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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 28.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 106

 

Entwicklungen können wir unterstützen und wo läuft es nicht so gut. Ich denke, das ist das Ziel eines Rechnungsabschlusses.

 

Ansonsten habe ich hier eher eine Farce, wo die Oppositionspolitiker sagen, was sie eh immer schon gesagt haben, und wo die StadtpolitikerInnen in Funktion sagen, was sie auch schon immer gesagt haben. Das ist schade, wenn wir das so machen. Ich würde mich freuen, wenn wir da wirklich vertiefende Diskussionen haben und wirklich auch mehr über Kulturstrategien und die Zukunft reden. Deshalb werden wir auch den Antrag der ÖVP zu diesem Thema unterstützen.

 

Ich kann aus dem Rechnungsabschluss leider keine langfristigen Pläne ablesen, eher eine Pop-up-Kultur. (Heiterkeit bei GR Thomas Weber.) Es gibt da ein Festival, es gibt dort eine Initiative. Es gibt da eine Intervention, und es gibt dort eine Baukostenunterstützung für Leute, die es in Corona nicht leicht gehabt haben. Das sind alles Dinge, die okay sind, aber das ist keine langfristige Planung.

 

Wie schaffen wir es, dass es den Kulturtätigen in Zukunft in dieser Stadt besser geht? Wie schaffen wir es, dass die Corona gut überleben? Das sind doch die Themen, über die wir eigentlich hier verhandeln müssen. Statt visionärer Kulturpolitik, wie Sie das sagen, Herr Weber, sehe ich im Moment leider eher ein bisschen den Stillstand.

 

Wir stehen am Schiff und sehen vor uns, wie wir das gestern von Kollegin Judith Pühringer gut gehört haben, den Eisberg, das Seeungeheuer und den Wirbelsturm oder anders gesagt, die schwindenden Besucher, die Verarmung der KünstlerInnen und trotzdem steigende Kosten für die Kultur, aber Sie bleiben auf Kurs. Die, die immer schon was gekriegt haben, kriegen es weiter, und die anderen streiten sich um ein paar Zuckerln. Sie, liebe Frau Stadträtin, führen weiter die Riesentanker aus dem 19. Jahrhundert, auch wenn sie leer sind. (GR Mag. Manfred Juraczka: Was ist das für eine Debatte? Das ist unglaublich!) Sie investieren weiter 40 Millionen in Musicals, obwohl die in anderen Städten auf Gewinn laufen.

 

Sie bauen weiter eine Institution nach der anderen auf und schauen zu, wie die Abonnenten schwinden und das Durchschnittsalter der BesucherInnen langsam aber sicher steigt. Wir müssen da mehr drüber nachdenken, wie wir aus dieser Situation herauskommen. Ich hoffe, wir schaffen das in Zukunft in den Ausschüssen oder vielleicht auch hier.

 

Wo sind die Jungen in den Plänen? Wird das ausreichen, was wir ihnen vorschlagen? Wie gehen wir auf eine neue Generation zu, deren Mediennutzung komplett anders ist, die sich weltweit einklickt und über Internet ihren Kulturgenuss nimmt und nicht mehr vor Ort, indem sie in Institutionen auf Besuch kommt. Wie gehen wir mit diesen Herausforderungen um?

 

Ich denke, wir müssen auch, und da komme ich jetzt schon in Richtung meines Antrages, darüber reden, wie diese Gelder in Wien verteilt werden. Warum haben wir eine gewisse Tendenz dazu, etablierten Institutionen, sogenannten traditionellen Institutionen die großen Brocken zu verteilen und neue Entwicklungen eher nicht so zu behandeln? Warum geht es, dass die Wiener Symphoniker 16 Millionen EUR im Jahr Unterstützung bekommen und das Erste Frauen-Kammerorchester, das immerhin auch schon seit 40 Jahren besteht, gerade einmal 38.500 EUR? Es ist schwierig. Wir wissen, das Frauen-Kammerorchester hat auch eine wichtige Rolle in Wien. Es wurde von Brigitte Ratz gegründet, um hochqualifizierten Musikerinnen und Solistinnen eine Chance zu geben, weil sie in den großen Orchestern keine Chance bekommen oder sehr wenig Plätze für Frauen offenstehen.

 

Das muss doch auch im Anliegen dieser Stadt sein, dass wir diese Frauen unterstützen und dass wir diese Form von Qualität auch hier in der Stadt deutlich nach außen tragen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Es zeigt sich oft in unserer Förderlandschaft, dass es nicht unbedingt eine Frage von Qualität ist, es ist eine Frage von Recht. Um diese zu behandeln, müssen wir uns die Steuergelder genauer anschauen. Es braucht mehr Transparenz, um den Fragen offen begegnen zu können. Es braucht mehr Transparenz, um zu sagen, warum kann es sein, dass das Volkstheater - das Volkstheater - in der kommenden Saison keine einzige Regisseurin präsentiert? Das gibt es doch nicht, bei einer Institution, die 9 Millionen EUR in dieser Stadt im Jahr bekommt. Es ist eine Frage des demokratischen Grundverständnisses von Teilhabe und Beteiligung am geförderten Kulturleben der Stadt.

 

In Wien lebt etwa ein Drittel erwachsene Personen, die nicht mitwählen dürfen, und leider nehmen viele von ihnen auch nicht am Kulturleben teil. Unser Ziel muss es sein, sie zu beteiligen. Wir können wir das schaffen? Wie können wir die Jungen in die Kultur einbringen? Wie können wir ein zukünftiges Publikum schaffen? Ich fürchte, ein Teil davon muss auch schon bei der Bildung beginnen.

 

Im Moment ist es so, dass wir die musikalische Bildung, die musischen Fächer, also Zeichnen, Musik, darstellende Kunst, in den Schulen sehr reduzieren. Das Bildungssystem beruht auf Leistungsorientierung und reduziert immer mehr die musischen Fächer. Das wollen wir nicht. Wir finden, dass es eine Aufstockung, eine Verstärkung der musischen Fächer braucht, und es braucht einen Zugang für alle Kinder dieser Stadt, dass sie auch am Musikunterricht teilnehmen können. Deswegen werden wir den Antrag der ÖVP für mehr Musikschulen unterstützen, obwohl das grüne Modell eines musischen Unterrichts natürlich ganz anders aussieht. Ein grüner musischer Unterricht muss inklusiv und im Regelunterricht verankert sein, damit er leistbar und zugänglich für alle Kinder dieser Stadt bleibt. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Es reicht nicht, in Kunstwerken und Kultur-Events nur über Gleichstellung zu reden, es braucht konkrete Taten. Dafür brauchen wir Genderquoten, wie wir das in unserem Antrag auch formulieren. Es braucht Quoten, um Leute in die Funktionen zu bekommen, und es braucht klare Richtlinien, wie wir mehr Diversität in unserer Kulturlandschaft ermöglichen können, mehr Zugang für alle marginalisierten Gruppen, sei es durch Behinderung, sei

 

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