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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 28.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 106

 

Nach wie vor muss man feststellen, dass jeder gewalttätige Übergriff auf Frauen eine Geschichte hat. Das kommt nicht aus dem Nichts. Wahrscheinlich ist der erste natürlich einmal da, aber gerade dann, wenn es um Mord geht, dann gibt es eine Vorgeschichte. Das wird jedes Mal klar, wenn man den Fall betrachtet, und darin liegt das große Problem, auf das offensichtlich nicht genug eingegangen wird: auf den ersten, zweiten, dritten Übergriff auf die Frau. Die Frau muss sich heute nach wie vor deklarieren, ist praktisch fast wie eine Schuldige, wenn sie überhaupt - nicht den Mut, aber - die Möglichkeit hat, den Übergriff zu melden. Sie muss praktisch beweisen, dass sie attackiert wurde, und das ist in vielen Fällen sehr schwierig. Deswegen gibt es auch immer wieder Rückzieher, um den eigenen Partner, um den es ja meistens geht, in welcher Form der auch immer da steht, zu belasten.

 

Auf der anderen Seite muss man sagen, da ist auch Handlungsbedarf bei den Behörden, die Frauen viel mehr zu unterstützen. Es ist auch nach wie vor nicht ganz leicht, ohne Bewachung und Überwachung des Täters an eine Stelle heranzukommen, wo man eben diesen Übergriff, die Gewalttaten melden kann. Ich glaube, da ist es gut, wenn man die Systeme ausbaut, damit das immer niederschwelliger ist, und dass man gewisse Einrichtungen hat, wo sich Frauen deklarieren können. Wichtig ist natürlich die Nachbetreuung, und da unterstützen wir ja gerne die vielen Projekte, die da laufen, nicht zuletzt eine Unterbringung in einem der Frauenhäuser, die wir haben, die es Gott sei Dank gibt, die sich kümmern und wo man bedauern muss, dass sozusagen der Platzbedarf ein größerer wird. Sollte es neue Einrichtungen brauchen, dann werden wir die Letzten sein, die sich dagegen verschließen.

 

Wie gesagt, also die Meldemöglichkeit, die Begleitung während des ganzes Prozesses für Frauen, die häuslicher Gewalt unterliegen, die ist stets auszubauen, da ist Augenmerk darauf zu richten, und das ist auch für uns ein sehr wichtiger Faktor. Es wird ja immer nur als dieses Machtverhältnis dargestellt, es wird oft ein bisschen auf die Rollen reduziert, aber ich glaube, gerade Prof. Haller hat da einen sehr wichtigen Ansatz, es ist dieses Faktum der Kränkung. Das ist ja nicht nur in Beziehungstaten, das passiert ja leider auch, wenn Schüler Amok laufen, dass dieser Faktor Kränkung oft unterschätzt wird und Fürchterliches bei den Menschen auslöst. (GRin Martina Ludwig-Faymann: Das hat aber auch ein Geschlecht, meistens!)

 

Frauen reagieren wahrscheinlich auf Kränkung anders, ja, es hat halt ein Geschlecht, wie darauf reagiert wird. Das zu erkennen, glaube ich, ist sehr wichtig, damit eben diese dauerhafte Kränkung, ob die jetzt gerechtfertigt ist oder nicht - für den Täter ist sie immer gerechtfertigt - sei dahingestellt, dann in Hass überschlägt und eben zur Gewalt führt. Das ist eben das, bei dem man sicher ansetzen muss, natürlich auch in der Arbeit mit Männern, so sie denn bereit sind, an ihrer Aggressivität zu arbeiten.

 

Es ist natürlich auch sehr wichtig, wie die Situation rund um eine belastete Beziehung ausschaut. Da können natürlich Krisenzeiten, das haben wir jetzt während Corona gesehen, natürlich zunehmende finanzielle Not oder eine schlechtere finanzielle Situation, in die die Menschen jetzt hineingeraten, durchaus zu einem Gefahrenpunkt werden. Da muss man natürlich auch Augenmerk darauf haben beziehungsweise immer wieder die Anlaufstellen, Anlaufmöglichkeiten publik machen. Wenn jetzt die ins Haus stehende oder schon stattfindende Teuerungswelle, die Inflation Familie oder Paare oder die Menschen allgemein so belastet, dass vielleicht auch nur mehr das übrig bleibt, was sozusagen fürs tägliche Leben nützlich oder notwendig ist und auf der anderen Seite vielleicht das eine oder andere an Luxus und Freuden wegfällt: Dass das die Aggressionen natürlich anheizen wird, so viel ist klar. Daher ist es sehr wichtig, dass wir da hinschauen, und - wie wir auch immer sagen - man muss auffangen, dass die Menschen wirklich an ihr Existenzminimum geraten.

 

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, was ich vor nicht allzu langer Zeit im Fernsehen von einem sehr prominenten Gesundheitspolitiker gehört habe: „Man muss die Gehälter im Bereich der Pflege deutlich aufstocken, denn sonst bekommen wir keine Männer in diesen Beruf.“ - Zitat Ende. (GRin Martina Ludwig-Faymann: Das gilt aber für viele Berufe!) Es hat mich irgendwie schon gebeutelt, als ich das gehört habe. Man hat immer wieder gesagt, der Pflegeberuf ist unterbezahlt, geschehen ist aber nichts. Jetzt, da man sieht, man ist sehr knapp dran und wir werden mehr Männer in diesen Beruf oder in diesem Berufsfeld brauchen, um ausreichend Pflegekräfte zu haben, die wir im Bereich der Altersversorgung, aber natürlich auch im medizinischen Bereich oder in der mobilen Pflege brauchen, wird laut darüber nachgedacht, dass man jetzt nämlich unbedingt die Gehälter erhöhen muss.

 

Ich muss nur sagen, vielen Dank an die Frauen, das müssen wir allen sagen, die es bis jetzt unter großen Belastungen geschupft haben in dieser wahrlich nicht überbezahlten Situation, sondern im Gegenteil. Ich glaube, wir sind uns alle einig, die Pflegeberufe, die Gesundheitsberufe müssen besser bezahlt werden. Frauen haben es bis jetzt auch geschafft, dafür müssen wir ihnen sehr dankbar sein, daher unterstützen wir auch jede Maßnahme, jede Initiative, die da zu Verbesserungen führt. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Bakos. Die selbstgewählte Redezeit entspricht der fraktionellen Restredezeit von elf Minuten. Sie sind am Wort.

 

12.45.54

GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS)|: Vielen Dank, Frau Vorsitzende! Werte Frau Vizebürgermeisterin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher und Zuseherinnen!

 

Ja, 2021 war leider genauso wie 2020 sehr stark von Corona geprägt, wir haben es ja bereits gestern und heute schon öfter gehört, damit standen und stehen Frauen noch immer vor großen Herausforderungen. Wir haben es in diesem Haus ja schon ganz oft gesagt, welchen Backlash das für Frauen bedeutet hat. Um diesen

 

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