Gemeinderat, 47. Sitzung vom 13.12.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 104
Jetzt hat er zwei Riesenressorts. Ich hoffe, er wird zeigen, dass er auch dieses Ressort ernst nimmt, und das kann man nur auf eine Weise: mehr Finanzierungsmittel als bisher für die Universitäten, für die tertiäre Ausbildung, für die Forschung in Österreich bereitzustellen. (Beifall bei den GRÜNEN und von GR Petr Baxant, BR.)
Damit bin ich beim Thema. Was hier passiert ist, das kann Wien nicht kalt lassen, denn Wien ist der Forschungsstandort in Österreich, Wien ist der Studienort in Österreich, Wien ist der Ort für die tertiäre Ausbildung in Österreich schlechthin, mit rund 190 000 Studierenden. Das ist mehr als die Hälfte aller Studentinnen und Studenten in Österreich überhaupt. Und um einmal wenigstens einen Teil der ökonomischen Bedeutung dieses Phänomens abzubilden, habe ich die Akademie der Wissenschaften gebeten, das genauer zu erforschen. Robert Musil und Jakob Eder haben vor wenigen Tagen ihre Studie vorgelegt (ein Buch in die Höhe haltend), unter dem Titel „Wien und seine Hochschulen. Regionale Wertschöpfungseffekte der Wiener Hochschulen“. Wenn jemand von Ihnen Interesse hat, ich habe eine Handvoll Exemplare mit und bin gern bereit, diese herzugeben. In Zukunft müssen Sie dafür 20 EUR bezahlen.
190 000 Studierende: Allein die Studierenden lassen in Wien jährlich an Kaufkraft – wenn man so will –, an jährlichen Ausgaben 1,8 Milliarden EUR. Ich halte das eher für die Untergrenze. Denn vor wenigen Tagen ist eine Studie über die Paracelsus Universität in Salzburg erschienen, eine im Verhältnis winzige Privatuniversität mit 600 oder 800 Studierenden. Würde man die Zahlen, die dort Prof Schneider von der Universität Linz erhoben hat, jetzt auf Wien umlegen, kämen wir allein bei den Studierenden auf rund 3 Milliarden EUR jährlich, oder mehr.
Von diesen 190 000 leben rund 85 Prozent in Wien, der Rest pendelt ein, im Wesentlichen aus Niederösterreich und dem Burgenland. Das heißt, für eine Stadt dieser Größenordnung ist es absolut ungewöhnlich, dass fast 10 Prozent der Einwohner Wiens Studierende sind. Das ist absolut ungewöhnlich. Normalerweise sieht man solche Anteile bei Kleinstädten mit einer großen Universität wie Tübingen, Freiburg, Passau oder Innsbruck, dort ist das nicht ungewöhnlich. Es ist aber absolut ungewöhnlich, dass Millionenstädte derartige Studierendenzahlen aufweisen. Wien ist die Studentenstadt, wenn man so will, jedenfalls im deutschen Sprachraum. Nehmen sie beispielsweise nur München oder Berlin: München hat etwas weniger Einwohner aber viel weniger Studenten und Berlin ist fast doppelt so groß, hat aber absolut weniger Studierende als Wien, der Studierendenanteil beträgt in Berlin vielleicht die Hälfte von dem in Wien.
Das heißt unter anderem: Wien wird jünger. Wien wird nicht nur grösser, es wächst nicht nur die Einwohnerzahl, sondern Wien wird im Lauf der Zeit auch jünger. Jetzt schon ist es so, dass in dieser spezifischen Alterskohorte zwischen 19 und 26 jeder zweite Wiener/jede zweite Wienerin an einer Hochschule inskribiert ist. – Das möchte man ja gar nicht glauben, aber wir müssen es glauben.
Rund ein Viertel dieser Studierenden sind insofern Ausländer, als sie keinen österreichischen Pass besitzen. Ich drücke mich so vorsichtig aus, weil es ja namentlich unter den türkischen Studierenden beziehungsweise den Studierenden mit einem Pass aus Ex-Jugoslawien – Bosnien, Herzegowina, Serbien und so weiter – einige geben wird, die sehr wohl Wiener oder Österreicher sind, jedoch noch keinen österreichischen Pass haben. Mehr als ein Viertel sind nichtösterreichische Staatsbürger, auch das ist sehr viel im internationalen Vergleich. Das heißt, Wien ist als Studienort attraktiv. Nebenbei gesagt, es gibt eine internationale Erhebung, bei der Wien in Europa als drittattraktivster Studienort abschneidet, knapp hinter Paris und London, und weltweit am 5. Platz liegt. Ich weiß nicht, wer die 4. Stelle hat, wahrscheinlich Boston, aber das sind schon beeindruckende Ergebnisse, die wir versuchen sollten, durch mehr Qualität in der tertiären Ausbildung noch zu verbessern.
1,8 Milliarden für Wien allein durch die Studierenden. Dazu kommen natürlich die Einkommen beziehungsweise dann die Ausgaben der anderen Universitäts-, der Fachhochschul- und Privatuniversitäts-Beschäftigten sowie die Sachausgaben und Investitionen dieser Institutionen. Und wenn man das alles zusammenzählt, kommen wir auf jährlich mindestens 2,7 Milliarden EUR, die dieser Sektor – nur in der tertiären Ausbildung wohlgemerkt – zur Wertschöpfung beziehungsweise Kaufkraft in Wien beiträgt. Nur in der tertiären Ausbildung.
Was in der Studie nicht enthalten ist – ich muss das immer zehn Mal betonen – ist der Forschungssektor schlechthin. Nicht enthalten sind die Akademie der Wissenschaften, das IMBA von Herrn Penninger, das IMP von Boehringer Ingelheim, das AIT mit seinen fast 1 000 Beschäftigten – wenn ich nicht irre –, und so weiter. Alle diese Institutionen des Forschungssektors, die aber nicht in der tertiären Ausbildung tätig sind, sind hier noch nicht enthalten. Ich habe mir vorgenommen, für 2014 zu schauen, ob wir das unter vertretbarem Aufwand untersuchen können, denn da kommen wir mit Sicherheit natürlich auf sehr viel höhere Zahlen.
Schauen wir noch kurz die Beschäftigten an. Allein die Beschäftigten an den Universitäten, Fachhochschulen und Privatuniversitäten in Wien sind mehr als 30 000, rund 31 400 in der Kopfzahl. Wenn wir das auf Vollzeitäquivalente umrechnen, ist das natürlich entsprechend weniger, sagen wir ein Viertel weniger. Allein die Universität Wien hat fast 10 000 Beschäftigte, an Kopfzahl vielleicht 7 000. Ich betone das deshalb, weil die größten Unternehmungen in Wien nicht größer sind. Die Bank Austria als größtes Unternehmen hat rund 7 000 Beschäftigte, Siemens mit 6 000 liegt schon deutlich darunter, und Billa mit 4 500 Kopfzahl – wohlgemerkt, nicht Vollzeitäquivalente – liegt noch einmal deutlich darunter. Wenn man so will, beschäftigt die Uni Wien doppelt so viele Menschen Vollzeit wie Billa in Wien, der Handelsriese.
Auch an den Hochschulen haben wir natürlich einen sehr hohen Anteil von ausländischen Beschäftigten. Die Struktur ist aber anders als bei den Studierenden. Bei
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