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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 28.06.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 78 von 106

 

noch weitere Auffälligkeiten, zum Beispiel die Überstunden. Ich bin gar nicht gegen Überstunden, vor allem bei Künstlerinnen und Künstlern, sie liegen aber hauptsächlich im Bereich der Technik, und es gibt eine ganze Reihe von Zulagen, wie eine Werkstättenzulage oder eine Zulage für die Ausbildung für Mitarbeiter, die gerade eingestellt werden, zum Beispiel jene, die vom Friseur zum Maskenbildner umgebildet werden, oder auch eine Kuttenzulage. Wissen Sie, was eine Kuttenzulage ist? - Eine Kuttenzulage kriegt der Schauspieler dann, wenn er eine Verkleidung tragen muss. Das ist so, als würde ein Chirurg eine Zulage bekommen, wenn er ein grünes Gewand an hat, also das ist eigentlich ein bisschen eigenartig, was da gefördert wird. Zudem werden Verkehrsstrafen und Garagenplätze gefördert, das ist nicht ganz der Sinn der Förderung, die wir da planen.

 

Frau Stadträtin, das Motto heißt in diesem Fall nicht wegschauen, sondern ein bisschen mehr hinschauen. Das können Sie mitschreiben.

 

Im Fall des Volkstheaters wird daher mit den Steuermitteln wenig sorgsam umgegangen, von den 48 Empfehlungen des Stadtrechnungshofes wurden 1,5 Jahre nach Bekanntwerden des Berichtes 11 umgesetzt, das sind nicht einmal 23 Prozent der Maßnahmen. Ich zitiere jetzt den Stadtrechnungshof Wien: „Nach Ansicht des Stadtrechnungshofes Wien ist das nicht mit einer sparsamen Verwendung von öffentlichen Mitteln vereinbar“.

 

Was noch auffällt - und das ist ja wirklich in der Privatwirtschaft undenkbar -, ist, dass von Seiten des Volkstheaters oft auf die Empfehlungen des Stadtrechnungshofes geantwortet wird: Die Umsetzung der Empfehlung ist nicht geplant, also: Schmeck's! In der Privatwirtschaft, wenn Sie das zum Beispiel in einer Bank machen, werden Sie wahrscheinlich rausgehaut. Wir sind für eine zielgerichtete, transparente und vernünftige Förderung des Kulturbetriebes, keine Frage, aber nicht für eine Verschwendung der Steuermittel.

 

Wir fordern daher die Amtsführende Stadträtin für Kultur und Wissenschaft als Vertreterin der subventionsgebenden Stelle der Stadt Wien dazu auf, von der Volkstheater Gesellschaft m.b.H. das vom Stadtrechnungshof geforderte Sanierungskonzept einzufordern und dem Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft vorzulegen. Ich darf den entsprechenden Antrag dazu einbringen. Vielen Dank.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Anderle. Selbstgewählte Redezeit ist neun Minuten, die ich auch einstellen werde.

 

18.02.23

GRin Patricia Anderle (SPÖ)|: Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Wien ist die Kulturhauptstadt schlechthin, und das können Sie auch mit Ihrem Antrag auf einen Kultur-Gutschein nicht ändern. Heute am Vormittag haben Sie mangelnde Bildung angesprochen. Nachdem ich Ihren Antrag gelesen habe, verstehe ich Ihr Ansinnen. Sie fordern eine Bereitstellung von 100.000 EUR, um damit 30 Prozent der Kosten für Kultureintritte von rund 2 Millionen Wienerinnen und Wienern zu ersetzen. Hm, da frage ich mich, ob Ihnen wohl Ihr Finanzminister beim Antragschreiben geholfen hat.

 

Was Sie mit diesem Antrag sehr schön aufzuzeigen, ist, dass Ihnen die Künstlerinnen und Künstler sowie alle Kulturverliebten in dieser Stadt eigentlich egal sind. Wir Wienerinnen und Wiener leben und lieben aber Kultur. Dabei rede ich nicht nur von der Hochkultur, der Oper, den großen Theatern und Museen. Wien ist die Kulturhauptstadt, die alle einbezieht, Angebote in den Bezirken, in den Grätzln, in den einzelnen Stadtteilen schafft. Diese Angebote machen unsere Stadt zu dem, was sie ist, lebendig, und zu einem Ort der kreativen Entfaltung für alle unsere Bürgerinnen und Bürger. Unsere kulturellen Einrichtungen in den Bezirken, in den Grätzln haben ja eine Aufgabe, die weit über die Kulturvermittlung hinausgeht. Sie fördern dort das Miteinander von so vielen unterschiedlichen Menschen, sie sind ein sozialer Faktor, der gar nicht stark genug betont werden kann, und sie verbinden Menschen, die sich außerhalb dieser Angebote vielleicht niemals begegnet wären.

 

Das vergangene Jahr, das Corona-Jahr, war für uns alle ein hartes Jahr. Einschränkungen, Verzicht und die Aufgabe persönlicher Freiheiten waren für niemanden leicht. Jetzt mögen viele sagen, Kultur ist ein Bonus, Hauptsache, wir haben alle ein Dach über dem Kopf, genug zu essen und bleiben gesund. Ich frage Sie aber: Was passiert, wenn Kultur nicht stattfindet? - Abgesehen davon, dass unser Alltag ganz schnell trist und grau wird, ist Kultur etwas, wodurch wir Menschen aus unserem Umfeld verständlich machen. Wir konstruieren mit ihr Sinnhaftigkeit, erschließen uns die Welt. Kultur ist alles, was Interaktion zwischen Menschen ermöglicht. Ohne Kultur gibt es kein Miteinander, und auch das ist etwas, was Wien ausmacht, das Miteinander.

 

Gehen wir aber noch einmal zu Corona und den Auswirkungen auf unser kulturelles Leben und die kulturellen Einrichtungen zurück. Wien wäre nicht Wien, wenn es nicht auf die Menschen schauen würde. Wenn jemand Hilfe braucht, dann lassen wir denjenigen nicht im Regen stehen. Neben den allgemeinen Förderungen und finanziellen Unterstützungen unserer Stadt haben wir uns für eine Förderung der Infrastruktur eingesetzt. Die neue Infrastrukturförderung für Vereine ist so besonders wichtig. Damit fördern wir die infrastrukturelle Ausstattung in einer Gesamthöhe von 200.000 EUR. Viele Kulturvereine und Initiativen sind oft ehrenamtlich in unseren Bezirken tätig, und Ehrenamt bedeutet meist, keinen Überschwall an finanziellen Ressourcen. Was häufig fehlt, ist zum Beispiel die technische Ausstattung, um zeitgemäß und auf hohem Niveau arbeiten zu können. Da wollen wir helfen und ansetzen, denn das Kulturleben war ja in den vergangenen Monaten nicht tot, es hat sich nur in den virtuellen Raum verlagert. Um hier mithalten zu können, braucht man die technischen Voraussetzungen.

 

Diese Förderung wird angenommen. Von den zur Verfügung stehenden 200.000 EUR konnten mehr als 180.000 EUR an die Ansuchenden vergeben werden. Das ist ein Zeichen, dass wir auf einem guten Weg sind und unsere Bemühungen für unsere Vereine und Kultur

 

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