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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 27.06.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 22 von 115

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau StRin Mag. Pühringer, und ich erteile es ihr. Selbstgewählte Redezeit 13 Minuten. Bitte, Frau Stadträtin.

 

11.17.05

StRin Mag. Judith Pühringer|: Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Es hat sich heute schon ein bisschen durch die Reden gezogen, und es wurde öfter erwähnt, dass Wien erst letzte Woche wieder zur lebenswertesten Stadt der Welt gewählt wurde. - Ja. Vieles an dieser Stadt ist zweifellos großartig, und daher ist es an dieser Stelle zu Beginn für mich das Wichtigste, mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Magistratsabteilungen und in den Tochterunternehmen sehr aufrichtig und sehr herzlich dafür zu bedanken, dass sie jeden Tag im Einsatz für alle Wienerinnen und Wiener sind. - Vielen herzlichen Dank! (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ, NEOS und ÖVP.)

 

Die Studie, die zum Schluss kommt, dass Wien wieder die lebenswerteste Stadt der Welt ist, ist die sogenannte Mercer-Studie. Und wir unterhalten uns dann fast jedes Jahr darüber, wie die Ergebnisse der Mercer-Studie zustande kommen, ob das quasi eine Umfrage von Expats und Führungskräften ist oder ob es dabei nicht vielmehr um Sekundäranalysen geht, wie quasi die Kriterien dafür berechnet werden. - Egal, wie die Studie tatsächlich zum Ergebnis kommt, dass Wien die lebenswerteste Stadt der Welt ist, eine Frage bleibt offen, und wir dürfen nicht aufhören, diese Frage zu stellen, nämlich: Für wen ist Wien die lebenswerteste Stadt? Aus genau welcher Perspektive ist Wien die lebenswerteste Stadt der Welt?

 

Es lohnt sich, da genauer hinzuschauen. Ist Wien beispielsweise die lebenswerteste Stadt für alle Frauen? - Diese Frage betrifft natürlich zuallererst die Frage der gerechten Verteilung, der Verteilung von gerechten Chancen auf dem Arbeitsmarkt und sozusagen der gerechten Verteilung von Sorgearbeit und Erwerbsarbeit. Es geht aber auch um die Frage, ob wir endlich etwas dafür tun, dass essenzielle Berufsbilder wie zum Beispiel der Pflegeberuf beziehungsweise die Berufe im Gesundheitsbereich, die hauptsächlich von Frauen ausgeübt werden, endlich nachhaltig attraktiver gestaltet werden. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Solange wir da nicht genauer hinschauen, solange wird es auch nicht gelingen, den Arbeitskräftemangel beziehungsweise den Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich und Pflegebereich tatsächlich nachhaltiger zu bekämpfen. Wir kennen den Hebel: Es gibt einen ganz konkreten, wirkungsvollen Hebel, um die Arbeitsbedingungen im Gesundheitsbereich und im Pflegebereich attraktiver zu gestalten, und das ist die Arbeitszeitverkürzung, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Es gibt mittlerweile unzählige Studien, und es ist völlig klar: Wenn die Arbeitszeit geringer wird, steigt die Lebensqualität, und die Arbeitszeitverkürzung ist auch ein guter Beitrag für eine gerechtere Verteilung von Erwerbsarbeit und Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen. Und die Stadt Wien könnte längst mit gutem Beispiel vorangehen. Ja. Da seid ihr, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ-Wien, besonders gefragt, das endlich umzusetzen, was ihr auf dem Parteitag immer fordert, was die Gewerkschaft fordert, was euer Bundesparteivorsitzender fordert. In Wahrheit ist eine Arbeitszeitverkürzung im Bereich der Pflege bei den Bediensteten der Stadt Wien im Jahr 2023 nämlich nicht einmal innovativ, sondern einfach nur überfällig, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wenn wir fragen, ob Wien lebenswert für alle Frauen in dieser Stadt ist, dann dürfen wir natürlich auch die Stadtplanung nicht außer Acht lassen. Es ist nämlich aus vielen Gründen schlicht und einfach schlau, unsere Stadt auch mit einem feministischen Blick zu planen. Warum? - Weil unsere Stadt jahrelang autogerecht und nicht menschengerecht gestaltet wurde. Frauen, die vor allem Sorgearbeit leisten, bewegen sich nämlich anders durch die Stadt. Sie haben ein völlig anderes Mobilitätsverhalten. Sie sind viel mehr mit den Öffis und zu Fuß unterwegs. Sie legen ganz andere Wege zurück. Daher profitieren natürlich auch besonders Frauen, wenn die Interessen von FußgängerInnen besonders berücksichtigt werden, wenn Öffis ausgebaut werden. Genau das wünschen sich Frauen auch. Denken Sie an die Wiener Frauenbefragung! Was ist herausgekommen? Was wünschen sich Frauen? - Sie wünschen sich mehr Öffis, mehr Grünraum, mehr Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum. Und das, sehr geehrte Damen und Herren, ist wiederum für alle Menschen in dieser Stadt gut. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wenn wir hinterfragen, ob Wien die lebenswerteste Stadt der Welt ist, dann müssen wir auch fragen: Ist Wien die lebenswerteste Stadt der Welt gerade für alle Kinder und Jugendlichen? - Diesbezüglich mache ich mir, ganz ehrlich gesagt, die größten Sorgen, denn wir wissen, dass in den Pandemiejahren und auch jetzt die Anzahl an Jugendlichen, die psychische Belastungen haben beziehungsweise psychisch immer noch belastet aus der Krise gekommen sind, sehr stark gestiegen ist.

 

Wir wissen auch, dass sich der psychische Gesundheitszustand von Mädchen im Vergleich zu Buben extrem verschlechtert hat. Natürlich steht das im Zusammenhang mit dem Thema Einsamkeit, wie wir während der Pandemie gesehen haben, aber natürlich auch im Zusammenhang mit den vielen, multiplen Krisen, mit der Klimakrise, mit dem unsicheren Blick in die Zukunft, mit dem Krieg, mit der Wirtschaftskrise. Diese Häufung von Problemen macht den Kindern und Jugendlichen in dieser Stadt große Sorgen, und daher ist es ein Auftrag an uns Politikerinnen und Politiker, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir diese Kinder und Jugendlichen in Wien nicht allein lassen. Wir müssen hinschauen, und da dürfen wir nicht bei der erfreulichen Überschrift betreffend die beste Lebensqualität stehen bleiben, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Was brauchen diese Jugendlichen ganz konkret? Was brauchen sie und haben sie noch immer nicht? - Wir brauchen eine ausreichende Anzahl an psychiatrischen Plätzen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Sie kennen die Berichte, und zwar auch die Berichte von Menschen, Jugendlichen und Eltern, die dort waren. Diese Plätze sind nicht ausreichend in dieser Stadt. Die Jugendlichen brau

 

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