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Gemeinderat, 36. Sitzung vom 23.03.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 95

 

Wir sprechen heute über insgesamt fünf Plandokumente, das wurde heute schon mehrfach gesagt. Vier davon betreffen die Ausweitung der Schutzzonen in Oberlaa und Unterlaa, ein Plandokument betrifft eine Widmung - für die, die sich nicht so gut auskennen - östlich der Therme. Darüber reden wir heute. Worüber wir heute nicht abstimmen, und das möchte ich gleich vorausschicken, ist das Stadtentwicklungsgebiet Rothneusiedl, weil das in diesen Reden immer wieder suggeriert und auch auf Social Media so präsentiert wird, indem man von der Versiegelung von landwirtschaftlichen Flächen spricht.

 

Man sieht Bilder, wo Menschen in den Feldern von Rothneusiedl stehen und diese sozusagen zu schützen versuchen. Das ist ein ganz anderes Thema. Darüber wird heute nicht abgestimmt. Und weil heute Gott sei Dank diese fünf Widmungen zum Schwerpunkt gewählt wurden, bleibt uns auch Zeit, nicht nur über diese fünf Widmungen zu sprechen, sondern über Stadtplanung insgesamt. Dafür bin ich sehr dankbar, auch weil sich diese fünf Widmungen diese Tiefe heute verdient haben.

 

Städte sind der Lebensraum der Zukunft. Dieser Satz aus sechs Wörtern sagt eigentlich alles, wie Städte sich entwickeln, in welche Richtung und was es braucht. Weltweit gibt es den Trend zur Urbanisierung, davon kann sich auch Wien nicht abkapseln. Das ist in Schwellen- und Drittländern eine eher rasante Entwicklung, in Mitteleuropa ist es eine kontinuierliche Entwicklung. In Österreich wohnen derzeit so 60 Prozent der Menschen in Städten, das hat sich in den letzten 10 Jahren gerade einmal um 2 Prozent verändert.

 

Die Prognose ist, dass 2050 70 Prozent der Menschen in Städten wohnen werden. Es ist aber jetzt nicht die Frage, wie man das verhindern kann, sondern wie diese Städte der Zukunft ausschauen sollen und worauf StadtplanerInnen hier Rücksicht nehmen müssen. Da geht es um Fragen der Energie, welche Baumaterialien verwendet werden, wie der öffentliche Raum ausschauen soll, welche Art von Mobilität diese Stadt der Zukunft braucht.

 

Das sind Fragen und Herausforderungen, denen sich die StadtplanerInnen hier und jetzt stellen müssen, denn die Stadt der Zukunft wird jetzt gebaut. Wir haben letztens in der Stadtentwicklungskommission gehört: Diese Gebäude werden 150 Jahre stehen. Also was wir jetzt planen, was wir jetzt bauen, das steht noch in 150 Jahren und das muss einer Welt in 150 Jahren gerecht werden. Ich würde jetzt gerne die Zeit, die wir heute haben, nutzen, um uns einige Stadtentwicklungsgebiete anzuschauen, die gerade in aller Munde sind.

 

Das Heidjöchl und Rothneusiedl sind zwei Stadtentwicklungsgebiete, wo es in letzter Zeit BürgerInnenveranstaltungen gab, zu denen auch wirklich sehr viele Menschen gekommen sind. Ich möchte mit dem Heidjöchl anfangen: Das wird dicht bebaut, sehr dicht. Auf 35 ha sollen dort einmal 11.000 Menschen wohnen. Das ist sehr dicht, das ist dichter als die Seestadt. Will man aber eine Stadt bauen, die fußläufig erreichbar ist, eine Stadt der kurzen Wege, eine 15-Minuten-Stadt, dann braucht man Dichte.

 

Das hat auch die Menschen, die dort bei der Bürgerversammlung waren, nicht geärgert. Was sie geärgert hat, war, dass sehr, sehr, sehr viel nicht in den schönen Broschüren abgebildet war, das dort droht, und ich benutze dieses Wort ganz bewusst. Ich möchte Ihnen kurz zeigen, was den Menschen dort gezeigt wurde. (Die Rednerin hält einen Plan in die Höhe.) Das war so ein Plan, mit einer gelben, strichlierten Linie. Ich habe noch die Stimmen der Menschen im Ohr, die dort standen und sagten: Ich sehe eigentlich nur gelbe Stricherln.

 

Was sieht man noch auf dieser Broschüre? - Eine dicke, fette Straßenbahn, den 27er, der selbst schon den Nicht-DonaustädterInnen bekannt sein wird, weil er eine dieser Straßenbahnlinien ist - gemeinsam mit anderen Straßenbahnlinien, die schmerzhaft fehlen -, auf die wir schon Jahrzehnte warten. Was dort nicht abgebildet ist, ist eine dicke, fette Straße, die da durchlaufen wird. Die Menschen, die solche Broschüren nicht mehr eins zu eins nehmen, die haben sich vorher erkundigt, und ich muss sagen, die Website der Stadt Wien liefert da phantastische Informationen.

 

Wenn man sich den Strategieplan für das Heidjöchl anschaut, dann liest sich das dort so: Es wird ein Erschließungskorridor diagonal von der Anschlussstelle Heidjöchl bis zur Lackenjöchlgasse verlaufen, um die parallel verlaufende Hausfeldstraße zu entlasten. Dieser Korridor wird das zentrale Rückgrat dieses Quartiers sein. Was heißt das übersetzt? - Übersetzt heißt das: Durch diese Wohngegend mit 11.000 Menschen wird eine dicke, fette Straße führen, die an die Anschlussstelle Heidjöchl - an die Autobahnanschlussstelle Heidjöchl - münden wird, und wenn es nach SPÖ, ÖVP und FPÖ geht, soll ja diese S1 auch einmal in die Lobau-Autobahn münden. Wenn es nach ihnen geht.

 

Also man hätte den Leuten eine Broschüre in die Hand drücken und sagen müssen: Leute, ihr werdet euch an einem Autobahnzubringer ansiedeln. Das wäre ehrlich gewesen. Genau das hat die Menschen dort wirklich aufgebracht. Mir tun mittlerweile die Leute leid, die diese Stadtentwicklungsgebiete präsentieren müssen. Das habe ich auch in Rothneusiedl erlebt, die werden dort von erbosten Bürgern angeschrien, machen eigentlich nur ihren Job, können nichts dafür und kriegen dort die ganze Wut ab.

 

Ich möchte jetzt aber noch kurz beim Heidjöchl bleiben. Sie sehen hier (den Plan erneut in die Höhe haltend): Die Stadtautobahn ist ganz leicht lila strichliert, da gibt es keine Spange, nichts, keine Autobahnauffahrten, nichts wird dort eingezeichnet, und das, liebe Leute, ist eine ordentliche Täuschung! Ich möchte auch an noch etwas erinnern: Mit welchen Argumenten, ich nenne jetzt die Argumente der SPÖ, wird die Stadtstraße überhaupt gerechtfertigt? - Um die alten Ortskerne vom Verkehr zu entlasten. Die alten Ortskerne sind übrigens auch ein ganz großes Thema bei den heutigen Widmungen in Oberlaa.

 

Dann kamen Leute, die sich dort ganz gut auskennen, plötzlich drauf, der Plural, alte Ortskerne, das ist geographisch gar nicht möglich. Dann kam der Schwenk: Nicht die alten Ortskerne sollen entlasten werden, sondern die Wohngegenden. Und dann frage ich Sie: Was ist das, was hier neben einer Hochleistungsstraße gebaut wird? - Das ist eine Wohngegend. Das heißt, man baut Wohngegenden entlang von Hochleistungsstraßen. Ich würde sagen,

 

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