Gemeinderat, 63. Sitzung vom 29.01.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 99
bedroht werden, um in ein anderes Bundesland zu übersiedeln, oder ob sie das freiwillig machen, sich freiwillig auf den Weg machen. - Das tun ja einige und eigentlich auch genügend, die sagen, okay, ich probiere es woanders, ich lasse meine Familie - vielleicht gibt es die auch gar nicht -, ich lasse mein soziales Netzwerk, meine Wohnung zurück. Das Übersiedeln ist also ein riesiger Schritt, und der sollte und darf aus meiner Sicht keineswegs erzwungen werden, denn: Die Mietkosten in Wien sind hoch, und in den Bundesländern im Westen, insbesondere im Tourismus, warten primär Saisonarbeitsplätze, man weiß überhaupt nicht, wie es weitergeht. Also da die Menschen zwangszuverpflichten … (GR Mag. Manfred Juraczka: Und Saisonarbeitsplätze sind unzumutbar?) - Es geht um die Befristung! Es geht um die Befristung, Herr Juraczka. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Was ist die Alternative?) Wenn Menschen sich aufmachen, dauerhaft ihren Lebensmittelpunkt in einem anderen Bundesland zu schaffen, dann können sie und werden sie das machen, aber es macht einen Unterschied, wenn Sie sagen, sie kriegen kein Geld, ihre Existenz wird bedroht (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Was ist die Alternative?), egal, ob sie Kinder in Wien haben, egal, ob sie Familie in Wien haben, egal, ob sie eine leistbare Wohnung in Wien haben. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Was ist die Alternative dazu? Sagen Sie nicht, dass das schlecht oder unzumutbar ist, sagen Sie, was die Alternative ist!) - Ich erkläre es Ihnen gerade. Wenn Sie selbst die ganze Zeit reden, können Sie mir logischerweise nicht zuhören. Bitte hören Sie mir zu, dann wissen Sie, was die Alternative ist! (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Sie sind eh so g‘scheit, von Ihnen hören wir eh gern was!)
Die Alternative ist natürlich Freiwilligkeit. Die Alternative ist, Arbeitsplätze in Wien zu schaffen. Die Alternative ist das, was Unternehmen im Westen, die verstanden haben, worauf es ankommt, auch schon machen: Unternehmen, die verstanden haben, dass sie, wenn sie MitarbeiterInnen finden wollen, auch Arbeitsplätze schaffen müssen, die eine gute Qualität haben, dass sie ihnen einen gescheiten Wohnraum bieten müssen, dass sie auch in die soziale Inklusion in den Dörfern investieren müssen. Das machen schlaue Unternehmen schon! Aber zwangsvergattern, das ist definitiv der falsche Weg. (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Aber eine Saison gibt's trotzdem auch nicht? Wie wollen Sie das anlegen? Also ganz gut haben Sie mir das jetzt nicht erklärt!)
Ich rede noch ein bisschen weiter über die Situation von erwerbsarbeitslosen Menschen, denn sie ist in der Tat in Wien eine nicht zu leugnende schwierige Realität. Es sind viele Menschen auf Jobsuche, es besteht eine hohe Dynamik auf dem Arbeitsmarkt, und natürlich darf uns der Umstand, dass die Arbeitslosigkeit sinkt, nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie immer noch sehr hoch ist. Von der unterschiedlichen Betroffenheit haben wir schon öfter gesprochen. Es sind insbesondere eigentlich die Jugendlichen, die vom Rückgang stärker profitieren, bei den älteren Beschäftigten beziehungsweise Arbeitsuchenden ist dies hingegen weniger der Fall. Es sind in höherem Ausmaß Männer und Burschen, die vom Rückgang profitieren, und weniger die Frauen. Wenn man sich sogenannte ausländische Frauen, also Frauen mit Migrationsbiographien anschaut, dann ist festzustellen, dass bei ihnen die Arbeitslosigkeit sogar steigt. Hier besteht also definitiv Handlungsbedarf. Und ja, Wien hat definitiv auch eine andere Arbeitsmarktsituation als die Bundesländer. Wir haben einen sehr hohen Anteil an PflichtschulabsolventInnen in der Arbeitslosigkeit, und wir wissen, dass der Bildungsstand mit der Wahrscheinlichkeit, von Arbeitslosigkeit betroffen zu sein, sehr eng zusammenhängt, wobei der Faktor drei beträgt: PflichtschulabsolventInnen sind also drei Mal so stark von Arbeitslosigkeit betroffen wie zum Beispiel Menschen mit Lehrabschluss. Wir haben daher in diesem Bereich Handlungsbedarf. Diesen haben wir schon längst erkannt, und es wird daran auch weiter gearbeitet.
Klar: Jeder erwerbsarbeitslose Mann, jede erwerbsarbeitslose Frau ist einer oder eine zu viel, jeder erwerbsarbeitslose Jugendliche ist einer zu viel. Sie alle brauchen unsere Unterstützung. Wir versuchen von Wiener Seite, diese Unterstützung so gut wir können in Kooperation und Zusammenarbeit mit dem Wiener AMS, das vom Bund gesteuert wird, zu gewähren. Und ich kann es nur ein Mal mehr sagen: Der WAFF ist dabei ein verlässlicher Partner, der individuell und bedürfnisorientiert kostenloses Coaching und Beratung und auch finanzielle Beihilfen für berufliche Aus- und Weiterbildung anbietet.
Herr Juraczka, Sie haben gesagt, der Anteil der Arbeitslosen in Wien ist so hoch. Ich glaube, was man nicht vergessen darf, ist, dass auch der Anteil der Beschäftigten in Wien extrem hoch ist. 23 Prozent aller in Österreich unselbstständig Erwerbstätigen sind in Wien! Nach Wien pendeln über 260.000 Menschen aus den Bundesländern ein. Dieser Jobmotor Wien wird von der Opposition gerne außer Acht gelassen, aber er ist real. Es ist hier also eine extreme Dynamik vorhanden, eine extreme Dynamik für die Region, und diese bringt natürlich auch Herausforderungen für die Menschen hier vor Ort mit sich.
Wien ist Spitze, was die Beschäftigungsquote generell betrifft, Wien ist Spitze, was die Teilzeitquote für Frauen betrifft, denn sie ist hier viel niedriger als in den Bundesländern, wenngleich sie aus meiner Sicht immer noch viel zu hoch ist. Insgesamt aber zeigt sich, dass Wien in diesem Bereich gute Zahlen aufweist.
Was mich ein bisschen besorgt macht, ist, dass auch die atypische Beschäftigung wächst und Wien auch da einen großen Anteil hat. Der WAFF hat vor einigen Jahren schon klar erkannt: Wir lassen atypisch Beschäftigte nicht zurück. Alle Maßnahmen, die wir von Seiten des WAFF anbieten, sind natürlich auch für geringfügig Beschäftigte zugänglich. Wenn es um das Geld für Weiterbildung geht, ist es natürlich besonders wichtig, dass gerade jene, die wenige Mittel haben, mehr Förderung bekommen - und das ist beim WAFF der Fall.
Weil es mir so ein großes Anliegen ist, möchte ich noch auf die besondere Rolle des WAFF bezüglich Förderung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt eingehen. Herr
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