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Gemeinderat, 33. Sitzung vom 25.01.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 106

 

Wirkungsbereich noch besser machen können. Das wird das nächste Thema des Wiener Integrationsrates sein. Ich freue mich auf die Expertise der Mitglieder des Wiener Integrationsrates. Es gibt einige Mitglieder, die sich beim Thema Staatsbürgerschaftsrecht und auch bei den Themenbereichen Politik und Soziologie der Staatsbürgerschaft sehr, sehr gut auskennen. Da freue ich mich, dass dies das nächste Thema ist, wobei es im heurigen Jahr noch vor dem Sommer ein weiteres Statement geben wird und dann wie immer politische Ableitungen daran geknüpft werden.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 2. Zusatzfrage kommt von den GRÜNEN. Frau GRin Mag. Aslan, bitte.

 

9.08.37

GRin Mag. Aygül Berivan Aslan (GRÜNE): Guten Morgen, Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Herr Vizebürgermeister, es ist sehr wichtig, was Sie angesprochen haben, und zwar die ganzen Deutschdefizite in den Schulen. Das hat sich in den letzten Tagen auch in einer Studie herausgestellt. Ich finde, es ist enorm wichtig, da wirklich in die integrationspolitischen Maßnahmen zu investieren. Vor allem denke ich auch, dass man da ein bisschen aufpassen sollte, dass man das Problem nicht nur auf eine Menschengruppe sozusagen suggeriert. Ich denke, schulische Defizite gibt es genauso bei Schülerinnen und Schülern, die aus bildungsfernen Familien kommen, die aus armutsgefährdeten Familien kommen. Deswegen braucht man da, wie ich finde, ein sehr breites Maßnahmenpaket.

 

Aber zu meiner Frage: Der Wiener Integrationsrat hat auch empfohlen, dass man für Schülerinnen und Schüler, die nach zwei Jahren immer noch mangelnde Deutschkenntnisse aufweisen, weitere Förderungen sozusagen planen sollte. Ist da etwas geplant? Wenn ja, wann sollte das zustande kommen?

 

Und ich hätte noch eine Frage zur Staatsbürgerschaft, weil ich nicht damit gerechnet habe, dass ...

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl (unterbrechend): Es ist nur eine Frage zulässig, Frau Kollegin, leider.

 

GRin Mag. Aygül Berivan Aslan (fortsetzend): Ich stelle sie gerne später, danke.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Danke. Herr Stadtrat, bitte.

 

VBgm Christoph Wiederkehr, MA: Zuerst zu Ihrer Analyse, auch der Lerndefizite: Ja, die sozioökonomischen Kriterien sind meistens relevanter als die Herkunftsfrage, aber sie überlappen sich in Wien häufig. Man muss das natürlich anerkennen, dass bei Kindern aus manchen Herkunftsregionen besonderer Bedarf besteht, dann auch in Integrationsmaßnahmen oder auch in die Deutschförderung zu investieren. Aber ja, auch in Deutschförderklassen gibt es Kinder, die in Österreich aufgewachsen sind - das ist in der öffentlichen Debatte noch relativ wenig verankert. In Großbritannien zum Beispiel ist die bildungspolitische Debatte diesbezüglich schon viel stärker, in London zum Beispiel, wo die weißen Buben aus der Arbeiterschicht massive Benachteiligungen erfahren. Ich finde, wir müssen das auch breiter sehen, welches Kind Förderungen benötigt. Der Integrationsrat hat halt spezifisch auf die Herkunft geschaut, weil das der Auftrag ist, und da sehen wir, dass in Wiens Schulen mittlerweile eine Mehrheit der Kinder mit nicht deutscher Muttersprache aufwächst. Das darf man nicht negativ sehen, denn Mehrsprachigkeit ist ein großer Vorteil, wenn man diesen Schatz hebt und die Sprachenvielfalt fördert. Ohne Deutsch wird es aber nicht gehen, das muss man klar sehen, darum ist es sinnvoll, die Bemühungen zu intensivieren, frühzeitig Deutschförderung zu machen.

 

Die Frage war auch, ob über zwei Jahre hinausgehend: Es gibt Bemühungen mit dem Ministerium, die Förderungen in den Deutschförderklassen über zwei Jahre hinausgehend anzubieten. Das halte ich für notwendig und für sinnvoll. Wir haben in Wien selber viele Maßnahmen, die nicht an die Zeit gekoppelt sind, zum Beispiel gibt es an Wiener Schulen Förderunterricht in der Muttersprache, und da sind wir stolz darauf, dass wir das anbieten können.

 

Beim Thema der Deutschförderung gibt es aber auch abseits vom Schulunterricht viele Möglichkeiten - im Sommer zum Beispiel oder auch unter dem Jahr die kostenlose Nachhilfe -, da gibt es unterschiedliche Modelle. Ich finde aber, wir müssen noch mehr machen. Ich sehe vor allem den Sommer als heikle Zäsur für viele Kinder. Wenn sie neun Wochen gar nicht mit Deutsch in Verbindung gebracht werden oder über den Sommer gar nicht Deutsch reden, dann ist der Wiedereinstieg im nächsten Schuljahr schwierig. Da werden wir bestimmt noch weiter ansetzen müssen, um auch Angebote im Sommer zu intensivieren.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Danke. Die 3. Zusatzfrage kommt von der ÖVP. Herr GR Zierfuß, bitte.

 

9.12.29

GR Harald Zierfuß (ÖVP): Sehr geehrter Herr Stadtrat!

 

Es überrascht wenig, wenn Sie wieder gegen die Deutschförderklassen ausschreiten. Aber weil Sie vorher gesagt haben, man wäre gegen Fakten resistent, konfrontiere ich Sie gerne mit den Fakten: Wenn man sich nämlich die Statistik Austria anschaut, dann zeigt diese ganz klar, dass Deutschförderklassen funktionieren. Nach 1 Jahr sind 85 Prozent der Kinder, oder zumindest 80 Prozent, je nach Jahr, nicht mehr in Deutschförderklassen, sind also nicht mehr auf diese intensive Sprachförderung angewiesen. Vergleicht man das dann mit der Sprachförderung im Kindergarten in Wien, wofür Sie ja verantwortlich sind, wo sich bei den Vierjährigen nur eines von zehn Kindern verbessert und keinen Sprachförderbedarf mehr hat, dann macht der Vergleich aus meiner Sicht sehr sicher. Und wenn Sie jetzt hier sagen, die Lösung wäre, wenn der Bund ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr einführen würde, dann wissen wir aus Ihren Anfragebeantwortungen, dass von den 10.000 Kindern, die als außerordentliche Schüler in Wien geführt werden, 80 Prozent schon mindestens 2 Jahre im Kindergarten waren. Das wird also wohl der Weisheit letzter Schluss nicht sein, jetzt hier etwas einzuführen, was es de facto anscheinend eh schon für die Kinder gibt - sie sind zwei Jahre im Kindergarten und nehmen trotzdem von ihrer Sprachförderung zu wenig mit.

 

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