt, wenn es um eine klimasoziale Zukunft geht? - Mein Kollege Peter Kraus hat das schon gesagt, und ich möchte es noch einmal wiederholen: Es gibt Rekordhitze, es gibt Tropennächte, es gibt Hitzesommer. Wir alle spüren mittlerweile die Auswirkungen der Klimakrise in der Stadt. Und mit den direkten Folgen der Klimakrise legt sich sozusagen auch ein Brennglas sozialer Ungleichheit über diese Stadt. Wir sehen, dass die Klimakrise nichts anderes als tatsächlich die größte soziale Frage unserer Zeit ist. Damit erhebt sich die größte Verteilungsfrage unserer Zeit. Es geht darum, dass diejenigen, die ohnehin schon kämpfen müssen, um irgendwie über die Runden zu kommen, sich eben nicht auf ihrer Terrasse ein schattiges Plätzchen suchen und sich abkühlen können. Und sie können sich auch keine Wahlärztin beziehungsweise keinen Wahlarzt suchen, wenn Sie auf Grund der Hitze in der Stadt krank werden.

 

Es braucht nicht nur alle Anstrengungen, um die weiteren Folgen der Klimakrise einzudämmen, sondern es geht auch darum, die akut gewordenen Bedrohungen möglichst effizient miteinander zu bekämpfen. Und zu dieser klimasozialen Zukunft gehört auch die Frage der Energiewende. Das ist ganz wesentlich: Raus aus Öl und Gas! Her mit nachhaltiger Energie. Warum zeigen wir das nicht schon längst im Gemeindebau? Wir haben gehört: Es gibt acht Photovoltaikanlagen im Gemeindebau. Warum fangen wir nicht gerade im Gemeindebau, wo Menschen leistbares Wohnen und leistbare Energie brauchen, mit beherzten Sanierungen, mit Photovoltaikanlagen, mit Energiegemeinschaften, mit Nachbarschaften, die sich umeinander kümmern, an? Leistbares Wohnen bedeutet in Zukunft vor allem auch leistbare und erneuerbare Energie. Wien wird dann die lebenswerteste Stadt sein, wenn es nicht um das Heute derjenigen geht, die es sich ohnehin richten können, sondern wenn es um das Morgen der

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular